Nach Kritik des Rechnungshofs: Sondersitzung bei der Stiftung Garnisonkirche anberaumt
Nach der Kritik des Bundesrechnungshofs an der staatlichen Millionenförderung für die Garnisonkirche sehen sich Kritiker bestätigt und erwägen eine Strafanzeige. Auch der Bundestag befasst sich mit dem Thema.
Potsdam - Nach der Fundamentalkritik des Bundesrechnungshofs (BRH) an den millionenschweren Steuerzuschüssen für den Wiederaufbau des Turms der Garnisonkirche beginnt die Debatte darum, wie es an der Baustelle an der Breiten Straße weitergehen kann. Linke Kritiker fordern einen Baustopp und erwägen auch eine Strafanzeige wegen Subventionsbetrugs gegen die Stiftung für den umstrittenen Wiederaufbau des 1968 gesprengten Gotteshauses. Das machten Sprecher:innen der Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche am Montag bei einer Pressekonferenz deutlich.
Bürgerinitiative: Stiftung muss Finanzlage offenlegen
Vor allem müsse die Stiftung endlich ihre finanzielle Lage offenlegen, sagte Initiativensprecherin Sara Krieg. Ein Kassensturz sei zwingend notwendig für die Frage, wie mit dem Projekt weiter verfahren werde, sagte Co-Sprecher Carsten Linke – der auch einen Rückbau des Turms auf Höhe des benachbarten Rechenzentrums als eine Option nannte. Zudem müsse das an die Stiftung übertragene Grundstück für das zuletzt auch offiziell ausgeschlossene Kirchenschiff kostenlos an die Stadt zurückfallen, forderte er. Man habe auf die Probleme schon vor Jahren hingewiesen, zeigte sich Sprecherin Krieg wenig überrascht von der Rechnungshofkritik.
Herbe Kritik des Rechnungshofs
Das 2017 begonnene Wiederaufbauprojekt ist nach dem Bericht des Bundesrechnungshofs aus der vergangenen Woche in seine bisher schwerste Krise geraten. So stehen noch unter der früheren Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) gegebene Finanzzusagen über 4,5 Millionen Euro auf dem Prüfstand – hier prüft Nachfolgerin Claudia Roth (Grüne) nun die Auszahlung. In dem Bericht kritisieren die Prüfer, der Bund habe bei der Bewilligung von früheren zweistelligen Millionenzuschüssen nicht beurteilen können, ob insgesamt ausreichend Mittel für den geplanten 44 Millionen Euro teuren Bau bereitstehen – um Förderruinen zu vermeiden. Die Bundesförderung für das Projekt nationaler Bedeutung, so die offizielle Bezeichnung, sei laut Rechnungshof eine rechtlich unzulässige Anschubfinanzierung.
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Auch müssten die Vermögensverhältnisse der Stiftung aufgeklärt werden, bemängelten die Prüfer: „Die Angaben der Stiftung zu ihrer finanziellen Situation sind widersprüchlich.“ Haushaltsrisiken für den Bund drohten auch durch den künftigen Betrieb des Turms, so die Kritik – den die Stiftung etwa über Eintrittsgelder für eine Aussichtsplattform finanzieren will. Ferner hatte der BRH einen weiteren Prüfbericht mit noch unbekannten Themenbereichen in Aussicht gestellt. Initiativsprecher Linke sagte, er hoffe hier unter anderem auf eine Kontrolle der Vergabe von Bauaufträgen durch die Stiftung.
Strafanzeige wird erwogen
Schon jetzt stelle sich auch die Frage, ob die Stiftung unvollständige oder unzutreffende Angaben gemacht habe, ergänzte Sprecherin Krieg mit Blick auf mögliche Strafanzeigen gegen Stiftungsvertreter. Auch die Evangelische Kirche und die Stadt als Mitglieder im Kuratorium der Stiftung müssten nun Verantwortung übernehmen und sich fragen lassen, wie es soweit kommen konnte. Die Stiftung habe ferner nie klar ausgewiesen, ob Spenden für den Wiederaufbau nicht auch für laufende Kosten wie Gehälter verwendet worden seien, monierte Linke.
Sondersitzung Ende der Woche
Die Stiftung hatte hingegen bisher lediglich erklärt, man nehme den BRH-Bericht zur Kenntnis und gehe davon aus, dass die Fördermittel sachgerecht bewilligt wurden. So gebe es mit Blick auf die Geschichte der Garnisonkirche „mehr als gute Gründe“ für eine Förderung des „exponierten Lernortes preußischer, deutscher und europäischer Geschichte“. Fragenkataloge von Journalisten zur Kritik und zur aktuellen Finanzlage hat die Stiftung noch nicht beantwortet.
Angekündigt ist aber für Ende der Woche eine Zusammenkunft des Kuratoriums der Stiftung, die Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) als dessen Mitglied gefordert hat – um förderrechtliche Fragen zu klären und dies auch gegenüber der Öffentlichkeit transparent darzustellen. Dann werde man sich über die mit dem BRH-Bericht zusammenhängenden Fragen beraten, sagte Stiftungssprecherin Maria Zach auf Anfrage. Schubert wiederum bestätigte den PNN, er wolle am Mittwoch im Hauptausschuss auch Überlegungen vorstellen, dass die gerade erst vom Stadtparlament beschlossene Machbarkeitsstudie für die Gestaltung des Umfelds des Turms auch auf den Hochbau selbst ausgeweitet werden könnte.
In dem rund 500.000 Euro teuren Gutachten sollen mögliche Grundzüge und Kostenschätzungen für den Erhalt des benachbarten Künstlerhauses im Rechenzentrum sowie ein neues Haus der Demokratie dargestellt werden. Damit verbinde sich das Ziel, einen räumlich-funktionalen, städtebaulichen und rechtskonformen Vorschlag für das sogenannte Forum an der Plantage - bestehend aus Turm, Rechenzentrum und "Haus der Demokratie" - zu erarbeiten, so ein Rathaussprecher: "Diese fachliche Prüfung für das Gesamtareal ist jetzt vor dem Hintergrund des Prüfberichtes erst recht wichtig."
Haushaltsausschuss des Bundestags befasst sich mit Thema
Auch der Bundestag wird sich mit der Garnisonkirche befassen. So seien die Prüfergebnisse Thema in der nächsten Sitzung des Haushaltsausschusses am 16. Februar – und zwar auf Antrag der Linken, wie eine Sprecherin des Bundesparlaments sagte. Die fördernde Bundesstelle sieht dabei kein Verschulden.
Ein Sprecher von Kulturstaatsministerin Claudia Roth sagte den PNN auf Anfrage, entgegen der Auffassung des Bundesrechnungshofs habe man „die zuwendungsrechtlichen Vorschriften beachtet“, das eingeräumte Ermessen „pflichtgemäß ausgeübt“ und „den wiederholt bestätigten parlamentarischen Willen des Haushaltsgesetzgebers umgesetzt“. Anträge, die auf einen Stopp des Vorhabens zielten, hätten bisher keine Mehrheit gefunden. Eine Mittelauszahlung erfolge nur bei Bedarf: „Etwaige Einsparpotentiale werden regelmäßig überprüft“, so der Sprecher. (mit dpa/ epd)
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