Baubeginn: Tief gebohrt für die Garnisonkirche
38 Meter lang sind die Pfähle, die künftig das Fundament für die Garnisonkirche bilden sollen. Seit dieser Woche wird gebohrt. Im Frühjahr legen die Maurer los.
Innenstadt - Für den Bau des Turms der Garnisonkirche wird jetzt buchstäblich der Boden bereitet. Am Montag begannen die Bohrungen für das Fundament des knapp 90 Meter hohen Gebäudes. Bis Mitte Januar sollen diese Arbeiten abgeschlossen sein, sagte Peter Leinemann, Vorstand der Garnisonkirchen-Stiftung, gestern bei einem Vor-Ort-Termin.
Die Gründung ist aufwendig: Insgesamt 38 Löcher werden für die Bohrpfähle gebohrt – jedes davon 38 Meter tief. Diese Übereinstimmung der Zahlen sei aber Zufall, sagte Leinemann. In die Bohrlöcher, die einen Durchmesser von gut einem Meter haben, wird anschließend ein Stahlkorb eingelassen, der dann mit Beton ausgegossen wird. Geplant sei eine Bohrung pro Tag, erklärte Bauleiter Andreas Gillmeier.
Wie es unter dem Fundament aussieht, weiß niemand
Spannend wird es, wenn sich die mächtigen Bohrer durch das historische Fundament gefressen haben. Wie es darunter aussehe, wisse niemand genau, erklärte Leinemann. Aus alten Akten gehe hervor, dass die Baugrube, die 1730 für den Bau der originalen Garnisonkirche ausgehoben wurde, mit Findlingen und kleineren Steinen gefüllt worden sei. Anschließend habe man alles mit Baumstämmen verkeilt, um einen soliden Unterbau für das Fundament zu bekommen.
Ob diese Konstruktion noch existiere, sei unklar, sagte Leinemann. Dass sie für den Bohrer ein Problem darstellen könnte, glaubt er allerdings nicht. Auch Frost werde die Erdarbeiten kaum beeinträchtigen. Allenfalls beim Gießen des Betons könnte es bei sehr niedrigen Temperaturen in den oberen Bodenschichten Schwierigkeiten geben. Wenn die Bohrpfähle fertig sind, soll eine 50 Zentimeter dicke Stahlbetonplatte darüber gelegt werden, die als Fundament für den Kirchturm dient.
Erstmals gab Leinemann am Montag auch einen Überblick über den weiteren geplanten Bauablauf. Demnach sollen Ende Januar sämtliche Maurer-, Rohbau- und Gerüstbauarbeiten als Komplettpaket deutschlandweit ausgeschrieben werden, kündigte Leinemann an. Im Frühjahr 2018 starte dann der Hochbau. Bis zu 25 Maurer würden dann täglich montags bis samstags von 7 bis 21 Uhr im Zweischichtsystem Potsdams einstiges Wahrzeichen wieder aufmauern – in klassischer Handwerkstechnik, so, wie das bereits bei der Vorgängerkirche vor fast 300 Jahren gemacht wurde. Nur die Decken sollen aus Beton bestehen.
Firma aus Hannover sponsert mehr als eine Million Ziegel
Insgesamt zweieinhalb Millionen Ziegel werden vermauert, die Hälfte davon wird von der Firma Wienerberger in Hannover gesponsert, einer der größten Ziegelhersteller Europas. Die bislang 3500 Spenderziegel von Privatpersonen, die mit deren Namenszug versehen sind, sollen hingegen im Innern des Turms eingesetzt werden, im Treppenhaus, wo man sie auch sehen kann. Bis zum Jahresende 2018 soll der Unterbau der Kirche bis zur Höhe des eigentlichen Turmschafts stehen – inklusive der Anbauten, in denen im Original die Treppenhäuser untergebracht waren und die künftig einen Ticketshop sowie ein Café beherbergen sollen.
„Wir werden dann ungefähr 25 Meter hoch sein, etwas höher als das benachbarte Studentenwohnheim“, erklärte Leinemann. 2019 soll dann der eigentliche Turm aufgemauert werden – bis zu seiner vorläufigen Höhe von 60 Metern, dort, wo auch die Aussichtsplattform geplant ist, für deren Bau TV-Moderator Günther Jauch eineinhalb Millionen Euro gespendet hatte. Zeitlich parallel soll in den unteren Geschossen der Innenausbau erfolgen. Dort sind unter anderem Ausstellungs- und Tagungsräume geplant.
Für den Rohbau geht Leinemann von Kosten in Höhe von rund acht Millionen Euro aus, etwas weniger als ein Drittel der für die so genannte abgespeckte Variante der Kirche nötige Summe ohne Turmhelm, Glockenspiel und barocke Verzierungen. Nur diese rund 26 Millionen Euro teure Lösung ist bislang ausfinanziert.
Zehn Millionen Euro fehlen
Wie berichtet hatte der Bund dafür kürzlich eine Förderung in Höhe von zwölf Millionen Euro bewilligt, weitere insgesamt fünf Millionen Euro hatte die evangelische Kirche als Darlehen zur Verfügung gestellt. Der Rest sind Spenden. Um den Turm komplett fertig zu bauen, sind weitere rund zehn Millionen Euro nötig, für die die Stiftung auf Sponsoren hofft. Das Kalkül: Wächst der Turm erst einmal empor, steigt auch die Spendenbereitschaft, sodass der Turm in einem Rutsch durchgebaut werden kann.
Die Zeit drängt: 2019 läuft die 2013 von der Stadt erteilte Baugenehmigung aus. Nach brandenburgischem Baurecht muss der Turm spätestens ein Jahr später, also 2020, vollendet sein. Ob im Falle eines späteren Weiterbaus am Turm eine neue Baugenehmigung nötig ist, wollte Leinemann nicht kommentieren. Damit beschäftige man sich derzeit nicht. Die Stiftung sei optimistisch, die restliche Summe im vorgegebenen Zeitraum von Spendern einwerben zu können, erklärte der Stiftungsvorstand.
Der Wiederaufbau des Garnisonkirchturms, in dem ein Versöhnungszentrum entstehen soll, ist in Potsdam seit Jahrzehnten umstritten. Kritiker argumentieren hauptsächlich mit dem Missbrauch des Gotteshauses am 21. März 1933, dem sogenannten Tag von Potsdam, als die Nazis dort die Reichstagseröffnung zelebrierten und sich Hitler und Hindenburg vor der Kirche die Hand schüttelten. Die Befürworter führen vor allem die Bedeutung des Gebäudes, das einst als schönste Barockkirche Norddeutschlands galt, für das Stadtbild ins Feld.
Stadt zahlt durch Rechenzentrum entstandene Mehrkosten
Zusätzlich befeuert wird die Debatte durch die Nutzung des benachbarten, aus DDR-Zeiten stammenden Rechenzentrums als Kunst- und Kreativhaus. Eigentlich hatte das Gebäude zum Baustart abgerissen sein sollen. Weil es aber noch steht, verteuert sich der Bau des Kirchturms, unter anderem wegen Brandschutzauflagen. Die Mehrkosten von bis zu 460 000 Euro zahlt die Stadt.
Eskaliert war der Streit am 29. Oktober, dem Tag des offiziellen Baustarts, als Wiederaufbau-Gegner aus dem Rechenzentrum Beleidigungen riefen. Mehrere Teilnehmer der Veranstaltung erstatteten daraufhin Anzeige gegen die Störer.
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