SPD und Linke: Scharfe Kritik an CDU im Garnisonkirchen-Streit
In der CDU habe der Orientierungssinn gelitten: So lautet einer der Vorwürfe gegen die Partei, nachdem CDU-Vertreter den Vorschlag des Oberbürgermeisters zum Kirchenschiff kritisiert hatten.
Potsdam - In der Debatte um den Wiederaufbau der Garnisonkirche und den möglichen Erhalt des Rechenzentrums haben die Potsdamer Fraktionen von Linken und SPD die CDU scharf angegriffen. „Offenbar hat in der CDU der Orientierungssinn gelitten, denn sie diskreditiert den Vorschlag des Oberbürgermeisters zu einer offenen Debatte um die Gestaltung des Ortes als ,rückwärtsgewandt’, während sie ihren eigenen Einsatz für ein historisches Kirchenschiff als ,progressiv’ bezeichnet“, kritisierte Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg in einer Erklärung vom Montag. Dabei gelte im normalen Sprachgebrauch die Orientierung an Vergangenem als „rückwärtsgewandt“, während die Suche nach neuen Lösungen als „progressiv“ gelte, fügte Wollenberg hinzu.
Wie berichtet hatte die CDU ihren Antrag für ein historisches Kirchenschiff am Turm der Garnisonkirche zurückgezogen, um in dem Punkt eine Abstimmungsniederlage zu vermeiden. Danach hatte die Union in sozialen Netzwerken gerade den Vorschlag von Rathauschef Mike Schubert (SPD) als „rückwärtsgewandt, polarisierend und ausgrenzend“ kritisiert, der auf dem Areal des Ex-Kirchenschiffs eine noch nicht näher definierte Art Gedenk-, Lern- und Jugendstätte mit modernem Antlitz entwickeln will – als Bruch mit der Geschichte der einstigen Militärkirche. Dazu stellte Potsdams SPD-Fraktionschefin Imke Eisenblätter am Montag in Richtung CDU fest: „Es wäre gut, sich endlich dem Dialog zu stellen, statt die Stimmung weiter zu vergiften.“ Wer Angebote zum Dialog „immer wieder ausschlägt, nur um sich als konservative Opposition zu profilieren, beraubt sich am Ende doch selbst der Chance, mitzugestalten.“ Linke-Frontmann Wollenberg kritisierte: „Demokratie ist auch die Fähigkeit, deutliche Mehrheiten als solche zu erkennen und zu akzeptieren.“
Anhänger des Wiederaufbaus seien unzureichend repräsentiert gewesen
Doch auch die Seite der Befürworter des möglichst originalgetreuen Wiederaufbaus meldete sich zu Wort. So bemängelte die Sprecherin der Initiative „Mitteschön“, Barbara Kuster, bei der Sondersitzung der Stadtpolitik zum Thema sei die Seite der Anhänger eines originalen Wiederaufbaus unzureichend repräsentiert gewesen. „Das man bei dieser Mischung den Kürzeren zieht, war klar.“ Zu den nicht eingeladenen Akteuren zählte laut Kuster auch die Bürgerinitiative zur Gestaltung der Plantage hinter dem Rechenzentrum. Deren Sprecher Frank Paul erklärte in einer Mitteilung vom Montag, man warne vor einer „ Aufweichung der Beschlüsse“ der ersten demokratisch gewählten Stadtverordnetenversammlung, welche 1990 die Wiederannäherung an den historischen Stadtgrundriss beschlossen hatte. Paul kritisierte mit Blick auf die 1968 gesprengte Garnisonkirche auch eine „erschreckenden Unsensibilität in Hinsicht auf die Unterdrückung der Christen und der Religionsfreiheit unter der DDR-Diktatur“. Den „heute so obsessiv und geradezu verstörend zwanghaft geforderten Bruch, den der OB und seine Befürworter zeigen wollen“ – diesen Bruch habe es schon längst gegeben, erklärte Paul unter anderem mit Blick auf das Wirken der heutigen Nagelkreuzgemeinde an ihrem Standort an der Breiten Straße.
Linksjugend will Turmbau stoppen
Hingegen stellte die Linksjugend Potsdam, die Jugendorganisation der Linken, ihre Ablehnung des Projekts klar: „Die Kirche ist ein historisches Symbol für das preußische Machtstreben und der Versöhnung des deutschen Großbürgertums mit dem Faschismus.“ Aus Sicht der Linksjugend stelle sich „nicht die Frage, wie viel vom Rechenzentrum erhalten bleibt, sondern wann der Turmbau endlich gestoppt wird“. In der Bauruine des Turms könne ein Dokumentationszentrum zur Rolle des Preußentums bei der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 entstehen, so die Linksjugend.