Demonstration am Mittwoch: Streit um Überlastung im Bergmann-Klinikum
Die Gewerkschaft Verdi hat heftige Vorwürfe gegen das Ernst-von-Bergmann-Klinikum erhoben. Die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter seien schlecht, heißt es. Gegen diese Vorhaltung wehrt sich das Klinikum vehement.
Potsdam - Das kommunale Klinikum „Ernst von Bergmann“ und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi streiten über die Arbeitsbedingungen in dem Krankenhauskonzern. Anlass ist eine Mitteilung der Gewerkschaft vom Montag, in der für Mittwoch ein Protestzug von Angestellten gegen schlechte Arbeitsbedingungen angekündigt wurde.
Die Vorwürfe von Verdi gegenüber der Klinikleitung sind harsch. Seit Monaten werde in dem kommunalen Gesundheitsunternehmen „über das Limit der Beschäftigten“ hinaus gearbeitet, sagte Verdi-Bezirkschefin Susanne Feldkötter laut der Mitteilung. „Es gibt viele personelle Ausfälle, zudem herrscht ein hoher Krankheitsstand bei den Pflegekräften.“ Allein im vergangenen Jahr hätten genau 2221 Mitarbeiter des Klinikums eine Gefährdungsanzeige wegen Überlastung gestellt. „Das ist ein deutlicher Hinweis auf die Überlastung der Beschäftigten und darauf, dass die Qualität der Pflege stark gefährdet sein könnte“, so Feldkötter.
Das Klinikum bestritt den genannten Grad der Überlastung energisch. Man habe im Bereich der Pflege gar nicht so viele Mitarbeiter wie von Verdi angegeben, sagte Sprecherin Damaris Hunsmann den PNN. Auch im gesamten Klinikum seien 2018 nur 1934 aktive Mitarbeiter beschäftigt gewesen. „Somit können nicht über 2200 Mitarbeiter überlastet sein“, so Hunsmann. Die Meldungen zur Überlastung bewegten sich im Schnitt im Jahr bei einem Prozent – bezogen auf die insgesamt geleisteten Dienste. „Dieser Wert ist über die letzten Jahre und auch in 2018 konstant geblieben.“ Feldkötter berief sich auf Mitarbeiterrecherchen aus dem Klinikum, wie sie den PNN sagte.
Demonstration bis zum Rathaus
Laut Feldkötter wollen nun die Klinikumsangestellten am Mittwoch für bessere Arbeitsbedingungen demonstrieren. Der Protestzug soll ab 14.30 Uhr am Klinikumsgelände starten und vor das Rathaus führen, wo ab 15 Uhr auch das Stadtparlament tagt. Zuletzt hatten Klinikumsmitarbeiter im Juli 2017 gegen schlechte Arbeitsbedingungen demonstriert, das Thema macht seit Jahren immer wieder Schlagzeilen.
Laut Feldkötters Angaben gibt es bei den Angestellten aktuell gleich mehrere Forderungen: Mehr Personal, kein spontaner Arbeitseinsatz trotz Freizeit, keine Beschäftigung von Leasingkräften, gleichen Lohn für gleiche Arbeit und Schluss mit der Ausgliederung von Unternehmensteilen. So würden auch die Beschäftigten der Poliklinik des Gesundheitskonzerns sich an der Protestaktion beteiligen. „Sie sollen innerhalb der Klinikgruppe den Arbeitgeber wechseln.“ Dazu würden die Mitarbeiter gedrängt, kritisierte Verdi. Dabei seien die geplanten Vertragsbedingungen für viele Mitarbeiter viel ungünstiger.
Auch das bestritt Kliniksprecherin Hunsmann. Mitarbeiter einiger Berufsgruppen der Poliklinik – etwa Physio- und Ergotherapeuten – hätten vielmehr ein Angebot erhalten, einen Arbeitsvertrag mit der Muttergesellschaft, also dem Klinikum, zu schließen. „Ob diese Vertragsangebote angenommen werden, bleibt jedem Mitarbeiter selbst überlassen.“ Nicht ein Angestellter werde durch einen neuen Arbeitsvertrag schlechter gestellt werden, sagte Hunsmann. Feldkötter berief sich auch hier auf Angaben, die ihr so aus dem Klinikum vorlägen.
Warten auf ein Zeichen der Stadtverordneten
Als Anlass für die Protestnote nannte Verdi den Personalmangel im Haus und die allgemein nicht ausreichende Finanzierung der Krankenhäuser. Selbst der „Kollaps der medizinischen Versorgung“ werde befürchtet, so Feldkötter. Daher hoffe man auf ein Zeichen der Stadtverordneten. Die notwendigen Investitionskosten für die Krankenhäuser des Landes Brandenburg müssten ausreichend finanziert sein, so Verdi weiter.
Das sehe man genauso, sagte dazu die Klinikumssprecherin – allerdings sei die Krankenhausfinanzierung eben auch Sache der Landesregierung. Laut dem Ende 2018 veröffentlichten Konzernabschluss für 2017 lag der Jahresüberschuss des gemeinnützigen Unternehmens zuletzt bei 2,4 Millionen Euro. Damit wird unter anderem ein anstehendes Sanierungs- und Erweiterungsprogramm am Hauptstandort Potsdam finanziert.
Auch Klinikumschef Steffen Grebner meldete sich am Montag zu Wort. „Unser Ziel ist es natürlich, eine gute personelle Ausstattung zu erreichen und zu sichern.“ Doch bundesweit gebe es rund 15.000 offene Pflegestellen und auch in Potsdam werde es zunehmend schwieriger, offene Fachpflegestellen zu besetzen. Die auf Initiative der Bundesregierung inzwischen gesetzlich geforderten Personaluntergrenzen – also eine maximale Anzahl von Patienten pro Pflegekraft – würden laut Grebner die Personalsituation in den Kliniken zusätzlich verschärfen. „Das Konzept ist vielleicht gut gedacht, aber schlecht umgesetzt – nämlich auf dem Rücken unserer Pflegekräfte in den Krankenhäusern.“
Kollegen vor den Kopf gestoßen
Offenbar gibt es im Klinikum deswegen schon seit Monaten Unmut. Am schwarzen Brett des Hauses hängt nach PNN-Informationen ein Aushang des Betriebsrats, in dem „unverständliches Vorgehen der Geschäftsführung in Bezug auf Lohnsteigerungen“ moniert wird. So hätte es auf Stationen mit „vermeintlich mehr Pflegeaufwand“ Lohnsteigerungen gegeben – was andere Kollegen vor den Kopf gestoßen habe. Generell sei auf allen Stationen im Haus der Pflegeaufwand in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, „jedoch die Mitarbeiterzahl immer weiter gesunken“, so der Betriebsrat. „Alle unsere Mitarbeiter arbeiten am Limit.“ Hintergrund sei auch das von Grebner angeführte Pflegestärkungsgesetz mit den besagten Personaluntergrenzen, so der Betriebsrat.
Sprecherin Hunsmann sagte, man arbeite kontinuierlich an neuen Ideen, um Mitarbeiter zu binden. Dabei würden inzwischen sogar schon Prämien für neue Mitarbeiter ausgelobt. Für dieses Jahr habe man etwa schon von 30 ausländischen Mitarbeitern Einstellungszusagen erhalten – allerdings gebe es dennoch weiter 30 offene Stellen im Pflegebereich.
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