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Regelfülle. An Schulen müssen Schüler in Zeiten von Corona viele Neuerungen beachten. 
© Andreas Klaer

Schulbetrieb in Coronazeiten: Tische desinfizieren, Tastaturen nicht

Prüfungen trotz Corona: Wie drei Potsdamer Schulen die strengen Hygieneregeln umsetzen.

Potsdam - Es sind nicht die besten Zeiten, um sich auf den Schulabschluss vorzubereiten. „Auch wenn Lehrer stets ihr Bestes gaben / was soll man tun, wenn Internetleitungen einfach versagen? / Wenn das Lernen von Vokabeln nicht an erster Stelle steht / es wichtiger ist, wie es der Familie geht?“, heißt es in dem Gedicht „Coronakrise = Prüfungsmiese“, dass Schüler der zehnten Klasse des Helmholtz-Gymnasiums jüngst zusammen mit einem offenen Brief veröffentlich haben. Sie fordern eine Absage der Prüfungen zum Mittleren Schulabschluss (MSA) wie in Berlin: „Denn Covid 19 raubt uns Kraft und Zeit / für Prüfungen sind wir nicht bereit!“

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Bislang hält das Land Brandenburg aber an seinem Plan fest, die Prüfungen für die 10. Klassen Mitte Mai stattfinden zu lassen, also nächste Woche. Die Bedingungen für Schüler und Lehrer bleiben aber auch in Potsdam schwierig, denn der Schulbetrieb darf nur unter strengen Hygiene- und Abstandsregeln erfolgen: Maximal 15 Schüler dürfen sich in einem Raum aufhalten, die Tische müssen einen Mindestabstand von 1,5 Metern zueinander haben, Gruppenarbeit gibt es nicht. Die Schulen müssten „ein jeweils den räumlichen Gegebenheiten angepasstes Konzept zur Wegeführung zu entwickeln“, sagte Rathaussprecherin Christine Homann. „Bei ausreichend breiten Treppen und Wegen ist eine Markierung vorzunehmen, so dass gesichert wird, dass immer auf der rechten Seite gelaufen wird.“

Abgeklebt, geteilt, mit Pfeilen versehen

In der Da-Vinci-Gesamtschule im Bornstedter Feld wurde dies so umgesetzt: „Wir haben die Treppen abgeklebt, geteilt und mit Pfeilen versehen, damit klar ist, wo man hoch und runter laufen darf“, sagte Schulleiterin Kirsten Schmollack den PNN. Auch das Einstein-Gymnasium in der Innenstadt verfährt so. Die Grundschule im Kirchsteigfeld, wo ab dem 4. Mai die Grundschüler der Jahrgangsstufe 6 wieder in den Präsenzunterricht gehen, verzichtet hingegen auf abgeklebte Treppenhäuser: „Die Lerngruppe kommt über den Hof und wird durch den Aufsichtslehrer zum Raum geführt“, sagte Rektorin Gudrun Klewitz. Dadurch, dass die Schüler wie auch bei den anderen beiden Schulen zeitversetzt ankommen, würden sich die Wege der Schüler nirgends kreuzen.

Gekennzeichnet: In den Treppenhäuser der Schulen gelten neue Regeln.
Gekennzeichnet: In den Treppenhäuser der Schulen gelten neue Regeln.
© Andreas Klaer

In der Da-Vinci-Gesamtschule kommen auf einen Raum zehn Schüler, die Tische stehen auf Bodenmarkierungen, jeder Tisch hat ein Namensschild, jede Lerngruppe nutzt nur einen Raum für alle Fächer. Laut Stadt wurden mit Wiedereröffnung der Schulen Handwaschbecken in Klassenräumen zusätzlich mit Seifenspendern und Faltpapier ausgestattet: „Engpässe im Bereich der regulär laufenden Verbrauchsmaterialbeschaffung sind derzeit nicht bekannt“, so Homann. Irene Krogmann-Weber, Schulleiterin des Einstein-Gymnasiums, bestätigt das: „Es ist genügend Seife da, der Hausmeister kontrolliert täglich.“ Ähnlich sieht es in der Da Vinci-Schule aus, in der Grundschule am Kirchsteigfeld gebe es ferner für jede Lerngruppe separate Toiletten mit ausreichend Seife, so Rektorin Klewitz.

Tägliche Reinigung, aber nicht bei Tastaturen

Auf Handdesinfektion hingegen verzichte man, so Klewitz: „Das kann zu Ausschlag führen und wird auch von der Stadt nicht mehr empfohlen.“ Im Einstein-Gymnasium gibt es auf jedem Stockwerk einen Spender mit Desinfektionsmittel: „Das nutzen aber nur sehr wenige Schüler“, sagte Krogmann-Weber. Die Flächendesinfektion von Tischen, Türklinken oder Geländern wird in allen drei Schulen durch Reinigungsfirmen durchgeführt, die nun alle genutzten Räume täglich reinigen. Jedoch sind Tastaturen und technische Geräte „kein Bestandteil der Unterhaltsreinigung“, so Sprecherin Homann.

Auch an den Treppen gibt es Verhaltensregeln und abgeklebte Laufbereiche.
Auch an den Treppen gibt es Verhaltensregeln und abgeklebte Laufbereiche.
© Andreas Klaer

Verschieden gehen die Häuser bei der Schulspeisung vor: In der Da-Vinci- Schule essen normalerweise 250 Schüler gleichzeitig Mittag. Ab heute, wenn die Schulspeisung wieder stattfindet, sieht das anders aus: „Wir haben normalerweise ein Wahlsystem, wo man sich selber sein Essen zusammenstellen kann“, so Kirsten Schmollack. „Das geht natürlich nicht, dass alle dieselbe Kelle in die Hand nehmen.“ So gibt es nun nur noch ein Essen, das von der Cateringfirma über eine Ausgabe verteilt wird, die Mittagspause findet ebenfalls zeitversetzt statt, so dass maximal 30 Schüler gleichzeitig essen. Auch die Reinigung der Tische zwischen den Mahlzeiten, die normalerweise die Schüler erledigen, wird nun von der Reinigungsfirma gemacht. In der Grundschule am Kirchsteigfeld hingegen wird es vorerst keine Schulspeisung geben: Ob es wieder eine gebe, hänge davon ab, wie viele Schüler bis zum 15. Mai überhaupt die Schule besuchen werden, sagte Klewitz. Im Einstein-Gymnasium wird ein Teil der Schüler wohl außerhalb der Mensa essen müssen – diese ist zu klein. Die Cateringfirma werde das Essen ab heute in vorgefüllten Assietten ausgeben, es handele sich jeweils um ein Überraschungsmenü, so Krogmann-Weber.

Keine Maskenpflicht in den Einrichtungen

Eine Maskenpflicht gibt es laut Stadt für die Schulen nicht, die Leitungen sind frei, wie sie mit dem Thema umgehen. „Wir haben es Schülern und Lehrern freigestellt, ob sie eine Maske tragen oder nicht – eine Pflicht gibt es nur für die Cateringfirma“, so Schmollack. An der Grundschule im Kirchsteigfeld bleibt es bei einer ausdrücklichen Empfehlung für das Personal, im Einstein-Gymnasium ist es freigestellt. „Die meisten Lehrer tragen aber eine“, sagte Krogmann-Weber. Die Schüler hingegen würden kaum Masken tragen.

Und die MSA-Prüfungen? Hier gibt es nicht nur im Helmholtz-Gymnasium Frust. In einem den PNN vorliegenden Brief schreibt auch die Mutter einer Zehntklässlerin aus dem Leibniz-Gymnasium an das Bildungsministerium, für ihre Tochter sei das Vorgehen ungerecht – weil ausgerechnet diese Woche ihre Lerngruppe mangels Platz gar nicht die Schule besuchen dürfe, andere aus der zehnte Klasse aber schon. So bestehe keine Chancengleichheit, moniert die Mutter.

Erik Wenk, Henri Kramer

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