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Sozial, klimaneutral und autofrei: Potsdams Rathaus-Kooperation hat ambitionierte Ziele

Das neue rot-grün-rote Bündnis für Potsdam hat seine Ziele für die nächsten Jahre auf 25 Seiten festgelegt. Hier der Überblick.

Potsdam - Wochenlang wurde um die Details gerungen, nun ist das Bündnis besiegelt: Am Dienstag stellten Spitzenvertreter der SPD, der Grünen und der Linken ihre 25- seitige Kooperationsvereinbarung vor. Die PNN geben einen Überblick über die wichtigsten Ziele der nächsten fünf Jahre.

Klimaschutz

Die drei Partner wollen einen sogenannten Klimanotstand ausrufen, wie dies auch andere Kommunen in Deutschland bereits tun. „Wir werden den Masterplan 100 Prozent Klimaschutz finanziell unterlegen und umsetzen. Mit abrechenbaren Maßnahmen wollen wir den menschengemachten Klimawandel auch auf kommunaler Ebene stoppen, den Temperaturanstieg begrenzen und den CO2-Ausstoß senken. Unser Ziel ist es, bis spätestens 2050 CO2-neutral zu leben und die klimaneutrale Stadt Realität werden zu lassen“, heißt es in dem Papier. Dies bedeute, dass man ab sofort nur noch CO2-neutrale Investitionen tätigen wolle. Ferner müssten die Stadtwerke langfristig 100 Prozent erneuerbare Energien anbieten. Auch ein Klimschutzfonds ist geplant.

Verkehr

Bei Thema ökologische Verkehrswende setzt man speziell auf den Öffentlichen Nahverkehr: „Ihn werden wir ausbauen und attraktiver machen.“ Für den Potsdamer Norden bedeute das etwa den „raschen Ausbau“ für Tram, Bus und Rad und die Anbindung bis zum Bahnhof Marquardt. Auch die teils autofreie Innenstadt ist als Ziel definiert: „Für Potsdam wollen wir ein Konzept der autoarmen Stadt vorantreiben. Für das Gebiet der zweiten barocken Stadterweiterung wollen wir autofrei werden.“ Dabei geht es um das Gebiet zwischen Bassinplatz und Brandenburger Tor. Die Umsetzung dazu erfolge bis 2024 schrittweise und mit Bürgerbeteiligung. Dazu soll die kostenlose Nutzung von Bussen und Bahnen für Kinder und Jugendliche geprüft werden.

Wohnen

Beim Thema Wohnen und steigende Mieten will das Bündnis neue Wege gehen. „Wir wollen eine aktive kommunale Bodenpolitik mit einem nachhaltigen Flächenmanagement realisieren. Für soziale und Wohnzwecke streben wir Flächenankäufe an“, heißt es in dem Papier. Oder: „Wir wollen den Potsdamer Wohnungsmarkt auf eine neue Gemeinnützigkeit im Wohnungsbau ausrichten: Sozialerhaltungssatzungen, Milieuschutzsatzungen, Vorkaufsrechte, Erbbaupacht und Umnutzungsverbote wenden wir dazu an. Eine Milieuschutzsatzung für die Teltower Vorstadt zwischen Schlaatzstraße bis Kolonie Daheim soll als Modell verabschiedet werden.“ Für Wohnbebauung zusätzlich verdichten wolle man die Stadt nur behutsam, auch Garagenflächen oder Supermärkte sollen als Standorte geprüft werden. Trotz des Wachstums der Stadt müsse Potsdam seinen besonderen Charme behalten, heißt es in der Präambel der Vereinbarung. Als Zielvorgabe für Sozialwohnungen werden 30 Prozent genannt. Studentenwohnen will man durch die Bereitstellung von Flächen fördern.

Soziales

Im Kampf gegen Kinderarmut soll ein Maßnahmenplan erarbeitet werden. Als weiterer Punkt ist die „bedarfsgerechte Ausweitung eines kostenlosen Frühstücks und Mittagessens ohne Nachweis der Bedürftigkeit an allen Potsdamer Schulen mit (sozial-)pädagogischer Begleitung“ verankert. Auch in Kitas sollen „Frühstück und Vesper“ ohne zusätzliche Gebühr angeboten werden. Für die Rückkehr zum Betrieb städtischer Kitas soll ein eigenes kommunales Unternehmen gebildet werden. Für die ältere Generation vermerkt sind etwa „die Entwicklung von Handlungsstrategien gegen die Isolation älterer Bürgerinnen und Bürger“ sowie mehr Maßnahmen für Barrierefreiheit. Verankert ist in dem Papier auch der „schrittweise Aufbau“ eines kostenlosen stadtweiten W-Lan-Netzes.

Stadtverwaltung

Für die Modernisierung der Verwaltung will man unter anderem an den Sanierungsplänen für den Rathauscampus festhalten und den IT-Bereich besser ausstatten. Auch die Frauenförderung hat man im Programm: Führungsfunktionen im Rathaus oder in Aufsichtsräten und Vorständen von städtischen Gesellschaften sollen paritätisch besetzt werden. Der Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund soll ebenfalls erhöht werden. Zugleich will man Prozesse im Rathaus transparenter gestalten und die Bürgerbeteiligung ausbauen.

Bildung, Sport und Kultur

Auch beim Thema Bildung wird man konkret: „Wir werden nur weiterführende Schulen errichten, die alle Schulabschlüsse anbieten.“ Es geht also nur noch um Gesamtschulen. Auf die Fahne schreibt man sich die „Förderung von reformpädagogischen, modernen und vielfältigen Ansätzen an staatlichen Schulen“ sowie die „Erhöhung der finanziellen Ressourcen für die Instandhaltung von Schulen und Kitas.“ Im Bereich Sport sollen Schulsportplätze für den Vereinssport und den nichtorganisierten Sport geöffnet werden. Für die Kultur ist unter anderem formuliert: „Die freie Kulturszene wird durch die Mitfinanzierung von Kostensteigerungen weiter unterstützt. Neben den geltenden Vergabe- und Mindestlöhnen braucht es auch Honoraruntergrenzen.“

Leerstellen und Reaktionen

Das Papier lässt auch einige strittige Punkte offen, etwa beim Thema Potsdamer Mitte. So gibt es keine Festlegung zur Zukunft des Staudenhof-Wohnblocks oder zur Garnisonkirche. Enthalten ist einzig ein Bekenntnis zum geplanten Kreativquartier am Langen Stall, das als Ersatz für das Rechenzentrum errichtet werden soll. Der Förderverein für das Potsdam Museum kritisierte, der dringend notwendige Neubau eines Depots für das Museum und andere Einrichtungen spielten in der Vereinbarung keine Rolle: Dies sei enttäuschend. Hingegen warben etwa der Linken-Bundestagsabgeordnete Norbert Müller und seine SPD-Kollegin Manja Schüle im Nachrichtendienst Twitter für das aus ihrer Sicht ambitionierte Papier.

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