Potsdam: 25 Jahre Welterbe: Privileg und Verpflichtung
Vor 25 Jahren wurde die Aufnahme der Potsdamer Kulturlandschaft ins Unesco-Welterbe besiegelt. Seitdem sind 300 Millionen Euro in den Erhalt der Schlösser und Gärten geflossen. Der Welterbe-Status sorgt aber immer wieder auch für Konflikte.
Potsdam - Als die Urkunde am 12. Dezember 1990 unterzeichnet wurde, war das nicht nur für Potsdam eine Premiere: Die Potsdamer Kulturlandschaft mit ihren Schlössern und Parks war der erste Ort in der ehemaligen DDR, der in die Liste des Unesco-Welterbes aufgenommen wurde. Erst zwei Jahre vorher hatte die DDR die Welterbekonvention unterzeichnet. Als Potsdam schließlich den Welterbe-Ritterschlag bekam, war der Staat schon untergegangen und Deutschland wiedervereinigt. Das 25. Welterbe-Jubiläum haben die Stadt und die Schlösserstiftung am Donnerstagabend mit einem Fest- und Benefizkonzert für Flüchtlingskinder im Nikolaisaal begangen. Der Welterbestatus sei ein Privileg für Potsdam, die Parks und Gärten für die Bürger Alltagserlebnis und Verpflichtung zugleich, betonte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Das Jubiläum erfülle ihn mit Stolz. Dabei hat der Titel in den vergangenen Jahrzehnten nicht immer für Feststimmung, sondern oft genug auch für Konflikte gesorgt.
Wie Potsdam auf die Unesco-Liste kam
Potsdam ist noch von der DDR vorgeschlagen worden. Von insgesamt 35 Vorschlägen der alten DDR-Liste sind mittlerweile acht erfolgreich abgeschlossen, wie Eric Losang vom Leipziger Leibniz-Institut für Länderkunde schreibt. Bei Potsdam erfolgte die Aufnahme in mehreren Stufen: 1990 erhielten zunächst die Schlossanlagen von Sanssouci, Babelsberg und Glienicke – insgesamt rund 500 Hektar – den Welterbe-Status. 1992 und 1999 wurde das Berlin-Potsdamer Welterbe schrittweise erweitert: Heute umfasst es auf rund 2000 Hektar Fläche unter anderem auch den Pfingstberg, die Kolonie Alexandrowka, die Dorfanlage Bornstedt, die Schlösser und Parks Sacrow und die Pfaueninsel.
Was der Welterbe-Status bedeutet
Der Welterbe-Status ist in erster Linie Verpflichtung – nämlich zum Erhalt des Welterbes. Bei den derzeit 1031 Welterbestätten in 163 Ländern handelt es sich nach Einschätzung der Unesco um „künstlerische Meisterwerke und einzigartige Naturlandschaften, deren Untergang ein unersetzlicher Verlust für die gesamte Menschheit wäre“. Eine finanzielle Zuwendung ist mit dem Titel nicht verbunden. In Potsdam sind seit 1990 mehr als 300 Millionen Euro in die Erhaltung der Schlösser, Sammlungen und Gärten geflossen, wie Brandenburgs Kultusministerin Sabine Kunst (SPD) vorrechnet. An vielen Orten wie dem Neuen Garten oder dem Park Babelsberg mussten zunächst die durch die Berliner Mauer gerissenen Wunden geheilt werden. Hartmut Dorgerloh, der 2002 den Gründungsdirektor der Schlösserstiftung, Hans-Joachim Giersberg, ablöste, beziffert den Sanierungsbedarf an den Schlössern aktuell immer noch auf rund eine Milliarde Euro. Die vom Bund und den Ländern Berlin und Brandenburg finanzierte Schlösserstiftung ist wichtigster Verwalter des Welterbes vor Ort.
Ein ständiger Quell für Konflikte
Der Welterbe-Status führt immer wieder zu Konflikten. Dabei geht es oft um die Bedürfnisse von Anwohnern, die die Parks zur Freizeitgestaltung nutzen und dort picknicken, radfahren oder baden gehen wollen. Streits um die von der Stiftung erlassene Parkordnung haben auch die Gerichte beschäftigt – so ist das von der Stiftung praktizierte Fahrradschiebeverbot gerichtlich gekippt worden.
Noch empfindlicher sind die Konflikte wegen verschiedener forsch geplanter Bauprojekte, die immer wieder die Welterbe-Wächter auf den Plan gerufen haben. Bundesweite Negativschlagzeilen machte Mitte der 1990er-Jahre das gigantische Potsdam-Center am Hauptbahnhof, das erst nach einer gelben Karte von der Unesco umgeplant und nur in einer abgespeckten Variante gebaut wurde. Auch mit der Bebauung des Glienicker Horns setzte Potsdam den Welterbe-Status aufs Spiel. Mit Argusaugen beobachteten die Welterbe-Wächter auch den Bau der Tram an der Alexandrowka oder die Sanierung des Karl-Liebknecht-Stadions in Babelsberg. Damit historische Sichtachsen gewahrt bleiben, wurden dort abknickbare Flutlichtmasten eingebaut – eine bundesweit einmalige Lösung, die sich aber auch als problemanfällig erwiesen hat. Erst 2011 unterzeichnete Oberbürgermeister Jann Jakobs eine Richtlinie für Bauplanungen im Umfeld des Welterbes – Stichwort Pufferzone.
Und die Vorteile?
Mit Vorteilen rechnet man vor allem im Tourismus. „Der hohe nationale und internationale Bekanntheitsgrad Potsdams hat viel mit seinem Unesco-Welterbe zu tun“, sagte Jakobs am Donnerstag. Die Aachener Forscherin Carola Neugebauer war 2014 bei einer Studie indes zu einem ernüchternden Ergebnis gekommen: Demnach wird die wirtschaftliche Entwicklung von Welterbe-Städten – es ging um St. Petersburg, Stralsund und Wismar – kaum durch das Welterbe-Label beeinflusst. Jakobs hatte damals mit seiner Äußerung, der Verlust des Labels müsse nicht unbedingt negative Folgen haben, für Verärgerung bei der Stiftung gesorgt.
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