Klinikum "Ernst von Bergmann" in Potsdam: Schubert steht zu Tariflohn – aber noch ein Beschluss nötig
Potsdams Oberbürgermeister widerlegt seine Beigeordnete: Tarif für mehr als 500 Mitarbeitende bei Bergmann-Töchtern möglich – wenn Stadtverordnete das "öffentliche Interesse" daran beschließen. Das soll bald geschehen.
Potsdam - Im Ringen um die Einführung des Tarifs des öffentlichen Dienstes (TVöD) bei den Tochterunternehmen des kommunalen Klinikums "Ernst von Bergmann" hat Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) erneut versichert, dass der Beschluss der Stadtverordneten umgesetzt wird. Dies werde aber "länger dauern als wir alle gedacht" haben, sagte Schubert am Mittwochabend im Hauptausschuss. Denn um die Tarifzahlung für mehr als 500 Mitarbeitende mit der Kommunalverfassung in Einklang zu bringen, müssten die Stadtverordneten beschließen, dass TVöD-Lohn im öffentlichen Interesse liege. Das soll im März geschehen.
Mit Tariflohn werden Leistungen wesentlich teurer
Die Kommunalverfassung sieht in Paragraf 91, Absatz 3, ganz klar vor, dass Städte und Gemeinden Leistungen, die private Anbieter wirtschaftlicher erbringen können als kommunale, dann an diese übertragen müssen. Im Fall der Töchter für Service und Catering des Bergmann-Klinikums werden nach TVöD-Rückkehr deren Leistungen definitiv deutlich teurer sein als die privater Unternehmen, die nur Mindestlohn zahlen.
Allerdings lässt sich der Grundsatz aushebeln, so erläuterte Schubert im Ausschuss, wenn die Stadtverordneten "eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde im öffentlichen Interesse für erforderlich" halten. Im März soll dieser Beschluss fallen - er müsse jedoch auch gut begründet sein, so der Oberbürgermeister. Zudem gebe es bislang nicht viele solche Beschlüsse im Land, die Kommunalaufsicht werde diesen sicher prüfen müssen.
Wichtige Gründe, als Kommune mehr zu bezahlen für Catering und Service im Klinikum als Mindestlohn, gebe es, so Schubert. Es gehe um eine sozialpolitische Frage, zudem sei der Tariflohn ein wichtiger Standortfaktor, wenn es um die Gewinnung und die Unternehmensbindung guter Arbeitskräfte gehe. Betroffen sind rund 540 Mitarbeitende.
"Die Verwaltung steht zum Beschluss"
Mit seinen Aussagen musste Schubert auch eine Äußerung von der zuständigen Beigeordneten und Klinikum-Aufsichtsratschefin Brigitte Meier (SPD) von vor zehn Tagen wieder einfangen: Meier war vom TVöD-Beschluss abgerückt und hatte sich für einen regionalen Tarifvertrag stark gemacht. Sonst müssten die zwei Tochtergesellschaften möglicherweise abgewickelt werden. Mit drohendem Personalabbau hatte im vergangenen Jahr auch der nunmehr regulär für fünf Jahre verpflichtete Klinikumchef Hans-Ulrich Schmidt argumentiert.
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Schubert will davon aber nichts wissen. Er wiederholte sein Mantra zur Tarifrückkehr - "wer A sagt, muss auch B sagen" - und fügte hinzu: "Die Verwaltung steht zu dem Beschluss." Auch das Krankenhausentwicklungsgesetz des Landes sehe die Kommune als Gesellschafter in einer finanziellen Pflicht, wenn ein städtisches Krankenhaus mit den Leistungen, die es für die Kommune erbringe, in wirtschaftliche Schieflage gerät. Die Stadtverordneten haben bekanntlich beschlossen, die Mehrkosten des Tariflohns wenn nötig aus der Stadtkasse auszugleichen. Schubert wiederholte: "Wenn das Klinikum nicht alles finanzieren kann, muss der Gesellschafter dafür gerade stehen."
Teuer wird es für Potsdam vermutlich ohnehin. 13,7 Millionen Euro Tarif-Mehrkosten könnte die Stadt jährlich übernehmen müssen. Davon entfallen 3,4 Millionen Euro auf die Tarifrückkehr der beiden Tochtergesellschaften.