Corona-Affäre in Potsdam: Schubert entscheidet heute über Klinik-Chefs
Wird die Klinikum-Geschäftsführung heute mit sofortiger Wirkung beurlaubt? Der Hauptausschuss debattierte bis nach Mitternacht darüber. Am Nachmittag will sich Oberbürgermeister Schubert (SPD) äußern.
Potsdam - Potsdams Stadtpolitik will in der Corona-Affäre Aufklärung und Konsequenzen - wie diese genau aussehen sollen, darüber konnten sich die Stadtverordneten im Hauptausschuss nicht einig werden. Von etwa 19 Uhr bis nach Mitternacht wurde debattiert. Nach PNN-Recherchen gab es kein einheitliches Meinungsbild, ob beide Geschäftsführer des Klinikums "Ernst von Bergmann" wie vom Aufsichtsrat empfohlen mit sofortiger Wirkung beurlaubt werden sollen.
Dies soll vor allem daran gelegen haben, dass viele Stadtverordnete den Vorsitzenden der Geschäftsführung Steffen Grebner deutlich stärker in der Verantwortung sehen als die medizinische Geschäftsführerin Dorothea Fischer, die den Posten erst seit einigen Monaten inne hat. So würden viele Stadtverordnete Fischer offenbar gern nicht beurlauben, Grebner jedoch auf jeden Fall, was aber schwierig erscheint - denn die Geschäftsführung agiert und verantwortet ihr Handeln gemeinschaftlich.
Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) sagte den PNN nach der Sitzung, er habe ein mündliches Votum des Ausschusses erhalten, das in seine Entscheidung einfließen werde. Eine Abstimmung gab es nicht. Die Entscheidung soll am heutigen Donnerstag fallen und verkündet werden. Für 17 Uhr wurde eine Pressekonferenz anberaumt. Schubert trifft die Entscheidung als alleiniger Gesellschaftervertreter des kommunalen Klinikums, alle anderen Gremien können nur empfehlen.
Nach letzten PNN-Informationen will Schubert die Klinikchefs beurlauben und dies sofort vollziehen - dann müssten Grebner und vielleicht auch Fischer ihre Plätze vorerst räumen. Die Beurlaubung soll zunächst für sechs Monate ausgesprochen werden, bei vollen Bezügen.
Kommission soll Verantwortung der Klinikleitung prüfen
In dieser Zeit soll eine Untersuchungskommission die Verantwortung der Klinikleitung für den schweren Corona-Ausbruch in dem Krankenhaus untersuchen. Seit dem 26. März sind dort 39 Covid-19-Patienten gestorben. Mehr als 200 Krankenhaus-Mitarbeiter sind infiziert, für das Klinikum gilt seit dem 1. April ein Aufnahme- und Verlegungsstopp. Geschäftsführer Grebner hatte einen Monat nach dem Virusausbruch nun Fehler eingeräumt. Er hatte am Samstag, dem 18. April, mitgeteilt, der Ausbruch sei zu spät erkannt worden, weshalb das Klinikum nicht adäquat reagiert habe. Der Geschäftsführer bedauert in der Erklärung die Fehler und verspricht Aufarbeitung und Konsequenzen. Die Stadtpolitik überzeugte das nicht, der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Pete Heuer (SPD) bezeichnete die Erklärung als "Farce".
Die Untersuchungskommission soll von Ex-Landesgesundheitsministerin Anita Tack (Linke) geleitet werden. Die 69-Jährige soll nach dem Wunsch von Oberbürgermeister Schubert auch die Mitglieder für die Kommission auswählen. Da eine offizielle Entscheidung noch nicht vorliege, äußerte Tack, die ab 2009 fünf Jahre Ministerin war, sich am Mittwoch auf PNN-Anfrage zunächst nicht. Die frühere Landtagsabgeordnete aus Potsdam zählt zu den erfahrensten Politikerinnen ihrer Partei.
Welche Rolle spielte das Rathaus?
Ein Antrag der CDU, wonach eine zweite unabhängige Kommission klären sollte, ob und inwieweit es auf Seiten der Stadt, die gleichzeitig Gesellschafterin des Klinikums und Fachaufsichtsbehörde ist, mögliche Verfehlungen in der Corona-Affäre gegeben hat, wurde durch die rot-grün-rote Rathauskooperation mehrheitlich abgelehnt. Das gleiche gilt für einen Antrag der Fraktion Die Andere, die eine außerordentliche Kündigung des Vorsitzenden der Geschäftsführung Grebner forderte.
Staatsanwaltschaft prüft Ermittlungen
Seit gut einer Woche prüft die Staatsanwaltschaft Potsdam, ob aufgrund einer Strafanzeige gegen die Klinikleitung und Ärzte Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung aufgenommen werden müssen. Die Strafanzeigen gestellt hat die Deutsche Stiftung Patientenschutz. Die Stiftung ist nach eigenen Angaben die deutschlandweit einzige unabhängige Patientenschutzorganisation für schwerstpflegebedürftige, schwerstkranke und sterbende Menschen. Sie werde ausschließlich aus Spenden finanziert.
Die Staatsanwaltschaft prüft bereits, ob der Anfangsverdacht für das Vorliegen einer Straftat wegen Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz besteht und gegen die Klinikleitung ermittelt werden muss. Die Stadt Potsdam hatte Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen drei Ärzte und die Klinikleitung eingeleitet und die Justizbehörde um Klärung gebeten.
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