Barockspektakel in Sanssouci: Schlössernacht in Potsdam mit Lasershow statt Feuerwerk
Musik, Theater und Literatur bietet die Schlössernacht zum ersten Mal an zwei Abenden, am Freitag und am Samstag. Das Feuerwerk allerdings wird durch eine Musik- und Lichtshow ersetzt
Potsdam - Im Park Sanssouci werden derzeit 13 Kilometer Kabel und viereinhalb Kilometer Lichterketten verlegt: Die Vorbereitungen zur 20. Potsdamer Schlössernacht laufen seit Sonntag auf Hochtouren – 150 Menschen sind am Aufbau von Bühnen, Licht und Technik beteiligt. Zum Jubiläum soll es extravagant werden, ein Sommernachtstraum in barocker Kulisse. Der Titel verspricht „Extravaganza!“. Nur das Feuerwerk, das traditionell den krönenden Abschluss der Veranstaltung darstellt, kann aufgrund der Brandgefahr durch Dürre nicht wie geplant stattfinden. Stattdessen soll es eine Licht- und Musikshow geben, ein „Feuerwerk des Lichts“, wie der künstlerische Leiter Marcus Mechelhoff den PNN sagte.
Der neue Veranstalter
Nach dem Erfolg der ersten Jahre hatte das Spektakel Schlössernacht zuletzt eine Flaute erlebt. Nun hat sich vieles verändert. Peter Schwenkow von der Deutschen Entertainment AG hat, gemeinsam mit mediapool und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG), die Organisation übernommen. In diesem Jahr wird die Schlössernacht zum ersten Mal an zwei Abenden, am Freitag und am Samstag, auf einem kleineren Areal rund um das Schloss Sanssouci und die Orangerie stattfinden. Zudem sind die Tickets mit 39 Euro (29,25 Euro ermäßigt) deutlich günstiger geworden. Unter der künstlerischen Leitung von Mechelhoff wurde ein neues Konzept erarbeitet. Mindestens 25 000 Tickets sind laut Veranstalter bislang verkauft worden, möglich wären insgesamt 40 000 Besucher an beiden Abenden. Derzeit dürften also noch viele Tickets zu haben sein.
Musik und Theater
Sie werden buchstäblich aus dem reichhaltigen Theater- und Musikprogramm herausragen: Drei übergroße Diven der französischen Gruppe „Transe Express“ laden in der Hauptallee des Schlossparks zum Tanz. Trommler begleiten die sechs Meter hohen, puppenähnlichen Damen. Als menschliches Mobilé war die Künstlergruppe aus Frankreich schon im vergangenen Jahr dabei. Die Musiker von „Cie Aquacoustique“, ebenfalls aus Frankreich, musizieren im Wasser der Fontäne am Oranierrondell. Dabei greifen sie zu ungewöhnlichen Instrumenten, die Rhythmen entstehen auf Rudern und Gießkannen. Ein musikalischer Höhepunkt ist laut den Veranstaltern auch Joe Löhrmann mit seinem fahrbaren Klavier. Er spielt auf der Wiese gegenüber der Parkgärtnerei.
Prominente Vorleser
Es wird viel gelesen bei diesen zwei Schlössernächten: Prominente aus Film und Fernsehen präsentieren literarische Werke mit lokalem Bezug in historischem Ambiente. Neben dem prominenten Schirmherrn der Veranstaltung Max Moor sind die Schauspieler Ulrich Noethen und Robert Stadlober zu Gast. Gemeinsam lesen sie aus dem Briefwechsel Friedrich des Großen mit Voltaire – Tickets für den Raffaelsaal gibt es jedoch leider nicht mehr; ebenso bereits vergriffen sind die Tickets für die Lesung von Martina Gedeck aus Heinrich von Kleists „Die Marquise von O“ im Raffaelsaal. Ohne Tickets zugänglich sind die Lesungen von Max Moor aus Joseph Roths „Die Legende vom Heiligen Trinker“, von Katharina Thalbach, die Gedichte und Prosatexte von Joachim Ringelnatz vorträgt, sowie von Katja Riemann, die aus „Die Jüdin von Toledo“ liest.
Speisen und Getränke
Für das Catering ist wie vergangenes Jahr die Firma Ketering GmbH zuständig. An insgesamt 70 Ständen werden Spezialitäten aus Argentinien, Mexiko, Italien, Spanien und Frankreich serviert. „Doch auch die klassische Bratwurst gehört zum Angebot. Das Augenmerk liegt auf der Vielfalt“, sagt Chef Michael Wiegner. Wiegner ist dieses Jahr das zweite Mal für die Organisation des Caterings zuständig. Nach dem es zuletzt Kritik gegeben hatte, dass die Wege zwischen den Versorgungspunkten zu weit seien, habe man versucht, es dieses Jahr besser zu machen: Einheitliche Plastikbecher, die überall auf dem Gelände wieder abgegeben werden können, sollen dem Problem entgegenwirken – das Lustwandeln sei nun auch mit Becher möglich. Drei bis vier Bars seien ebenfalls vertreten, unter anderem das „Goldstaub Barcatering“ und das „Colonial Café“. „Die Potsdamer Gastronomie wurde eingeladen“, sagt Michael Wiegner.
„Es geht um die leisen Geschichten“
Waren Sie schon einmal bei der Potsdamer Schlössernacht?
Ich war schon zweimal vor einigen Jahren dort. Mehr war leider nicht drin, weil ich am Wochenende für die ARD-Sendung „titel, thesen, temperamente“ unterwegs bin. Ich war beide Male sehr beeindruckt und bin ein großer Fan der Potsdamer Schlössernacht. Ich finde, es ist eine tolle Idee, diesen Park zu bespielen, zu beleben. Man kann dort im besten Sinne des Wortes lustwandeln.
Wie haben Sie als Schirmherr die Prominenten überzeugt, bei der Schlössernacht zu lesen?
Ich weiß bis heute nicht, was ein Schirmherr eigentlich ist. Der Schirmherr ist nur der Schirmherr – nicht der Programm- Macher.
Warum haben Sie sich für den Text von Joseph Roth entschieden?
Wir haben herumgesucht, was man denn in Potsdam lesen kann. „Die Legende vom Heiligen Trinker“ von Joseph Roth ist ein sehr schöner Text. Da ist Humor drin, da ist Philosophie drin. Es ist auch ein Text über die menschlichen Schwächen und das Schicksal. Das Schicksal, das es immer wieder gut mit uns meint, während wir das gut Gemeinte nicht wahrnehmen. Obwohl am Ende die Hauptfigur stirbt, hat die Geschichte ein Happy End. Und das muss man als Autor erstmal hinkriegen.
Warum finden die Lesungen überhaupt im Rahmen der Schlössernacht statt? Könnten die Lesungen nicht auch als Programm für sich stehen?
Vieles, was bei der Schlössernacht stattfindet, könnte auch für sich stehen. Doch die Schlössernacht hat einen ganz besonderen Reiz. Entweder liest man das Programm und geht ganz gezielt zu einzelnen Programmpunkten – oder man lässt sich einfach treiben, so wie ich. Man hält sich mit vielen, vielen Menschen in diesem wunderschönen Schlosspark auf. Dann gibt es hier was zu schauen, dann gibt es dort etwas zu hören. Es findet hier ein kleines Konzert statt, dann wandern plötzlich Figuren umher. Es ist dieses Treibenlassen, Lustwandeln und Entdecken, das ich so schön finde. Da passen die Lesungen meines Erachtens hervorragend hinein. Das Grundkonzept fordert selbst nicht die große Sensation. Es gibt nicht eine große Bühne, wie bei anderen Open-Air-Veranstaltungen, sondern viele kleine. Hier geht es darum, die leisen Geschichten stattfinden zu lassen. Wer es zufällig mitbekommt, hat es gesehen. Wenn nicht, ist es auch gut. Denn dann haben es andere gehört oder gesehen.
Das Interview führte Sophie Skeisgerski
Max Moor (60) ist Moderator, Autor und Schauspieler. Dieses Jahr trägt er zum literarischen Programm der Schlössernacht bei. Er liest „Die Legende vom heiligen Trinker“ von Joseph Roth.
Sophie Skeisgerski, Anna Köhler
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