Potsdamer Kliniken in der Krise: St. Josefs-Mitarbeiter wollen weiter Corona-Bonus
Ein Besuch von Grünen-Chefin Baerbock im Krankenhaus: Den Mitarbeitern der christlichen Kliniken fehlt die Wertschätzung der Stadt.
Potsdam - Die Mitarbeiter der drei christlichen Kliniken der Landeshauptstadt wünschen sich mehr Anerkennung. Bei einem Besuch im St. Josefs-Krankenhaus hat sich die Potsdamer Bundestagsabgeordnete und Bundesvorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock, für einen bundesweiten Bonus für Pflegekräfte in Krankenhäusern ausgesprochen.
„Was unsere Mitarbeiter seit Anfang März geleistet haben, ist unglaublich“, sagte Gesine Dörr, Chefärztin der Inneren Medizin im St. Josefs. Noch immer müssten Ärzte und Pfleger Schutzkleidung tragen, was die ohnehin schon große Belastung weiter erhöhe. Jetzt müsse sich die Klinik auch wieder verstärkt um Patienten mit schweren Erkrankungen kümmern, die nicht direkt mit Covid-19 zu tun hätten, etwa Herzkrankheiten. Viele Behandlungen seien aus Angst vor Ansteckungen aufgeschoben worden. „Aber wir dürfen auch nicht vergessen: Es ist noch nicht vorbei”, warnte die Ärztin, eine zweite Welle sei möglich. Dörr erinnerte auch an die aufmunternde Hilfe aus der Potsdamer Bevölkerung – zum Beispiel an die Aktion einiger Unternehmer, die im April Pizza und Eis verteilt hatten.
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„Wir verlieren im Monat bis zu 200.000 Euro“
„Am Anfang der Krise kam man sich vor wie in einer Bananenrepublik“, sagte Oliver Pommerenke, der Regionalgeschäftsführer der Alexianer St. Josefs GmbH. Damit spielte er auf die fatale Mischung aus schlechter Versorgung und Geschäftemacherei an, die zu teils extremen Preisanstiegen bei Schutzkleidung, Masken und Desinfektionsmittel geführt hatte. Heute sei die Versorgungslage zwar insgesamt deutlich besser, aber die gestiegenen Preise würden den Kliniken weiterhin zusetzen. Hinzu käme, dass die Krankenhausträger mit der Behandlung von Covid-Patienten vergleichsweise geringe Einnahmen hätten. „Wir verlieren im Monat bis zu 200.000 Euro“, sagte Pommerenke. „Das ist eine existenzielle Schieflage.“ Er ist auch Geschäftsführer des Evangelischen Zentrums für Altersmedizin und der Oberlinklinik. Die drei christlichen Kliniken hatten sich bereits im vergangenen Jahr zu einem Verbund zusammengeschlossen.
Ein Thema beschäftigte viele am Donnerstag beim Besuch der Grünen-Bundesvorsitzenden Baerbock: Im Gegensatz zu den Mitarbeitern des kommunalen Klinikums „Ernst von Bergmann” (EvB) sollen die Kranken- und Pflegekräfte der christlichen Kliniken keine Bonuszahlung erhalten. Die Stadt hat zwar 900 000 Euro bereitgestellt, von denen profitieren aber nur die Angestellten des Bergmann-Krankenhauses – anders ist es nach Angaben des Rathauses haushaltsrechtlich nicht möglich, weil die Christlichen Kliniken keine kommunalen Unternehmen sind. Die CDU fordert, aus Landes- oder Bundesmitteln eine Prämie für die Pflegekräfte der kirchlichen Kliniken zu zahlen.
„Unseren Mitarbeitern gebührt ebenfalls Anerkennung“, sagte Catleen Praetsch, Vorsitzende der Mitarbeitervertretung der Oberlinklinik. Sie habe bereits mit Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) gesprochen. Aber bisher sei dabei nur ein eher fragwürdiges Angebot herausgekommen. Demnach wollte die Stadt den Mitarbeitern Gutscheine schenken, unter anderem für das Freizeitbad Blu. Das hätte den Unmut eher noch verstärkt, einige seien sich geradezu veralbert vorgekommen, sagt Praetsch. Schließlich hätten die Mitarbeiter extreme psychische Belastungen durchgestanden, viele hätten sich außerdem zu Hause wochenlang von der eigenen Familie isolieren müssen. „Wir wünschen uns einfach eine angemessene Wertschätzung für diese Entbehrungen.“
35 Patienten aus der Hochrisikogruppe wurden gleichzeitig behandelt
Die Stadtspitze habe den Bonus für die EvB-Mitarbeiter nicht wirklich durchdacht, findet auch Sandra Meye, Pflegedienstleiterin im Evangelischen Zentrum für Altersmedizin. Anstatt schnell eine Prämie nur für Mitarbeiter des kommunalen Krankenhauses zu beschließen, hätte das Rathaus ihrer Ansicht nach eine gerechte Lösung für alle Potsdamer Kranken- und Pflegekräfte suchen sollen. Auf der Covid-Station ihres Hauses seien teilweise bis zu 35 Patienten aus der Hochrisikogruppe gleichzeitig behandelt worden.
Nach ihrem Besuch sagte Annalena Baerbock: „Wenn die Stadt den Beschäftigten im Josefs-Krankenhaus und den verbundenen Häusern schon keinen direkten Prämienzuschuss geben kann, ist mehr Kreativität gefragt.” Statt der „Planschgutscheine“ fürs blu hätte die Stadt zum Beispiel Nahverkehrsjahrestickets vergeben können, so ihr Vorschlag.
Gesundheitspolitik sei für die Grünen kein zentrales Thema gewesen, räumte Baerbock ein. Nun habe ihre Partei jedoch ein Grundsatzprogramm ausgearbeitet, das in Kürze vorgestellt werde. Im Bundestag wolle sie sich für eine Prämie für alle Krankenhausmitarbeiter in Deutschland einsetzen, sagte Baerbock.
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