Corona-Ausbruch im "Bergmann": Klinikum räumt Versäumnisse ein
Schon 37 Patienten sind tot. Jetzt gesteht die Klinikum-Geschäftsführung ein, die "kritische Entwicklung" beim Ausbruch des Virus "nicht ausreichend erkannt" zu haben.
Potsdam - In der Corona-Affäre hat das Potsdamer Klinikum "Ernst von Bergmann" jetzt erstmals Fehler und Versäumnisse im Umgang mit dem Ausbruch des gefährlichen Virus im 1100-Betten-Krankenhaus eingestanden. In einer am Samstagnachmittag veröffentlichten Pressemitteilung räumt das Unternehmen der Landeshauptstadt ein, den Ausbruch zu spät erkannt und deshalb nicht adäquat reagiert zu haben. Klinikum-Geschäftsführer Steffen Grebner bedauert in der Erklärung die Fehler und verspricht Aufarbeitung und Konsequenzen.
"Nicht ausreichend erkannt"
Wie die PNN seit anderthalb Wochen berichten, hat es im Bergmann-Klinikum bei der Corona-Prävention und dem Management des Ausbruchs Missstände und Versäumnisse gegeben. Nun bestätigt das Klinikum selbst: "Im Zeitraum vom 13. bis 26. März ist im Klinikum Ernst von Bergmann eine kritische Entwicklung im Rahmen der Corona-Pandemie nicht ausreichend erkannt worden", heißt es in der Erklärung. "Dabei sind tatsächlich nachgewiesene und registrierte Infektionen bei einzelnen Mitarbeitern nicht in einen inhaltlichen Zusammenhang gebracht und tiefgreifend analysiert worden." Dies betreffe insbesondere die Bereiche Nephrologie, Urologie, Geriatrie und Allgemeinchirurgie. Bei einem anderen Herangehen "hätten im Rückblick unter Umständen noch fundiertere Entscheidungen getroffen werden können". Die Geschäftsführung bedauere dies sehr.
Zugleich verweist das Unternehmen darauf, dass die "betroffenen Mitarbeiter sich unmittelbar nach einem positiven Befund in häusliche Quarantäne begeben" hätten, um "Patienten und Kollegen zu schützen".
Stadt musste mit Zwangsgeld drohen
In den vergangenen Tagen hatte das Klinikum erst nach mehrfachen Anordnungen sowie einer Zwangsgelddrohung der Stadt und einem Aufsichtsgespräch im Gesundheitsministerium Daten an das Gesundheitsamt übergeben, die die Patientenbewegungen und Arztkontakte ab Mitte März dokumentieren. Wie berichtet, wollte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) auf einer Aufsichtsratssitzung personelle Konsequenzen gegen die Klinikumleitung durchsetzen, wobei die Sitzung in der Nacht zum Samstag ohne Ergebnis abgebrochen wurde. Sie soll am Dienstag fortgesetzt werden. Während das Klinikum am Samstag die Erklärung versendete, musste Grebner dem Hauptausschuss der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung in nicht-öffentlicher Sitzung Rede und Antwort stehen.
Jetzt wird Bergmann-Geschäftsführer Grebner in der Pressemitteilung so zitiert: „Wir stellen uns als Geschäftsführung unserer Verantwortung", so der EvB-Manager. "Wir haben für das Misstrauen des Gesundheitsamtes und des Oberbürgermeisters absolut Verständnis – auch für Verfügungen und Anordnungen." Grebner verspricht: "Wir werden etwaige Versäumnisse – insbesondere im Zeitraum vom 13. bis 26. März – transparent aufarbeiten und aktiv informieren."
Wie berichtet, hatte das Klinikum auch einen präzisen PNN-Fragenkatalog genau zu diesem Zeitraum bisher nicht beantwortet, der sich besonders mit der Lage auf der Geriatrie befasste, dem Epizentrum des Ausbruchs. Dort werden hochbetagte Menschen mit Vorerkrankungen behandelt, die als Hauptrisikogruppe gelten. „Soweit in Teilen der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden ist, das Klinikum habe bewusst entscheidende Informationen zurückgehalten, so ist dies falsch", so Grebner. Dennoch werde das Klinikum die "Kommunikationsstrategie kritisch hinterfragen", besonders weil aufgrund der aktuellen Diskussionen der "selbstlose, unermüdliche und verantwortungsvolle Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Hintergrund getreten" sei.
Im Bergmann-Klinikum sind seit dem 26. März inzwischen 37 mit dem Virus infizierte Menschen verstorben. Der erste von ihnen starb auf der Geriatrie - erst nach seinem Tod wurde die Infektion mit dem Coronavirus erkannt. In der Erklärung geht das Bergmann auf die Toten mit keinem Wort ein.
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