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Notunterkünfte für Flüchtlinge wie diese Leichtbauhallen in Drewitz sollen in Potsdam künftig nicht mehr gebaut werden. Stattdessen sollen feste Gebäude errichtet werden. Dafür und für neue Schulen soll in den nächsten Jahren eine Viertelmilliarde Euro ausgegeben werden.
© Johanna Bergmann

Schulfinanzierung in Potsdam: Schulden für Schulen

Potsdam wächst ungebremst – daher steigen die Kosten vor allem für die Bildungsinfrastruktur immens. Weitere Steuererhöhungen könnten deshalb folgen.

Potsdam - Schon zum Schuljahresbeginn im September sollen sie stehen: Die Stadtverwaltung plant auf einer Grünfläche am Humboldtring Container aufzustellen, mit denen die dortige Grundschule von zwei auf vier Züge mit Hort erweitert wird. 5,2 Millionen Euro werden dafür ausgegeben. Fünf Jahre lang soll das Provisorium den wachsenden Platzbedarf in und um Babelsberg decken. Den hatte die Verwaltung hatte bei der Überarbeitung des Schulentwicklungsplans entdeckt. Schon in die nächste Sitzung der Stadtverordneten am 2. März soll der entsprechende Antrag eingebracht werden.

Dann kann sich das Stadtparlament auch mit dem neuen Wirtschaftsplan des Kommunalen Immobilienservice (Kis) für die Jahre 2016 bis 2019 beschäftigen. Und der hat es in sich: Fast eine Viertelmilliarde Euro soll in vier Jahren hauptsächlich für den Bau von Schulen und Flüchtlingsunterkünften ausgegeben werden. Kämmerer Burkhard Exner (SPD) und Kis-Chef Bernd Richter stellten die Pläne am Freitag vor.

Container für Schulen in Potsdam

Allein in diesem Jahr sollen 72,3 Millionen Euro investiert werden. Mit 41,5 Millionen wird der größte Teil davon in die Bildungsinfrastruktur gesteckt. „Das ist unser Schwerpunkt“, so Richter. Damit wird unter anderem der Bau der neuen Gesamtschule im Bornstedter Feld bezahlt und das Helmholtz- und das Humboldt-Gymnasium erneuert. Kurzfristig hinzugekommen sind die Kosten für die Container-Lösung am Humboldtring, für einen Grundstückskauf und für die Verbesserung des Brandschutzes im Oberstufenzentrum in der Berliner Straße, so Richter. Ein Jahr früher als zunächst geplant soll zum Schuljahresbeginn auch im Norden eine zweizügige neue Grundschule öffnen. Dazu werden an der Esplanade für drei Jahre Container aufgestellt. Außerdem plant der Kis 20 Millionen Euro für den Bau von Unterkünften für Flüchtlinge ein. Dabei sei es das Ziel, künftig auf Notquartiere in Wohncontainern oder Leichtbauhallen verzichten zu können.

Auch in den kommenden Jahren muss investiert werden, um das Wachstum der Stadt bewältigen zu können, so Exner. Umsetzen muss das der Kis. Der ist für Bau und Unterhalt von etwa 400 städtischen Immobilen wie Schulen, Turnhallen und Flüchtlingsunterkünften verantwortlich – und auch für die Sanierung des Verwaltungscampus mit dem Stadthaus in der Friedrich-Ebert-Straße. Doch der städtische Eigenbetrieb hat ein Problem: Er hat kaum Eigenmittel. Die Rekordinvestitionen müssen auf Pump gemacht werden. Allein aus dem Programm bis 2019 muss der Kis 173 Millionen Euro über Kredite finanzieren. Der Rest kommt aus Zuschüssen der Stadt, Grundstücksverkäufen und Fördermitteln.

Exner: "Irgendwann muss man sich Sorgen machen"

Bis Ende 2019 wird sich der Schuldenstand des kommunalen Eigenbetriebs auf mehr als 350 Millionen Euro erhöhen – etwa dreieinhalb Mal so viel wie im Jahr 2010. Davon entfallen mehr als 120 Millionen Euro auf das Schulbauprogramm. Langfristig sehe er das kritisch, so Kämmerer Exner. Im Moment seien die Kredite wegen der niedrigen Zinsen günstig, das müsse aber nicht ewig so bleiben. „Irgendwann muss man sich Sorgen machen.“ Immerhin werden auf jeden Potsdamer am Ende des Jahrzehnts etwa 2200 Euro Schulden des Kis entfallen. Deshalb müsse sich der Kis auch jede Kreditaufnahme von der Kommunalaufsicht des Landes absegnen lassen. Und das gehe nur, wenn man nachweise, dass die Investitionen „unabdingbar und unaufschiebbar“ sind.

Über kurz oder lang belasten die hohen Kredite auch den Haushalt der Stadt. Denn sie muss die Gebäude beim Kis mieten. Mehr Gebäude kosten am Ende auch mehr Miete. Allein in diesem Jahr werden dafür etwa 1,8 Millionen Euro mehr fällig als ursprünglich gedacht. Und bis zum Jahr 2019 werden die Zahlungen der Stadt für Mieten und Betriebskosten an den Kis acht Millionen Euro über dem Planungsansatz aus dem vergangenen Jahr liegen.

Alles auf den Prüfstand

Die wachsenden Kosten muss die Stadt gegenfinanzieren. Für dieses Jahr sei das aus dem laufenden Haushalt möglich, so Exner. Unklar sei dagegen, wie in den kommenden Jahren damit umgegangen werde. Das müsse diskutiert werden, wenn der Doppelhaushalt für die Jahre 2017/2018 aufgestellt werde. Man müsse „alles auf den Prüfstand“ stellen. Für die Finanzierung des Schulentwicklungsplans 2014 hatte die Stadt unter anderem die Grundsteuer erhöht.

Möglich scheint, dass weitere Steuererhöhungen folgen. Denn Potsdam wächst schneller als angenommen – und außerdem anders als gedacht, so Petra Rademacher, die in der Stadtverwaltung den Bereich Bildung und Sport leitet. Besonders im Norden und in Babelsberg steige der Bedarf an Schulplätzen deutlicher als angenommen. Wie man damit umgeht, soll zunächst mit der AG Schulentwicklung besprochen werden. Ergebnisse werden im März erwartet. Exner rechnet mit Mehrkosten im „deutlich zweistelligen Millionenbereich“.

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