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In den Bahnhofspassagen wird auf die nötige Corona-Hygiene hingewiesen
© Andreas Klaer

Die Corona-Lage in Potsdam am Freitag: Rathaus legt Corona-Regeln strenger aus als anderswo

Während andere Kommunen die Kontaktverfolgung in Schulen aufgeben, setzt Potsdams Gesundheitsamt weiter auf Quarantänen. Auch beim Weihnachtsmarkt ist man strenger. Derweil soll es bald mehr Impfmöglichkeiten geben.

Potsdam - Sorge in Krankenhäusern, steigende Infektionszahlen: Die vierte Corona-Welle hat das Rathaus in den Krisenmodus versetzt. Der Eindruck: Die Stadtverwaltung geht im Kampf gegen die Pandemie rigoroser vor als andere Kommunen. Ein Überblick.

Wie entwickeln sich die Corona-Zahlen?

Der Inzidenzanstieg der vergangenen Wochen scheint etwas gebremst – allerdings liegt die Zahl der Neuinfektionen auf einem für Potsdam bisher nicht gekannten Niveau. Am Freitag meldete die Stadt 103 neue Fälle, was im Vergleich zum Vortag eine nahezu unveränderte Sieben-Tage-Inzidenz von 354,7 bedeutet – 29 Prozent mehr als am vergangenen Freitag. In der Woche zuvor hatte das Inzidenz-Plus in Potsdam bei fast 90 Prozent gelegen. Die Zahlen im gesamten Land Brandenburg steigen schneller: Die am Freitag gemeldete Inzidenz von 507 bedeutet im Wochenvergleich einen Anstieg von mehr als 55 Prozent. Allein in Potsdam-Mittelmark, wo die Inzidenz schon bei 621 liegt, betrug der Anstieg in einer Woche 145 Prozent. Dabei hat etwa die Stadt Teltow aktuell 278 Infizierte – bei 27 000 Einwohnern ist das rechnerisch schon jeder Hundertste.

Wie ist die Lage in den Krankenhäusern?

Langsam füllen sie sich. Mittlerweile werden 35 Patient:innen mit Covid-Erkrankungen behandelt, davon sieben auf der Intensivstation. Vor einer Woche waren es 28 Personen, vor einem Monat ging es noch um rund zehn Patienten. Entsprechend beunruhigt ist man im kommunalen Bergmann-Klinikum, dem Schwerpunktversorger der Region: „Wenn wir uns jetzt nicht disziplinieren und Kontakte beschränken, werden wir angesichts der explosionsartigen Entwicklung der Infektionszahlen Situationen bekommen, die wir noch nicht kennen“, sagte Klinikum-Chef Hans-Ulrich Schmidt den PNN. Das Haus koordiniert bei der Corona-Versorgung die Klinikstandorte in West-Brandenburg. So werde man wieder Patienten in andere, weiter entfernte Krankenhäuser verlegen müssen, um auf steigende Fallzahlen zu reagieren, so Schmidt. Wie berichtet muss das Haus bereits 15 bis 20 Prozent der planbaren Operationen verschieben – überlebensnotwendige Eingriffe finden aber ohne Einschränkungen statt. Insgesamt stünden derzeit 851 Betten im Haus zur Verfügung – wegen Hygiene- und Sicherheitsauflagen sind das 149 weniger als vor Pandemiebeginn. Am Freitag betreute man 748 Patienten. „Das entspricht 88 Prozent Auslastung.“ Ab heute gelten am Klinikum verschärfte Besucherregeln – Einlass erhalten nur noch genesene oder geimpfte Besucher mit zusätzlich negativem Test. Im St. Josefs gilt noch 3G.

Die Verkaufsstände des Weihnachtsmarktes auf dem Bassinplatz in der Innenstadt sind aufgebaut. Ab Montag soll er beginnen.
Die Verkaufsstände des Weihnachtsmarktes auf dem Bassinplatz in der Innenstadt sind aufgebaut. Ab Montag soll er beginnen.
© dpa

Bekommt Potsdam ein neues Impfzentrum?

Nicht ganz. Im Zuge der geplanten Impfoffensive in der Mark soll aber Potsdam eine von landesweit vier überregionalen Impfstellen erhalten. Das sagte Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) am Freitag vor der Presse. Die Verantwortung dafür liege bei den Kommunen. Das Rathaus nannte am Freitag noch keinen Standort. Eine Sprecherin sagte aber: „Wir treffen derzeit alle Vorbereitungen, um bis Ende November Impfstellen in Potsdam zu eröffnen.“ Ein Impfzentrum in der Babelsberger Metropolishalle hatte man Ende September geschlossen.

Ordnet das Potsdamer Gesundheitsamt noch Quarantänen an Schulen an?

Ja – und man verfährt hier strikter als anderswo in Brandenburg. Bereits am Montag hatte Staatssekretär Michael Ranft (parteilos) in einem Schreiben an alle Gesundheitsämter des Landes erklärt, eine „umfangreiche Nachverfolgung“ von Kontaktpersonen infizierter Corona-Patienten sei „in dieser Lage nicht mehr möglich“. Die Behörden sollen sich auf Corona-Ausbrüche in Pflegeheimen und medizinischen Einrichtungen konzentrieren, um die verletzlichsten Menschen dort zu schützen. Corona-Fälle in Kitas, Schulen, Horten und Betrieben müssten „nachgeordnet“ bearbeitet werden – es sollen nur noch die Infizierten und ihr direktes häusliches Umfeld in Quarantäne. Ranft: „Weitere Absonderungen von Kontaktkindern erfolgen in der Regel nicht mehr.“

Erste Ämter haben reagiert: So erklärte die Rathenower Amtsärztin Anna Müller in einem Schreiben an Eltern vor Ort, Infektionsketten könne man nicht mehr unterbrechen, das sei in dieser Lage „sinnlose Ressourcenverschwendung“. Und weiter: Da Kinder „fast nie schwerwiegende, sondern überwiegend milde bis mittelschwere Verläufe zeigen“, sei es vertretbar, die Nachverfolgung an Schule und Kita aufzugeben. Ziel sei es nun, möglichst wenige Kinder in Quarantäne zu nehmen, so Müller. Das sieht nicht jeder so: Gegenüber den PNN kündigte bereits eine Mutter aus Königs Wusterhausen eine Klage wegen der auch dort fehlenden Kontaktnachverfolgung an.

In Potsdam wird das Schreiben anders ausgelegt. Seitdem in dieser Woche wieder eine Maskenpflicht an den Grundschulen gelte, würden dort bei Corona-Fällen die direkten Sitznachbarn oder andere enge Kontakte in die Quarantäne gesendet, sagte eine Stadtsprecherin auf PNN-Anfrage. Bei gemeinsamem Sport- oder Musikunterricht, bei dem keine Maske zum Schutz getragen werde, würde man in Einzelfällen aber weiter kollektive Quarantänen für ganze Klassen per Allgemeinverfügung verhängen. Diese gilt derzeit immer zehn Tage nach Kontakt. Seit Mittwoch hat das Amt so elf Klassenverbände in die häusliche Isolation versetzt, drei davon aus der Grundschule am Pappelhain. Insgesamt befinden sich 1600 Kinder in Quarantäne.

Vielerorts in Potsdam gilt eine Maskenpflicht
Vielerorts in Potsdam gilt eine Maskenpflicht
© Andreas Klaer

Finden noch Weihnachtsmärkte statt?

Teils ja, teils nein. Wegen der rasanten Entwicklung der Pandemie haben sich die Veranstalter des Polnischen Sternenmarkts auf dem Kutschstallhof zur Absage entschlossen, teilte die Brandenburgische Gesellschaft für Kultur und Geschichte am Freitag mit. Der Markt mit in der Vergangenheit Tausenden Besuchern war vom 3. bis 5. Dezember angesetzt.

Stattfinden soll hingegen ab dem Montag der „Blaue Lichterglanz“ in einer kleineren Version. Allerdings gibt es noch Streit um die vom Rathaus verfügten Begrenzungen: Auf dem Luisenplatz sind demnach 400 Besucher, auf dem Bassinplatz 630 Gäste möglich. Der Geschäftsführer der Veranstaltungsfirma Coex, Eberhard Heieck, erklärte am Freitag, er wolle Widerspruch gegen diese Einschränkung einlegen. Gleichwohl sei er optimistisch, sich noch mit der Stadt einigen zu können. Wie berichtet haben auf dem Markt nur Genesene oder Geimpfte Zutritt – was Heieck so auch umsetzen will. Bei der beschränkten Besucherzahl beruft er sich jedoch darauf, dass bislang von der Politik kommuniziert worden sei, es gebe bei 2G-Veranstaltungen keine weiteren Auflagen. „Die Stadt muss die Lage vor Ort im Blick haben und die lässt nicht mehr zu“, hatte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) am Donnerstag mitgeteilt. Heieck ist auch Veranstalter beim Weihnachtsmarkt in Cottbus – dort gilt anders als in Potsdam nur die 2G-Regel.

2G: Eintritt nur für Geimpfte oder Genesene auch im Museum Barberini.
2G: Eintritt nur für Geimpfte oder Genesene auch im Museum Barberini.
© Andreas Klaer

Wird 2G auch stärker kontrolliert?

Seit Montag gelten in Potsdam verschärfte Zugangsbeschränkungen für Ungeimpfte, etwa in der Gastronomie. Das wird auch kontrolliert. Bei gemeinsamen Kontrollen von Ordnungsamt und Polizei zur Einhaltung der Corona-Regeln seien in Potsdam am Donnerstag 30 Lokale kontrolliert worden, teilte Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) mit. Dabei seien fünf Verstöße festgestellt worden. Eine Rathaussprecherin erklärte, die Kontrollen seit Montag seien „überwiegend positiv verlaufen“, viele der kontrollierten Gewerbebetriebe hätten sich an die Vorgaben gehalten. „Bei rund 140 Kontrollen bewegen sich die eingeleiteten Bußgeldverfahren im einstelligen Prozentbereich.“ Verstöße können laut Verordnung mit bis zu 10 000 Euro Strafe geahndet werden. (mit dpa)

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