Müllentsorgung in Potsdam wird teurer: Preistreiber Biomüll
Die Müllentsorgung in Potsdam soll 2016 deutlich teurer werden. Vor allem sorgt die flächendeckende Einführung der Biotonne für Unmut, Protest gibt es jetzt schon.
Potsdam - Die Preise für die Müllentsorgung in Potsdam sollen erhöht werden – und zwar deutlich. Nach den Plänen der Stadtverwaltung steigen die Kosten für die Abholung von Restmüll um rund 32 Prozent, außerdem wird stadtweit die Biotonne eingeführt – ebenfalls gegen eine Gebühr. Beschlossen ist die Abfallgebührensatzung noch nicht. Protest gibt es aber schon jetzt – von Bürgern und zum Teil auch aus der Politik.
Unmut erregen vor allem die geplanten Kosten für die Biotonne. Für eine 60-Liter-Tonne fallen jährlich 76,39 Euro an, bei 120 Litern sind es 152,70 Euro – bei wöchentlicher Abholung. Eine kleinere Tonne gibt es nicht, auch eine zwei- oder vierwöchige Abholung ist im Entwurf der Stadtverwaltung nicht vorgesehen.
Ab 2016 muss jeder Haushalt in Potsdam eine Biotonne haben
Potsdam muss die Biotonne einführen, das fordert der Bund. In den vergangenen zwei Jahren gab es in den Stadtteilen Potsdam-West, Schlaatz und Nördliche Innenstadt schon ein Pilotprojekt, doch ab 2016 muss grundsätzlich jeder Haushalt in der Stadt eine Biotonne haben. Allerdings gibt es Ausnahmen: Wer seinen Biomüll selbst kompostiert, kann sich von der Pflicht befreien lassen. Auch können sogenannte Behältergemeinschaften mit Nachbarn gegründet werden. Befreien lassen kann sich nach Angaben von Ordnungsamts-Leiterin Marina Kluge auch, wer besonders wenig Müll verursacht und seine Restabfalltonne von 60 Litern nur einmal alle vier Wochen leeren lässt.
Doch auch die Entsorgung des Restmülls wird sich deutlich auf die jährlichen Wohnnebenkosten der Potsdamer niederschlagen. So soll etwa die 14-tägige Abholung einer 80-Liter-Restmüll-Tonne künftig 55,29 statt 41,97 Euro im Jahr kosten – also 32 Prozent mehr. Die Entsorgung der kleineren 60-Liter-Tonnen soll sogar 36 Prozent teurer werden. Als Grund nennt die Stadt höhere „Personal- und Verbrauchskosten“ bei der Stadtentsorgung Step. Außerdem läuft der Vertrag mit dem Müllentsorger Recon in Schwedt zum 30. April 2016 aus und die Stadt geht davon aus, dass „die derzeitigen Entsorgungspreise nicht mehr am Markt erzielt werden können.“
Höhere Gebühr für Restmüll: Verwaltung will Potsdamer erziehen
Die Verwaltung erhofft sich von der teureren Restmüllentsorgung einen erzieherischen Effekt. So heißt es in der Vorlage für die Stadtverordneten: „Damit soll erreicht werden, dass die Getrenntsammlung von Bioabfällen umfassend in Anspruch genommen und im Gegenzug das Restabfallvolumen auch tatsächlich reduziert wird, um insgesamt natürliche Ressourcen zu schonen.“ Eher gering fällt hingegen die Erhöhung der Grundgebühr aus – diese muss für jede im Haushalt lebende Person bezahlt werden. Statt derzeit 20,09 Euro soll sie um 2,8 Prozent auf 20,64 Euro erhöht werden. Eine vierköpfige Familie würde demnach jährlich 86,56 statt derzeit 80,36 zahlen (siehe unten).
Neu eingeführt werden sollen Servicegebühren. Diese fallen dann an, wenn die Mieter oder Hausbesitzer ihre Tonne nicht selbst vor die Tür stellen, wenn die Müllabfuhr angekündigt ist. Wer dies nicht tun will und stattdessen die Step-Mitarbeiter die Tonnen aus dem Hof holen lassen möchte, muss etwa bei einer 14-tägigen Leerung künftig 88,94 Euro im Jahr extra bezahlen – bei Tonnen über 240 Liter sind es 133,41 Euro.
Kritik an der Biomüll-Entsorgung
Der CDU-Vizefraktionschef Klaus Rietz findet das nur gerecht. Schon bisher hätten einige die Tonnen nicht auf die Straße gestellt, bezahlt hätten es aber alle, sagte er. Dadurch, dass die Gebühr nun separat ausgewiesen werde, müssten nur noch die bezahlen, die diesen Service der Step explizit in Anspruch nähmen. Auch sonst kann er mit den neuen Gebühren gut leben. Die Kostensteigerungen angesichts höherer Energiekosten und der Einführung des Mindestlohns seien nun mal Fakt, so Rietz. „Die Stadt erhöht ja nicht willkürlich und behält sich am Ende was über.“ Eine Kostenübernahme wie in anderen Städten – eine Kritikerin hatte die VW-Stadt Wolfsburg als Vergleich angeführt, die deutlich niedrigere Entsorgungskosten aufruft – würde in Potsdam von der Kommunalaufsicht gar nicht genehmigt. „Ein städtischer Zuschuss ist, wenn überhaupt, nur in Städten mit ausgeglichenem Haushalt möglich. Potsdam muss hingegen kostendeckend arbeiten.“
Kritik kommt hingegen von den Linken. Es stelle sich die Frage, warum die Biomüllentsorgung mindestens 76,39 Euro koste, obwohl es sich doch um einen Wertstoff handele, sagte Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg. Auch müsste die Stadt erklären, warum die 60-Liter-Tonne wöchentlich geholt werde – ein Zwei-Personen-Haushalt produziere schließlich kaum so viel Biomüll.
Potsdam ist im Vergleich nicht außergewöhnlich teuer
Ein Vergleich mit anderen Städten in Ostdeutschland zeigt übrigens, dass Potsdam auch nach der neuen Gebührenordnung nicht außergewöhnlich teuer ist. So kostet zum Beispiel die zweiwöchige Entsorgung einer 120-Liter-Tonne in Schwerin 89 Euro und in Erfurt und Jena jeweils etwa 139 Euro. Mit rund 83 Euro liegt Potsdam sogar darunter. Tatsächlich deutlich günstiger ist die von einer Potsdamer Vermieterin ins Spiel gebrachte Stadt Wolfsburg. Dort kostet dieselbe Leistung rund 70 Euro – inklusive Biomüll. (mit Henri Kramer)
Beispielrechnung: Als Beispiel soll eine vierköpfige Familie dienen – allerdings ungeachtet der Tatsache, dass dank der Biotonne womöglich eine kleinere Restmülltonne ausreicht. 218,24 Eurowürde die Familie in unserem Rechenbeispiel ab 2016 jährlich zahlen – also 95,91 Euro beziehungsweise 78 Prozent mehr als jetzt.
Grundgebühr: 86,56 Euro (80,36)
Restmülltonne (80 Liter, 14-tägige Abholung): 55,29 Euro (41,97)
Biotonne (60 Liter): 76,39 Euro
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