Forscher fordern vor UN-Gipfel Kohle-Ausstieg: Schellnhuber: Die nächste Eiszeit fällt aus
Vor dem UN-Klimagipfel in Paris schlagen Forscher schon Alarm. Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, warnt vor den Folgen des Klimawandels. Selbst die nächste Eiszeit könnte ausfallen, wenn sich nichts ändert.
Potsdam/München - Die nächste Eiszeit fällt nach Ansicht des renommierten Klimaforschers Hans Joachim Schellnhuber aus. Grund sei die vom Menschen gemachte Klimaerwärmung. Ohne Einwirkung des Menschen stünde die nächste Vergletscherung weiter Teile der Erde nach den Gesetzen der kosmischen Mechanik in etwa 60 000 Jahren an, sagte der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zur Eröffnung des 9. Münchner Klimaherbstes.
Durch die Verfeuerung fossiler Energieträger seit Beginn der industriellen Revolution seien bereits 500 Gigatonnen Kohlenstoff zusätzlich in die Atmosphäre eingebracht worden. Diese Menge reiche aus, um die nächste Kälteperiode zu verhindern. „Der Mensch ist bereits eine so starke geologische Kraft geworden, dass er sogar Eiszeiten unterdrücken kann“, sagte Schellnhuber im Vorfeld des UN-Klimagipfels in Paris. Bei der Konferenz (30.11.– 11.12.) soll ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll ausgehandelt werden.
Mehr als zwei Grad: Klimasystem gerät außer Kontrolle
Schellnhuber warnte vor einer Erwärmung der Erde über zwei Grad Celsius. Jenseits davon gerate das Klimasystem völlig außer Kontrolle. Bereits eine Erwärmung bis zu zwei Grad bedeute, dass der Meeresspiegel langfristig um schätzungsweise sechs Meter ansteige und viele Ökosysteme wie die Korallenriffe zerstört würden. „Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.“ Oberhalb dieser Grenze sei „kein Halten mehr“. Bei „business as usual“ werde sich die Erde im 21. Jahrhundert um vier bis fünf Grad erwärmen, mit katastrophalen Folgen. Falls die Menschheit den bisherigen Wachstumspfad weiter verfolge und alle fossilen Reserven verfeuere, sei sogar mit einer Erwärmung um mindestens acht Grad zu rechnen. Dann würden selbst die gigantischen Eismassen der Ostantarktis abtauen.
Auch PIK-Chefökonom Ottmar Edenhofer hat vor einem Scheitern des Klimagipfels in Paris gewarnt. „Das erklärte Ziel der Staatengemeinschaft, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, werden wir bei diesem Klimagipfel wohl kaum erreichen“, sagte er dem „Handelsblatt“. Mehr als einen diplomatischen Erfolg erwartet er nicht von Paris. Edenhofer, der im Weltklimarat (IPCC) als Co-Vorsitzender einer Arbeitsgruppe eine zentrale Rolle spielt, kritisierte das Vorgehen der internationalen Staatengemeinschaft für den Klimaschutz. In Kyoto sei es noch um ein weltweites Klimaschutzabkommen gegangen, das aber inzwischen gescheitert sei. „Jetzt geben wir uns damit zufrieden, dass die einzelnen Länder selbst festlegen, was sie an Treibhausgasen zu reduzieren bereit sind.“
Kohle-Renaissance sei dramatisch
Die sich abzeichnenden Selbstverpflichtungen der Staaten seien ungenügend, bemängelte Edenhofer. „Was die Länder anbieten, geht kaum über das hinaus, was sie ohnehin machen würden. Das reicht aber nicht. Uns läuft die Zeit davon.“ Heftig kritisierte er die Rückkehr zur Kohle. Es seien weltweit über 1000 Gigawatt neue Kapazitäten für Kohlekraftwerke geplant. „Statt den Kohle-Ausstieg einzuleiten, der zur Klimastabilisierung unumgänglich ist, erleben wir derzeit eine Kohlerenaissance. Das ist dramatisch“, sagte Edenhofer. (AFP)
Georg Etscheit
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