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"Antiurbanes, seelenloses Erscheinungsbild eines Bau- oder Großmarktes“: Potsdams neues Sport- und Freizeitbad blu kann den Architekturkritiker Carsten Sauerbrei nicht überzeugen.
© S. Gabsch

Debatte um neues Bad in Potsdam: Schadensersatz für die blu-Fassade?

Das Potsdamer Rathaus stellt sich auf einen Rechtsstreit um die Fassade des Schwimmbads blu ein. Das sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs beim SPD-Unterbezirksparteitag - und bereitet den Wahlkampf vor.

Wegen der etwas fleckig wirkenden Fassade des neuen Schwimmbads blu wird es „vermutlich juristische Auseinandersetzungen“ mit Baufirmen oder Planern geben. Das erklärte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Samstag beim Kreisparteitag der Potsdamer SPD in der Aula der Lenné-Schule: „Die Fassadenqualität ist nicht so, wie sie hätte sein sollen.“ Es gehe um Schadensersatzansprüche wegen der nicht fachgerecht ausgeführten Arbeiten an der Außenhaut des im Auftrag der kommunalen Stadtwerke errichteten Gebäudes am Brauhausberg. Schon bei der Eröffnung des Bades hatte Stadtwerke-Chef Horst Müller-Zinsius auf Baumängel an der Fassade hingewiesen.

Antrag für schönere Fassade abgelehnt

Anlass für den Redebeitrag von Jakobs war ein Antrag des SPD-Ortsvereins Mitte/Nord, die in den vergangenen Wochen vielfach kritisierte Außenfassade des blu attraktiver zu gestalten, etwa durch eine Begrünung. Zu kühl und abweisend wirke die Fassade, hieß es in dem Antrag. Dagegen verteidigte Jakobs die Architektur des Baus und argumentierte, schon wegen des Urheberrechts der Architekten seien kaum Änderungen möglich. „Die Diskussion kommt zur Unzeit“, so Jakobs. Er erinnerte an das Wettbewerbsverfahren für den Bau mit „breiter Beteiligung“, auch von SPD-Vertretern. Zudem nehme die Form des Bades die geplante dichtere Bebauung von Brauhausberg und Speicherstadt vorweg, so Jakobs: „Man wird das Bad von der Langen Brücke aus irgendwann nicht mehr sehen.“ Dagegen sagte SPD-Mitte-Ortsvereinschefin Sarah Zalfen, beim blu handele es sich um das „Schaufenster unserer Stadt“, hier müsse die Politik ihren Einfluss ausüben. Allerdings: Die Initiative wurde mit einer Mehrheit von 23 zu 17 Stimmen abgelehnt.

Das neue Sport- und Freizeitbad blu haben inzwischen  knapp 19.500 Gäste besucht. Das teilte der Bauherr, die kommunalen Stadtwerke, am Freitag mit. Damit sind seit der Eröffnung am 7. Juni pro Tag mehr als 1200 Besucher für das Bad gezählt worden, trotz zum Teil hochsommerlicher Temperaturen. Die Zahl liegt über der Marge, die die Stadtwerke eigentlich erreichen wollten – gehofft hatte man auf rund 220 000 Gäste bis Jahresende, was pro Tag rund 1000 Gäste bedeutet. Insofern sei die Bilanz gut, sagte Stadtwerkesprecher Stefan Klotz. Rund 52 Prozent hätten nur den Sportbereich besucht, 44 Prozent das Familienbad, der Rest die Sauna.

Nach den Sommerferien kommt das Außenlogo

Das neue 40 Millionen Euro teure Bad war zuletzt wegen seiner äußerlichen Gestaltung in die Kritik geraten (PNN berichteten). Stadtwerke-Sprecher Klotz sagte den PNN, die Fassade könne weder begrünt noch bemalt werden. Die Begründung: „Es handelt sich um eine Kratzputzfassade mit Wärmedämmverbundsystem.“ Auch das Innere des Bades – Kritiker hatten sich an zu kahlen Wänden gestört – bleibe so wie es ist, ohne Kunst oder weitere Farben. „Das Konzept der Architekten ist in jeder Hinsicht abschließend hergestellt“, sagte Klotz. Entworfen hatte den Bau das Büro Gerkan, Marg und Partner – es war das erste Bad der Architekten, die auch den Pannenflughafen BER mitgeplant hatten.

Allerdings solle nach den Sommerferien an der Eingangsseite des Bades ein beleuchtetes Außenlogo angebracht werden, sagte Stadtwerke-Sprecher Klotz. So hatte die Bürgerinitiative Mitteschön kritisiert, von außen sei das blu nicht als Schwimmhalle zu erkennen: „Wenn man keine zusätzlichen Informationen zu dem neuen Bad am Brauhausberg bekommen würde, würde man rätseln, was das ist: Lagerhalle? Kaufhalle? Megacenter?“

Auch die Preise für das Bad bieten noch Diskussionsstoff und sind am kommenden Mittwoch Thema im Hauptausschuss. Fraktionsübergreifend hatten Stadtpolitiker kritisiert, dass die Familientickets nur für zwei Kinder gelten – kinderreichere Familien also extra sieben Euro pro Kind zahlen müssen.

Bundestagswahlkampf dominiert Parteitag

Dominiert wurde der SPD-Parteitag indes vom beginnenden Bundestagswahlkampf. Viel Beifall erhielt die Potsdamer Direktkandidatin Manja Schüle für ihre Rede, in der sie mehrfach CDU-Gegenkandidatin Saskia Ludwig kritisierte. Diese führe einen kommunalpolitischen Wahlkampf – das aber sei ein Ablenkungsmanöver, weil Ludwig und die CDU keinen Plan hätten, wie Deutschland gestaltet werden soll. „Das werden wir ihnen nicht durchgehen lassen.“ Allerdings sprach Schüle auch kommunale Themen an, etwa die testweise Verengung der Zeppelinstraße. Die sieht sie kritisch. Wer den Verkehr in Richtung Innenstadt reduzieren wolle, müsse auf einen attraktiven öffentlichen Nahverkehr setzen statt auf einen sechsmonatigen Feldversuch, sagte Schüle. Zudem müsse man sich gemeinsam mit den Umlandgemeinden etwa für bessere Zugverbindungen einsetzen, so Schüle. Die 40-jährige Büroleiterin von Bildungsminister Günter Baaske ist die Nachfolgerin der langjährigen Bundestagsabgeordneten Andrea Wicklein. Sie soll für die SPD den bei der vergangenen Bundestagswahl verlorenen Potsdamer Wahlkreis 61 von der CDU zurückerobern.

Daher versuchte die Partei Geschlossenheit zu demonstrieren. Unter anderem wurden Beschlüsse gefasst, die Beitragsfreiheit von Bildung – von der Krippe bis zur Hochschule – als Ziel festzuschreiben. In einem weiteren Entschluss hieß es, bei Wohnungsverkäufen durch die Stadt oder die Pro Potsdam müsse künftig den Mietern ein Angebot zum Erwerb der eigenen Wohnung unterbreitet werden. Für den nördlichen Ortsteil Fahrland beschlossen die Genossen, dass zur künftigen Tramstation am Jungfernsee ein Shuttle-Service eingerichtet werden soll. Oberbürgermeister Jakobs kündigte an, dass es schon mit dem Fahrplanwechsel im Dezember Verbesserungen für den schnell wachsenden Ortsteil geben werde. Weitere Beschlüsse betrafen bessere Bedingungen für Radfahrer in Potsdam oder mehr Studentenwohnungen.

Weitgehend verzichtet wurde auf das Thema Oberbürgermeisterkandidatur. SPD-Parteichefin Ulrike Häfner sagte lediglich, diese Frage werde nach der Bundestagswahl entschieden: Bei einer Mitgliedervollversammlung der mehr als 800 Potsdamer Genossen soll am 20. Januar ein Kandidat gekürt werden, der in die Fußstapfen von Jakobs treten soll.

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