Keine „Zwarte Pieten“ beim Sinterklaas-Fest in Potsdam: Schöne Bescherung
Das Rathaus Potsdam fördert den Auftritt des "Zwarten Piets" beim diesjährigen Sinterklaas-Fest nicht. Für diese Entscheidung gibt es von mehreren Seiten Zuspruch - und auch Kritik.
Potsdams Oberbürgersmeister Jann Jakobs (SPD) hat die Entscheidung, den Auftritt des „Zwarten Piet“ beim holländischen Adventsmarkt in diesem Jahr nicht mehr mit Geldern der Stadt zu fördern, am Dienstag verteidigt. Zugleich äußerten mehrere Seiten Zuspruch.
Sinterklaas-Fest wird gefördert, der "Zwarte Piet" aber nicht
Seit den Rassismus-Debatten um den „Zwarten Piet“ und den Protesten im vergangenen Jahr habe Jakobs dem Förderverein zur Pflege niederländischer Kultur in Potsdam, der das Sinterklaas-Fest abhält, mehrfach deutlich gemacht, dass es für die vom Verein engagierte Darstellergruppe aus Holland für den „Zwarten Piet“ kein Geld gibt, hieß es aus dem Rathaus. Grund ist die unter Rassismusverdacht stehende Darstellung der schwarz geschminkten Helfer des niederländischen „Sinterklaas“. Bei der Entscheidung ließ sich das Rathaus von mehreren Professoren der Universität Potsdam beraten. In Gesprächen mit dem Verein sei nach Lösungen gesucht worden – etwa durch eine andere als die schwarze Schminke –, denen sich der Verein mit Verweis auf die Tradition verweigert habe, sagte ein Stadtsprecher. Der Förderstopp sei eine deutliche Antidiskriminierungsmaßnahme.
Der Verein stellte trotz der klaren Ansagen einen Förderantrag und blitzte, wie von der Stadt angekündigt, ab. Die Stadt Potsdam könne Gelder für freiwillige öffentliche Leistungen nur zahlen, wenn sie ein erhebliches Interesse an den Inhalten des geförderten Projekts habe, hieß es. Genau das stehe durch die anhaltenden Debatten um den „Zwarten Piet“ infrage. Gefördert wird das Fest trotzdem – aber nicht der Auftritt des „Zwarten Piet“.
Der "Zwarte Piet" ist nicht grün
Fördervereinschef Hans Göbel bedauerte die Entscheidung und sagte: „Wir jammern aber nicht.“ Göbel will an der traditionellen Darstellung des „Zwarten Piet“ festhalten, räumte aber ein, dass es durchaus rassistische Elemente in der Figur gebe. Sein Verein habe aber sehr darauf geachtet, dass diese in Potsdam nicht betont würden. Ein Kompromiss, die Figuren nicht schwarz, sondern grün oder rot zu bemalen, sei nicht möglich gewesen. „Der ,Zwarte Piet‘ ist der ,zwarte Piet‘ und nicht der grüne“, sagte Göbel. „Sie lassen ja auch den Weihnachtsmann nicht in Badelatschen laufen.“ Andere Finanzierungsmöglichkeiten für die Darsteller gibt es laut Göbel nicht. Auch sei sein Verein zu klein, um das Fest alleine zu stemmen, weshalb ein neuer Antrag bei der Stadt über 16 000 Euro eingereicht wurde. 2014 erhielt der Verein aus städtischen Mitteln 8000 Euro. Jetzt soll es laut Fördervereinschef Göbel am zweiten Adventswochenende lediglich einen niederländischen Adventsmarkt geben – mit Geld der Stadt, aber ohne die süßigkeiten-verteilenden Sinterklaas und „Zwarten Piet“.
Boede: Es gibt gute Gründe, mit Traditionen zu brechen
Der Potsdamer Migrantenbeirat begrüßte das Vorgehen des Rathauses. Es habe viele Gespräche dazu im Afrikarat Berlin-Brandenburg und mit dem Verein Opferperspektive gegeben, sagte die Vorsitzende des Beirates, Diana González Olivo. „Wenn eine Gruppe sich besonders betroffen fühlt, muss man versuchen, die Hand auszustrecken und einen Kompromiss zu finden.“ Dies sei aber nicht gelungen. Menschen mit afrikanischen Wurzeln würden sich durch den „Zwarten Piet“ vorgeführt fühlen. Lutz Boede, Mitglied im Migrantenbeirat und prominentes Mitglied der Wählergruppe Die Andrere, warf Göbel vor, kein Interesse an einer vernünftigen Lösung gehabt und „das Ganze ins Lächerliche gezogen“ zu haben. Göbels Hinweis auf die Tradition des Sinterklaas in Holland ließ Boede nicht gelten. „Es war in Deutschland auch mal Tradition, seine Frauen und Kinder zu schlagen. Wir leben im 21. Jahrhundert und es gibt gute Gründe, mit Traditionen zu brechen“, sagte Boede.
Potsdams SPD-Fraktions- und Stadtparteichef Mike Schubert nannte den Förderstopp nachvollziehbar, dies sei aber keine Entscheidung gegen das Fest. Schubert wies darauf hin, dass viele Kulturprojekte, die nicht umstritten sind, in Potsdam Probleme mit der Finanzierung hätten. Auch die Grünen begrüßten die Entscheidung des Rathauses. „Die Haltung der Stadt Potsdam ist goldrichtig“, sagte Kreisparteichefin Frauke Havekost. „Rassistische, stereotype und als diskriminierend empfundene Bilder, wie wir sie von den ,Zwarten Pieten‘ kennen, dürfen nicht Tradition bleiben – und insbesondere auch nicht öffentlich gefördert werden.“ Grünen-Ko-Chef Nils Naber würdigte das Engagement des Vereins für das Holländische Viertel. „Den Verein kann man nur darin bestärken, das Fest auch in veränderter Form weiterzuführen.“
Peter Schultheiß von den Potsdamer Demokraten sagte hingegen, das Sinterklaas-Fest habe sich mit 25 000 Besuchern zu einer Tradition in Potsdam entwickelt. Damit hätten „die arg gebeutelten Einzelhändler des Holländischen Viertels“ Einbußen durch das Sonntagsverkaufsverbot ausgleichen können. Sollte Jakobs den Rassismusvorwurf teilen, „dann sollte er Karnevalssitzungen, in denen sich die Narren als Beduinen, Indianer oder Neger verkleiden, auch nicht mehr besuchen“.
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