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Ideenrunde am Rechenzentrum. Am Samstag lud die „Kulturlobby“-Initiative zum Runden Tisch vor dem DDR-Bau in der Breiten Straße ein. Für die Räume gebe es bereits rund 40 Interessenten aus der Kreativszene. Über die Mietkonditionen will das Netzwerk noch mit der Stadt verhandeln.
© Manfred Thomas

Wie es im Rechenzentrum in Potsdam weitergeht: Runder Tisch für kreative Ideen

Der „Kulturlobby“-Initiative will ein Konzept für das alte Rechenzentrum entwickeln – und auch Musiker einbeziehen. Aber nicht alle können sich die neuen Kreativ-Büros leisten.

Potsdam - Mit einer symbolischen Aktion unter freiem Himmel haben am Samstag Potsdamer Künstler vor dem Rechenzentrum in der Breiten Straße auf die schwierige räumliche Situation für die Kunst- und Kulturszene in der Landeshauptstadt aufmerksam gemacht. Optischer Mittelpunkt des Treffens der rund 50 jungen Leute war ein großer runder, aus mehreren Segmenten bestehender Tisch, an dem man bei strahlendem Sonnenschein Platz nehmen konnte.

Wenn es nach dem Willen der am Samstag versammelten Kreativszene geht, soll das symbolträchtige runde Möbelstück, das im Gegensatz zu so manchem historischen Vorbild wirklich rund ist, möglichst bald im Erdgeschoss des Rechenzentrums Verwendung finden. Der Tisch könnte Herzstück des sogenannten Entwicklungsbüros werden. Von dort aus will man planen, wie sich das einstige DDR-Rechenzentrum in ein Haus für Künstler und die Kreativwirtschaft verwandeln kann. Die Einrichtung dieses Büros ist eine Idee der „Kulturlobby“, einem Netzwerk von Potsdamer Künstlern und anderen Kreativen. Bekanntlich hatte die Stadt vor einigen Wochen angekündigt, das Haus, an dessen Fassade Fritz Eisels markanter Mosaikfries „Der Mensch bezwingt den Kosmos“ zu sehen ist, vorübergehend der Potsdamer Kreativszene zur Nutzung zu überlassen. Wie es mit dem Gebäude langfristig weitergeht, wird auch vom geplanten Bürgerdialog zur Garnisonkirche abhängen. Würde das barocke Gotteshaus in seiner ursprünglichen Kubatur wieder aufgebaut werden, müsste zuvor wenigstens ein Teil des Rechenzentrums weg. Kommt nur der Kirchturm, könnte das Haus theoretisch stehen bleiben.

Für manche Künstler ist die Miete zu hoch

Jetzt aber soll zunächst das teilweise leer stehende Gebäude von Künstlern bevölkert werden. Eine temporäre Nutzung für drei Jahre, anschließend befristet verlängerbar – das sei der Vorschlag der Stadt. Und den wolle man gern annehmen, sagte Kulturlobby-Sprecher André Tomczak am Samstag. Über die Miete muss allerdings noch verhandelt werden. Einen Preis von 10,75 Euro je Quadratmeter – inklusive Betriebskosten – habe die Stadt genannt, erklärte Tomczak. Für manche Künstler sei das zu viel. Die Stadt habe aber bereits Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Das Haus mit einer Nutzfläche von 5 300 Quadratmetern gehört zum Treuhandvermögen des kommunalen Sanierungsträgers und wird in Teilen noch vom Land genutzt. Im Sommer sollen die letzten Büros leergezogen werden. Im benachbarten Zweigeschosser, der ebenfalls zu dem Komplex gehört, werden hingegen wohl noch einige Jahre die Computerserver der Landesverwaltung summen.

Die Nachfrage aus der Kulturszene nach Räumen im Rechenzentrum ist groß: Laut Tomczak gibt es bereits mehr als 40 Interessenten, unter ihnen Maler, Fotografen und auch Kommunikationsdesigner. Nur an Räumen für Musiker hapert es. Da die Zwischenwände in dem als Bürohaus errichteten Gebäude nicht übermäßig dick sind, will die Stadt keine laute Musik in dem Bau. „Wir versuchen im Moment noch zu erklären, dass nicht alles, was Musik ist, gleich eine Metal-Band ist“, sagte Tomczak.

Die letzten Bands müssen Brauerei-Proberäume verlassen

Die „Kulturlobby“ hatte sich im vergangenen Sommer unter anderem deshalb gegründet, weil mehrere Potsdamer Bands ihre Probenräume in dem Gebäude der Alten Brauerei am Leipziger Dreieck verlassen mussten. Die letzten verbliebenen Musiker werden dort wohl bis Ende April ausziehen müssen, sagte am Samstag Julius Burger, Bassist der Band Settle Down, die bislang noch in der Brauerei proben konnte. „Wir sind so ein bisschen das letzte gallische Dorf“, erklärte Burger und zeigte sich zugleich besorgt über die Raumsituation seiner Band. Man suche eigentlich eine Bleibe in Potsdam, werde aber vielleicht nach Werder ausweichen müssen.

Kulturlobby-Sprecher Tomczak hält es indes für sehr wichtig, dass die Kreativszene in Potsdam untereinander gut verbunden ist: „Es wurde vor einem Jahr klar, wenn wir jetzt nicht alle gemeinsam aufstehen und uns vernetzen, dann werden wir zu Konkurrenten“, sagte der 31-Jährige mit Blick auf die seiner Ansicht nach prekäre Raumsituation von Potsdamer Bands. Dass sich bei den Verantwortlichen in der Stadt ein Problembewusstsein für die Raumnot entwickelt habe, sieht der Kunsthistoriker als Erfolg für das Kulturlobby-Netzwerk an: „Wir haben es geschafft, das Thema Kreativräume zu einem öffentlichen Thema zu machen.“

Für das Rechenzentrum suche man momentan noch Menschen, die sich konzeptionell in die Arbeit einbringen wollen, so Tomczak. Auch könnten durchaus weitere potenzielle Mieter aus der Kunstszene ihr Interesse an einer Nutzung von Räumen in dem Fünfgeschosser bekunden, erklärte der Sprecher. Die Organisationsstruktur für den späteren Kulturbetrieb im Haus muss noch geklärt werden. Die Stadt wünsche sich eine juristische Person als Träger, sagte Tomczak. Das Netzwerk „Kulturlobby“ sei aber kein Verein und komme daher derzeit nicht infrage.

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