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Die Baustelle des Turms der Garnisonkirche.
© Andreas Klaer

Debatte um Garnisonkirche: Teilweiser Erhalt des Rechenzentrums?

Die Stiftung Garnisonkirche legt einen neuen Kuratoriumsbeschluss vor – und kann sich erstmals einen Teilerhalt des Rechenzentrums vorstellen. Kritiker reagieren äußerst skeptisch

Innenstadt - Unbeirrt aller Diskussionen wird der Turm der Garnisonkirche an der Breiten Straße aufgemauert – nun geht der Streit um die Gestaltung des Umfelds in die nächste Runde. Dabei sendete die Stiftung Garnisonkirche am Freitag ein wichtiges Signal: Sie zeigt sich erstmals offen für einen Teilerhalt des Künstlerhauses. Das allerdings kritisierten Gegner der Stiftung dennoch als eine zu starre Haltung in den laufenden Verhandlungen zur Gestaltung des Turmumfelds.

Auch Schubert im Kuratorium

Doch der Reihe nach. Zunächst machte die Stiftung einen einstimmigen Beschluss ihres Kuratoriums bekannt, mit dem einmal mehr die grundsätzliche Dialogbereitschaft für die geplanten Gespräche ausdrücklich bekräftigt wurde. Demnach sei der Bau des Turms das „zentrale Ziel“ der Stiftung. Für die Planungen zur Fläche des Kirchenschiffs sei „eine überzeugende Nutzungsidee zwingende Voraussetzung“ – hier besteht also Raum für Ideen. Zugleich erklärte die Stiftung aber auch: „Die vertraglich bis Ende 2023 vereinbarte Duldung und befristete Nutzung des Rechenzentrums sind zu beachten.“ Da ein Teilstück des Künstlerhauses auf Grundstücken der Stiftung steht, soll der DDR-Bau eigentlich komplett abgerissen werden – allerdings gibt es viele Kritiker dieser Pläne. Auch Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) gilt als Anhänger, mindestens einen Teil des Rechenzentrums stehen zu lassen. Dem trägt das Stiftungskuratorium, in dem Schubert auch selbst sitzt, nun Rechnung – mit der Formulierung: „Der Rückbau des Teils des Rechenzentrums, der auf dem Grundstück der Stiftung steht“, habe zu erfolgen. Damit könnte ein Teil des Baus eben auch stehen bleiben – was wie berichtet je nach Variante zwischen 7,3 und 8,7 Millionen Euro kosten würde. Ein Teilabriss wäre wie berichtet auch aus Sicht der Bauverwaltung im Rathaus zwingend notwendig, weil Rechenzentrum und Garnisonkirchturm schon jetzt zu nahe beieinander stünden.

Stiftung: Das Mosaik soll bleiben

Und noch ein neues Signal sendete die Stiftung aus: Das denkmalgeschützte Mosaik am Rechenzentrum „Der Mensch bezwingt den Kosmos“ von Fritz Eisel sei als „ein wichtiges Zeitzeugnis“ am Standort“ der benachbarten Plantage zu erhalten“, hieß es in der Beschlussmitteilung. Kuratoriumschef Wolfgang Huber erklärte, mit den Leitlinien gebe es nun „eine klare Wegweisung in den Diskussionen um ein inhaltliches Konzept zu in Frage kommenden Nutzungen und städtischen Funktionen“ für das Umfeld des Turms. Huber ist der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Bestärkt zeigte sich Rathauschef Schubert. Die Leitlinien seien „ein wichtiger Schritt der Annäherung an die Nutzenden des Rechenzentrums“. Er erinnerte, dass er mit den begonnenen Verhandlungen zum Umfeld des Turm auch erreichen wollte, „dass alle Seiten die jeweiligen Belange des Anderen anerkennen“. Der Beschluss bestätige das, so Schubert.

Wolfgang Huber
Wolfgang Huber
© PNN / Ottmar Winter

Allerdings werden die Leitlinien durchaus unterschiedlich verstanden. So erklärte die Bürgerinitiative Mitteschön, die sich für ein historisches Kirchenschiff an dem Turm einsetzt, man werte den Beschluss als „klare Aussage der Stiftung zum Aus für das Rechenzentrum“ – für das bekanntermaßen in der Nachbarschaft bereits ein neues Kreativquartier als Ersatz gebaut werden soll.

Verärgerte Kritiker

Skeptisch auf den Beschluss reagierten Gegner des Gesamtvorhabens Garnisonkirche. So erklärte der Dauerkritiker Philipp Oswalt, der Beschluss des Kuratoriums lasse die Bereitschaft für eine ergebnisoffene Diskussion um die Zukunft des Ortes vermissen und offenbare eine destruktive Geisteshaltung. „Warum soll etwas zerstört werden, was Wertschätzung erfährt und produktiv genutzt wird? Wieso kann das Rechenzentrum nicht als Ganzes erhalten werden, bis die zukünftige Nutzung und Gestaltung des Areals endgültig geklärt und auch finanziert ist?“, fragte der Architekturprofessor aus Kassel, der sich seit Jahren an der Debatte zur Zukunft des Ortes beteiligt. Auch die Martin-Niemöller-Stiftung meldete sich. Michael Karg, der Vorsitzende der Martin-Niemöller-Stiftung, erklärte in Wiesbaden:

"Die Stiftung Garnisonkirche Potsdam handelt im Namen der evangelischen Kirche und wird so gesehen. Sie erhält von dort Geld, Prestige und die personelle Zusammensetzung. Wir bezweifeln, dass es der Wille der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist, das Rechenzentrum und die darin wirkende soziale und wirtschaftliche Gemeinschaft der Kreativen zu zerstören. Wir rufen nach der Aufsicht über die Stiftung Garnisonkirche Potsdam. Diese führt der Rat der EKD."

Wie berichtet will Rathauschef Schubert in einem mehrstufigen Verfahren verhandeln, wie das Umfeld des Turms aussehen könnte. Dazu sollen derzeit zunächst die inhaltlichen Vorstellungen geklärt werden,ob dort zum Beispiel ein Ort für Jugendbildung entstehen könnte. Danach soll die Gestaltung geklärt werden. Den Zeitkorridor hatten die Stadtverordneten bis Mitte 2022 gefasst, allerdings ist das Verfahren auch wegen der Corona-Pandemie schon einige Monate im Verzug – so sollte schon im Januar dieses Jahres eigentlich das inhaltliche Konzept stehen. Um den Wiederaufbau der 1968 gesprengten Militärkirche wird seit Jahren gerungen. Der derzeit im Bau befindliche Turm soll Ende 2022 fertiggestellt werden – und neben einer Aussichtsplattform auch eine Ausstellung zur Geschichte des Ortes beinhalten.

Philipp Oswalt
Philipp Oswalt
© Ottmar Winter

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