Vandalismus am Heiligen See in Potsdam: Bilanz: Müllmassen und Grillpartys im Welterbe-Park
Die Schlösserstiftung zieht eine ernüchternde Sommerbilanz: Das Baden rund um den Heiligen See geriet außer Kontrolle, Vandalismus und Ordnungswidrigkeiten in den Potsdamer Welterbe-Stätten nahmen zu.
Potsdam - Grillen, Lagerfeuer und liegen gelassener Müll auf Welterbewiesen, rundherum beschädigte Bänke und Sträucher: Während des langen Sommers hat die Schlösserstiftung – speziell für den Neuen Garten am Heiligen See – noch einmal mehr Vandalismus registriert als bereits in den vergangen Jahren. Auf PNN-Anfrage sagte Stiftungssprecher Frank Kallensee am Mittwoch: „Wenn es so weiter geht, drohen in diesem Welterbe-Garten unersetzbare Verluste.“ Mögliche Konsequenzen würden geprüft – allerdings werde zumindest derzeit nicht erwogen, die bestehende offizielle Badestelle am Ostufer des Heiligen See zu schließen, betonte der Sprecher auf Nachfrage.
Brandflecke, Müllmassen, Vandalismus
Durch das warme Wetter habe es einen erheblichen Nutzungsdruck gegeben, bis zu 4000 Besucher täglich wurden gezählt. Dabei habe sich selbst das Baden am Westufer, obwohl das „dezidiert verboten“ ist und sich dort auch Biotop-Wiesen befinden, fest etabliert. Nun seien diese Wiesen versteppt – durch Übernutzung. Dazu gebe es Brandflecken durch Lagerfeuer. Wertvolle Biotope seien so „nachhaltig geschädigt“ worden. Auch ein Zaun zum Schutz der sanierten Uferlinie zwischen dem sogenannten Grünen und Roten Haus wurde „in Teilbereichen zerstört“, so der Sprecher weiter.
„An warmen Tagen mussten unsere Gärtner täglich Müllmassen beseitigen.“ Allein für die Reinigung seien knapp 70 000 Euro Kosten entstanden. Vandalismus an Bänken, Papierkörben, Hinweisschildern sowie Bäumen und Sträuchern sei an der Tagesordnung gewesen. Auch das Radfahren auf den dafür nicht freigegebenen Wegen habe weiter zugenommen. Eine Folge laut Kallensee: Der erst 2014 grunderneuerte Weg von der Gotischen Bibliothek zum Treffpunkt Freizeit sei in Teilbereichen wieder schwer geschädigt.
Schlösserstiftung: Sorgen um den Neuen Garten
„Wir machen uns große Sorgen um den Neuen Garten – es geht hier um einen Welterbegarten und nicht um einen Freizeitpark“, sagte der Sprecher. Die Stiftung sei bereits einen Kompromiss eingegangen, als sie die Badestelle am Ostufer des Heiligen Sees ausgewiesen habe. Das sei aber bei vielen Besuchern, die nun auch am Westufer auf der Wiese liegen, baden und zum Teil auch grillen, offensichtlich nicht angekommen. „Kompromisse funktionieren aber nur, wenn beide Seiten zurückstecken“, so Kallensee. Die Stiftung freue sich zwar über jeden Besucher, „aber nicht über jede Nutzung.“
Auf die Probleme mit zunehmendem Vandalismus in ihren anderen Welterbe-Stätten hat die Stiftung in den vergangenen Monaten mehrfach hingewiesen. Das schlägt sich auch in aktuellen Statistiken nieder. Kallensee sagte, dieses Jahr seien in den Parks Sanssouci, Babelsberg und Neuer Garten aus finanziellen Gründen insgesamt sechs statt acht Parkwächter eingesetzt – reduziert wurde dabei am Neuen Garten. Dennoch liege die Zahl der erfassten Ordnungswidrigkeiten in diesem Jahr schon bei 1065 Fällen. Im vergangenen Jahr waren es insgesamt 1335. Dabei gehe es nicht nur um Radfahren oder Baden an nicht dafür vorgesehenen Stellen, sondern etwa auch um freilaufende Hunde, so Kallensee.
Schäden in sechsstelliger Höhe
Allerdings lässt sich mit der Jagd auf Parksünder auch die Einnahmenseite offensichtlich kaum erhöhen. Das teilte jetzt wiederum die Landesregierung auf Anfrage der Potsdamer SPD-Landtagsabgeordneten Klara Geywitz mit. Die Stiftung habe im vergangenen Jahr insgesamt 1 740 Euro und dieses Jahr bisher 1 535 Euro durch Verwarn- und Bußgelder eingenommen, heißt es in der Erklärung.
Dagegen nannte Kallensee für die Beseitigung von Vandalismusschäden jährliche Kosten in sechsstelliger Höhe. Genauere Aufstellungen würden nicht erhoben, weil etwa eine farbverschmierte Bank im laufenden Betrieb repariert und nicht extra erfasst werden. Kallensee: „Doch das Geld, das wir wegen Vandalismus ausgeben müssen, fehlt uns wiederum in anderen Bereichen.“
Bürgerbefragung: Eintritt für Sanssouci?
Dabei hat die Schlösserstiftung neben Vandalismus auch mit einem allgemeinen Pflegedefizit in ihren Potsdamer Welterbeparks zu kämpfen. Das liegt insgesamt bei rund 4,5 Millionen Euro pro Jahr. Mit einer Million Euro pro Jahr beteiligt sich die Stadt Potsdam seit dem vergangenen Jahr am Abbau des Defizits – nur mit dieser umstrittenen Abgabe konnte vor zwei Jahren eine Mehrheit der Stadtpolitik einen drohenden Parkeintritt für Sanssouci verhindern. Die jährliche Summe der Landeshauptstadt löse aber nicht das Pflegedefizit, sagte Sprecher Kallensee. Mit Spannung erwarte die Stiftung daher die von der Stadt für 2016 geplante Bürgerbefragung, ob für Sanssouci doch noch zwei Euro Eintritt pro Besucher erhoben werden sollen oder nicht (PNN berichteten).
In diesem Zusammenhang bestätigte der Stiftungssprecher auch, dass die Einnahmen aus dem sogenannten freiwilligen Parkeintritt seit Jahren rückläufig sind – diesen Beitrag können Gäste der Parks bei Besucherbetreuern an den Eingängen entrichten. Bis 2012 nahm die Stiftung damit jährlich knapp 220 000 Euro ein, 2014 waren es nur noch 146 000 Euro. Dies sei aber insofern ein Ausnahmefall gewesen, so Kallensee, da viele Besucherbetreuer für die kostenfreie Open-Air-Ausstellung „Paradiesapfel“ tätig gewesen seien. Doch auch diese Zahl unterstreiche, dass eine Lösung für den Abbau des Pflegedefizits gefunden werden müsse – das durch den Vandalismus noch verschärft werde. Hauptgeldgeber der Stiftung sind die Länder Berlin und Brandenburg sowie der Bund. Unter anderem stemmen sie zur Rettung vom Verfall bedrohter Preußenschlösser derzeit einen 155 Millionen Euro schweren Masterplan. Ein weiteres Finanzierungspaket mit dem fast doppelten Volumen von 300 Millionen Euro ist wie berichtet in Arbeit.
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