Rückzahlung der Beiträge: Strittige Formulierung bringt neue Unruhe in Kita-Debatte
Bei der Rückzahlung zu hoch angesetzter Kitabeiträge in Potsdam sorgt der Umgang mit dem Jahr 2015 für Irritation. Vor allem ein Schreiben wirft Fragen auf.
Potsdam - Wegen missverständlicher Formulierungen droht der Streit um die Rückzahlung zu hoch angesetzter Kitabeiträge einmal mehr zu eskalieren. Elternvertreter warnen vor einer Klagewelle. Anlass sind die bisherigen Erklärungen der Stadt dazu, wie mit Ansprüchen auf eine Rückerstattung zuviel gezahlter Beiträge für das Jahr 2015 umgegangen wird – diese Summen Ende dieses Jahres zu verjähren. Und die bisherige Erklärung der Stadt, dass es nicht zur Verjährung kommen soll, seien viel zu unverbindlich, kritisieren sowohl Eltern- als auch Kitaträger-Vertreter. Die Stadt will nun allerdings einlenken.
Stadt soll detaillierte Klarstellung abgeben
Das genaue Formulierungsproblem ist im schönsten Juristendeutsch verfasst und wurde von der Stadtspitze am 22. November an die privaten Potsdamer Kitaträger versendet. In dem Schreiben erklärte die Stadt den nötigen Verzicht auf die sogenannte Einrede zur Verjährung. Dem schob die Stadt aber folgende Einschränkung hinterher: „Die Verzichtserklärung bezieht sich auf einvernehmlich zu regulierende Rückzahlungen aus dem Jahr 2015 und ist befristet bis Ende 2019.“
Doch an dieser Formulierung stoßen sich Eltern und Träger. So liegt den PNN beispielsweise ein aktuelles Schreiben des Potsdamer Kitaträgers Internationaler Bund (IB) an Eltern in seinen Einrichtung vor. In dem Schreiben wird die städtische Formulierung in ihrer Aussagekraft als „nicht eindeutig“ kritisiert. Daher habe man die Stadt noch einmal um eine detaillierte Klarstellung gebeten, so der IB.
Anpassung der Formulierung erwartet
Ähnlich sieht es der Kita-Elternbeirat, der die fehlerhafte Kalkulation der Kitabeiträge vor mehr als einem Jahr überhaupt erst öffentlich gemacht hatte. Auch für 2015 seien die Beiträge falsch berechnet worden, teilte der Beirat am Montag mit. Den Umfang habe das Rathaus bisher noch nicht feststellen können. Und leider enthalte das besagte Schreiben der Stadt an die Träger auch Passagen, „die aus Sicht vieler Beteiligter keinen klaren Verjährungsverzicht erkennen lassen“, so der Beirat. Die Stadt hätte aber zugesagt zu prüfen, ob eine Anpassung der Formulierung möglich ist. Erfolge das nicht, so der Beirat, würde man das als Zeichen dafür werten, dass Teile der Stadtverwaltung und der Politik nicht daran interessiert seien, eine Lösung für 2015 zu finden. Eltern müssten sich dann darauf einstellen, noch vor Jahresende gegen den jeweiligen Träger zu klagen oder aber mindestens einen Mahnbescheid zu erwirken, warnt der Elternbeirat. „Die Zeit des Redens ist vorbei – jetzt muss gehandelt werden“, so der Appell des Beirats.
Ansprüche verfallen nicht
Die Stadtverwaltung will die Wogen glätten. „Wir werden auch die Ansprüche für 2015 rückwirkend regulieren“, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow auf PNN-Anfrage. Man habe klar erklärt: Die Ansprüche verfallen nicht. Gleichwohl habe das Rathaus die Irritationen um die besagte Formulierung erkannt. Daher werde man in der kommenden Woche die Träger einladen und gemeinsam eine einvernehmliche Lösung suchen, so Brunzlow.
Schon in der Stadtverordnetenversammlung vor knapp einer Woche war das Thema wieder hochgekocht. So hatte der CDU/ANW-Stadtverordnete Lothar Wellmann nach der drohenden Verjährung der Ansprüche für 2015 gefragt. Potsdams neuer Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hatte da versichert: „Wir stehen zum Einredeverzicht.“ Man wolle sich nach der langen Debatte „nicht heimlich aus dem Saal stehlen“. Es sei „abstrus“, dass zu glauben. Die strittige Formulierung sei auch darauf zurückzuführen, dass es um eine freiwillige Rückzahlung der Stadt gehe, hatte Schubert gesagt.
Nur ein Vorschlag, keine Lösung
Das ist aber auch die Krux. Denn selbst für die Ansprüche, die nach der Kitabeitragserhöhung 2016 angefallen sind, gibt es noch keine Lösung – sondern nur einen Vorschlag zur Rückzahlung durch die Stadtspitze, dem die Stadtverordneten noch zustimmen müssen (siehe unten). Für die Lösung hatte Schubert in der Stadtverordnetenversammlung ebenfalls geworben. Für die Stadt geht es dabei um Gesamtkosten in Höhe von mehr als 20 Millionen Euro, für die Eltern je nach Einkommen und Zahl sowie Alter der betreuten Kinder um teils vierstellige Gesamtbeträge. Der Vorschlag geht zurück auf einen Kompromiss, auf den sich Eltern, Träger, Rathaus und Jugendhilfeausschuss mit Hilfe eines Mediators verständigt hatten. Die noch ungeklärten Ansprüche für 2015 sollen in einem weiteren Verfahren extra geklärt werden, so die Stadt. Die Ansprüche für 2014 sind schon verjährt.
Votum Ende Januar?
Ende Januar nächsten Jahres werden die Stadtverordneten vermutlich über die Rückzahlung zu hoch angesetzter Kitabeiträge entscheiden. Denn erst am 30. Januar ist das nächste reguläre Treffen der Stadtverordneten angesetzt, eine von den Linken geforderte Sondersitzung vor Weihnachten findet nicht statt. Der Jugendhilfeausschuss hat die Rückzahlung bereits ohne Gegenstimmen angenommen. Dagegen hatte es im Finanzauschuss noch viele offene Fragen gegeben. Das Gremium tagt wieder am Mittwoch kommender Woche. Auch der Hauptausschuss muss sich noch am 9. Januar mit dem Thema befassen. Bei der Rückzahlung geht es um Beiträge, die seit Anfang 2016 erhoben worden sind. Im Sommer waren die Gebühren bereits wieder gesenkt worden.