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Leere. Auf diesem Platz am Inselhof am Schlaatz soll der sechsjährige Elias gespielt haben, bevor er am Mittwoch verschwand.
©  Andreas Klaer

Vermisst in Potsdam: Elias, 6 Jahre: Verzweifelte Lage

Mehr als 200 Hinweise, doch keine Spur von Elias. Die Polizei und die freiwilligen Helfer wollen nicht aufgeben. Dabei wird das Verschwinden des Kindes immer gespenstischer.

Schlaatz - Bei der Suche nach dem seit Mittwochabend vermissten sechsjährigen Jungen Elias aus dem Stadtteil Schlaatz setzen Polizei und Anwohner auf das Prinzip Hoffnung. Sie alle stemmen sich mit aller Kraft gegen den schlimmsten anzunehmenden Fall.

Dabei wird das Verschwinden des Kindes immer gespenstischer. Denn auch die nahezu abgeschlossene Auswertung der Videoaufnahmen aus Bussen, Straßenbahnen, Tankstellen und Supermärkten hat laut Polizeisprecherin Jana Birnbaum keine Erkenntnisse gebracht. Ebenso war unter den 236 Hinweisen von Bürgern, die bis Sonntagabend telefonisch eingegangen waren, keine heiße Spur. „Es ist mysteriös“, so Birnbaum.

Mutter nach Vernehmung zusammengebrochen

Nach PNN-Informationen hegen die Ermittler zudem keinerlei Verdachtsmomente gegen die Familie von Elias. Sprecherin Birnbaum bestätigte, dass die 25-jährige Mutter des Jungen und ihr Lebensgefährte am Sonntag erstmals auf der Polizeidienststelle vernommen worden waren, dem Vernehmen nach mehrere Stunden. Medienberichten zufolge musste die Mutter später wegen eines Zusammenbruchs in ein Krankenhaus gebracht werden. Die Beamten hätten mit beiden auch an den Tagen zuvor gesprochen, so Birnbaum. Dies werde man auch fortsetzen: „Jedes kleine Detail könnte eine Rolle spielen.“

Die Polizei war am Sonntag mit einem ähnlichen Großaufgebot im Einsatz wie an den Tagen zuvor, so die Sprecherin. Es seien Anwohner befragt und Bereiche nordöstlich des Schlaatz abgesucht worden. Es gebe kein Lebenszeichen, aber auch keine Hinweise auf ein Verbrechen. Es seien keine Blut-, Faser- oder Schleifspuren entdeckt worden, die darauf hindeuten könnten. „Die Nerven sind angespannt“, sagte Birnbaum. Aber aufgeben wolle keiner. Es gehe um Leben und Tod.

Ein kollektiver Akt von Hoffnung und Solidarität

Über diesen größten Schrecken reden, den Gedanken auch nur aussprechen will – entgegen aller polizeilichen Erfahrung – bislang niemand. Noch hält er an, der kollektive Akt von Hoffnung und Solidarität. Das hat einen Grund: Wohl kaum jemand hat mit diesem Zusammenhalt von Polizei und Bürgern gerechnet. Denn es geht um ein Kind, Symbol des Lebens, der Hoffnung schlechthin. Die eingesetzten Polizeibeamten würden auch deshalb trotz der verzweifelten Lage nicht ans Aufhören denken, so Sprecherin Birnbaum. „Der Fall bewegt uns sehr.“

Wie die Polizei wollten auch die freiwilligen Helfer nicht aufgeben, die vor dem Bürgerhaus am Schlaatz ihre provisorische Leitstelle aufgebaut haben. In vier Partyzelten haben sie sich eingerichtet. Dort gab es am Sonntagnachmittag Getränke und Verpflegung für die Suchenden. Tische und Bänke standen davor. Verglichen mit den ersten Tagen nach dem Verschwinden von Elias waren am Sonntag deutlich weniger Freiwillige unterwegs – etwa 50, wurde am Bürgerhaus geschätzt. Allerdings seien darunter mittlerweile mehr erfahrene Helfer wie Mitglieder freiwilliger Feuerwehren oder Sanitäter, so Gabi Franz, die die Einsätze der Freiwilligen organisiert. Mittlerweile verzichte man darauf, Kinder und Jugendliche mit auf die Suche nach Elias zu nehmen – Polizisten hätten darauf hingewiesen, dass es für die Minderjährigen möglicherweise traumatisch wäre, wenn sie tatsächlich etwas fänden.

Die ersten 24 Stunden sind die wichtigsten - doch sie sind vorbei

Das Engagement der Nachbarn, der Helfer ist nicht selbstverständlich. Einsatzleiter Michael Scharf ist deshalb am Samstagabend eigens zum Schlaatz gefahren. Der Leitende Polizeidirektor, der derzeit die Polizeidirektion West führt, wollte sich persönlich bei den Helfern bedanken. Sie gäben der Polizei eine sinnvolle Unterstützung, es sei ein gutes Zusammenspiel, sagte er: „Wir hoffen, dass wir den kleinen Jungen lebend finden, aber dafür müssen wir weitermachen.“

Hoffen, immer wieder hoffen. Auch Scharf gehört aufgrund seiner Erfahrung in der Brandenburger Polizei zu jenen, die wissen, wie schlimm es eigentlich steht in diesem Fall. Nur sagen will es niemand, auch nicht Scharf. Die ersten 24 Stunden gelten als die wichtigsten in solchen Vermisstenfällen. Doch diese sind im Fall von Elias längst vorbei. Einsatzleiter Scharf aber vermeidet es, die Hoffnung der vielen Beamten und Helfer zu untergraben: „Das ist jetzt die Phase, in der Geduld, keine Verzweiflung gefragt ist“, sagte er im rbb-Fernsehen.

Kritik an mangelnder Anteilnahme der Stadtspitze

Daran versuchen sich auch die Freiwilligen zu halten. Gabi Franz bedankte sich am Sonntag bei allen Unterstützern, bei Privatleuten und Geschäften, die Sachspenden geleistet hatten. Am Sonntagabend besuchten Ordnungsdezernentin Elona Müller-Preinesberger (parteilos) und Bürgermeister Burkhard Exner (SPD) die Helfer. Diese hatten zuvor kritisiert, dass die Stadtspitze sie nicht genug unterstütze.

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