Busverkehr in Groß Glienicke: Streit um ausgedünnte Linien
Anwohner in der Waldsiedlung in Groß Glienicke fühlen sich abgehängt, sie wollen eine direkte Busanbindung. Der Bauausschuss der Stadt Potsdam zeigt sich skeptisch: Das sei unwirtschaftlich.
Potsdam – Eine bessere Busanbindung für Anwohner in der Waldsiedlung in Groß Glienicke und Teilen Babelsbergs ist zumindest kurzfristig nicht in Sicht. Der Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe Potsdam (ViP), Oliver Glaser, nannte am Dienstagabend im Bauausschuss eine direkte Anbindung der Waldsiedlung unwirtschaftlich. So würden durch eine entsprechende Linienführung Zusatzkosten von rund 100.000 Euro im Jahr entstehen. Allerdings würden nach eigenen Berechnungen nur rund 40 Fahrgäste pro Tag die Haltestelle nutzen.
40 Fahrgäste hätten kürzeren, 600 längeren Weg
Die notwendige Schleifenfahrt zur Waldsiedlung bedeute, dass 40 Fahrgäste einen kürzeren Fahrweg hätten, 600 aber einen längeren. „Man kann es vielen schlecht und wenigen besser machen“, fügte Glaser hinzu. Er verwies zugleich darauf, dass die Mehrkosten an anderer Stelle eingespart werden müssten, falls der Bauausschuss und die Stadtverordneten eine bessere Busanbindung wollten.
Ende 2014 hatte die Stadtverordnetenversammlung in einem Beschluss Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) damit beauftragt, für eine umsteigefreie Anbindung der Waldsiedlung an die Potsdamer Innenstadt und Berlin-Spandau zu sorgen. Dafür sollte mindestens ein Halbstundentakt gelten. Allerdings wurde zum Jahresende eine Buslinie mit entsprechender Anbindung eingestellt – mit der Folge, dass die dortigen Anwohner und die Mitarbeiter de Landesumweltamtes nun umsteigen müssen. Der ViP hatte dies damit begründet, dass der Beschluss zu kurzfristig vor dem bereits geplanten Fahrplanwechsel erfolgt sei.
Anwohnerzahl steigt weiter
Immerhin versprach Glaser im Bauausschuss, dass der ViP „nachsteuert“, sobald sich in der Waldsiedlung etwas tue. Dazu müsse etwa die Anwohnerzahl steigen. Dies gelte natürlich auch für die Ende Mai erwarteten Flüchtlinge.
Der Ortsvorsteher von Groß Glienicke, Winfried Sträter (Forum), wies in der Bauausschusssitzung darauf hin, dass im Mai rund 100 Flüchtlinge in der Waldsiedlung untergebracht werden sollen. Auch müsse der ViP prüfen, ob es nicht eine direkte Anbindung der Nachbargemeinde Seeburg geben könne. Seeburg liegt allerdings im Landkreis Havelland und müsste damit gemeinsam betrieben werden. „Es sollte eine nicht so schnelle, aber gute Lösung gefunden werden“, fügte er hinzu.
Frauen haben auf dem dunklen Weg Angst
Auch ein Vertreter des neben der Waldsiedlung liegenden Landesumweltamtes forderte eine bessere Busverbindung. Derzeit müssten die Mitarbeiter durch ein Waldstück auf einem unbeleuchteten Weg zur Bushaltestelle der Linie 638 Richtung Berlin laufen. „Dort gibt es Wildschweine“, sagte er. Auch hätten Frauen in der Dunkelheit Angst. Er könne auch nicht verstehen, dass ausgerechnet die Angestellten der Umweltbehörde mit dem Auto zur Arbeit fahren müssten.
Der Bauausschuss wollte am Dienstag noch kein Votum dazu abgeben und vertagte die Beratung auf einen späteren Zeitpunkt. Hintergrund dafür ist, dass auch in Klein Glienicke und Babelsberg-Nord Anwohner ein reduziertes Busangebot kritisiert hatten. Dazu soll es jetzt zeitnah ein Schlichtungsgespräch geben, wie der Co-Geschäftsführer der Potsdamer Verkehrsbetriebe, Martin Grießner, den PNN am gestrigen Mittwoch sagte. „Wir werden Schritt für Schritt vorgehen und auf die Leute zugehen, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten“, sagte er. Das Gespräch werde wohl erst nach den Osterfeiertagen stattfinden. Ein genaues Datum wollte er nicht nennen.
Norden Babelsberg abgehängt
Anlass ist wie berichtet der Wegfall der Linie 694 auf ihrer bisherigen Route – sie wird seit dem Fahrplanwechsel vor einem Monat durch die neue Linie 616 ersetzt. Damit aber würden der Norden Babelsbergs sowie der Ortsteil Klein Glienicke weitgehend abgehängt, lautet die Kritik von Anwohnern.
Auch die Landtagsabgeordnete Saskia Ludwig (CDU) forderte am Mittwoch, den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu stärken. Die Entscheidung der Stadtverwaltung sei falsch, die Buslinie 612 von Töplitz nur noch bis zur Kirschallee und nicht mehr bis zum Hauptbahnhof fahren zu lassen. Dies zeige auch eine Umfrage, wonach viele Fahrgäste jetzt wieder das eigene Auto nutzten, um nach Potsdam zu gelangen.
Lesen Sie weiter: Interview mit dem Ortsvorsteher von Groß Glienicke - "Der ViP kommt jetzt in Zugzwang" >>
Stefan Engelbrecht
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