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Fit für die Impfung. Die Potsdamer Hausärztin Ulrike Hackenberg ist sich sicher, dass sie in ihrer Praxis die empfindlichen Impfdosen aufbewahren kann.
© Andreas Klaer

Die Corona-Lage in Potsdam am Donnerstag: Potsdamer Hausärzte wollen impfen - aber dürfen nicht

Niedergelassene Mediziner aus Potsdam und Umgebung würden gern bei der schleppend gestarteten Impfkampagne des Landes helfen – jedoch wird ihnen das aus unterschiedlichen Gründen nicht gestattet. Derweil meldet die Stadt weitere Tote

Potsdam - Hausärzte aus Potsdam und Umgebung drängen darauf in die Corona-Impfkampagne des Landes Brandenburg einbezogen zu werden – und finden das bisherige Vorgehen, auch angesichts des holprigen Starts des Großprojekts, mehr als unverständlich. Den PNN liegen gleich mehrere Stellungnahmen von Ärzten vor. „Um die dringende Immunisierung der Bevölkerung gut voranzutreiben, ist die Verlagerung der Impfung in die Haus- und Facharztpraxen unumgänglich“, erklärte der Allgemeinmediziner Jan-Tobias Keulen aus der Teltower Vorstadt.

Die Internistin Julia Stoy aus der Gemeinde Seddiner See sagte, gerade Hausärzte könnten einmal wöchentlich mit dem Biontech-Impfstoff beliefert werden – der zumindest aufgetaut fünf Tage im Kühlschrank aufbewahrt werden könne. „In kürzester Zeit könnten so gerade die Gefährdeten in großer Zahl und ohne gefährdende und teure Transporte geimpft werden“, sagte sie. Vor allem Hochbetagte fänden vielfach nicht die Kraft die weiten Wege in ein Impfzentrum zu bewältigen – und würden daher auf die Immunisierung beim Hausarzt ihres Vertrauens warten, so Stoy.

100 Impfdosen pro Praxis und Woche wären möglich

Ähnliches berichtet die Ärztin Ulrike Hackenberg aus dem Bornstedter Feld. Man könnte solche Praxen an Montagen mit 50 bis 100 Impfdosen pro Woche beliefern, so ihre Meinung – und die dann innerhalb der kommenden fünf Tage verimpfen. „Wir Hausärzte stehen dafür mit unserer langjährigen Impferfahrung bereit“, so Hackenberg. Auch der Hersteller hat bereits bestätigt, dass der Impfstoff nach dem Auftauen bedenkenlos für bis zu fünf Tage in Kühlschränken bei zwei bis acht Grad aufbewahrt werden kann.

Die Babelsberger Ärztin Kirsten Radtke sieht noch mehr Vorteile. So müssten in den Hausarztpraxen nicht erst zeitraubend Vorerkrankungen oder Allergien abgefragt werden, auch die Terminvergabe sei wesentlich einfacher als über die zentrale Nummer 116 117. So ließe sich auch die Durchimpfung der Pflegeheime aus ihrer Sicht einfacher gestalten. Die Zeit dränge: „Es erkranken und sterben unsere Patienten.“ Und auch sie erklärt, das Vakzin sei problemlos in jedem Impfstoffkühlschrank der Praxen „kurzzeitig lagerbar“, also fünf Tage.

Verwunderung über einen Vorstoß des Klinikums

Auch Radtkes Praxiskollege Ulrich Wüllenkemper bringt seine Verwunderung vor allem über das Angebot des Bergmann-Klinikums und anderer Krankenhäuser zum Ausdruck, sich an der Impfkampagne zu beteiligen: Schließlich seien diese Einrichtungen derzeit bekanntermaßen überlastet und klagten über Personalnot. Die ambulante Versorgung von Patienten sei indes Aufgabe der niedergelassenen Ärzte, sagte Wüllenkemper. 

Mediziner Ulrich Wüllenkemper
Mediziner Ulrich Wüllenkemper
© Carsten Holm

Das kann auch Medizinerin Stoy nicht verstehen: „Einerseits heißt es, es gibt nicht genug Impfstoff und es werden teure Impfzentren gegründet, deren Organisation extrem aufwändig ist und wo nun auch noch Klinikärzte mitarbeiten wollen, deren Hilfe die stationären Patienten dringlich brauchen. Andererseits wird uns Hausärzten gesagt, die wir schnell selbst Impfungen organisieren und durchführen können, dies ginge nicht, weil nicht genug Impfstoff da sei, zudem sei das zu kompliziert.“ Ihre Kritik hat sie bereits an Fraktionen im Landtag, das Gesundheitsministerium sowie die brandenburgische Kassenärztliche Vereinigung KVBB gemailt. Bisher ohne Reaktion.

"Die Vakzine sind vermutlich die begehrtesten Flüssigkeiten der Welt"

Allerdings ist die Haltung der Verantwortlichen für die Landesimpfstrategie unverändert: Hausärzte werden derzeit noch nicht einbezogen. Das hatte KVBB-Chef Peter Noack in einer Mitteilung erneut begründet und solchen Forderungen eine Absage erteilt: Schon wegen der Beschaffenheit der aktuell zugelassenen Impfstoffe, diese seien „in Lagerung und Transport sehr anspruchsvoll“. 

Doch Hausärzte versichern, sie würden sich die Handhabung zutrauen. Noack hat aber auch Sicherheitsbedenken: „Die Vakzine sind vermutlich die begehrtesten Flüssigkeiten der Welt – sie sind flüssiges Gold und müssen auch so geschützt werden.“ Ähnlich argumentiert das Gesundheitsministerium auf seiner Info-Internetseite www.brandenburg-impft.de – also mit Lagerungs- und Sicherheitsbedenken und den noch zu geringen Mengen Impfstoff an sich.

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Erst wenn es einen alternativen Impfstoff in ausreichender Menge gibt, der in den Arztpraxen gut gelagert werden kann, könne man das Impfen nachhaltig beschleunigen, so der KV-Chef. Wie berichtet hat der Pharmakonzern AstraZeneca diese Woche einen Antrag auf Zulassung seines Impfstoffs bei der EU-Arzneimittelbehörde EMA gestellt. Dieses Vakzin sei auch in der Nutzung einfacher. Die EU-Behörde will voraussichtlich Ende Januar über die Zulassung entscheiden. 

Bis dahin müsse man auf Impfzentren statt Hausärzte setzen, so Noack: „Jetzt 500 Taxis mit minus 80 Grad Kühlbehältern fast täglich durch Brandenburg zu jagen, um ein paar kleine Ampullen in einzelne Hausarztpraxen zu bringen, ist – ganz abgesehen von Terminlogistik und derzeit für die Einzelpraxis nicht vorhandener Impfdokumentation – zwar spaßig, aber wenig durchdacht“, bewertet der KV-Chef.

Klinikum-Geschäftsführer Hans-Ulrich Schmidt sagte zum Vorstoß der Hausärzte: "Wir begrüßen es außerordentlich, wenn die Praxen sich in Zukunft an den Impfungen beteiligen können." Dem Klinikum gehe es bei seinem Angebot, Impfteams loszuschicken, um schnelle Hilfe vor allem in Pflegeheimen "ergänzend zu den Strukturen". Laufe die Impfkampagne stabil, "sind wir froh, wenn wir uns aus dem Impfen zurückziehen können", so Schmidt gegenüber den PNN. 

Peter Noack
Peter Noack
© dpa

Impfen in Brandenburg soll schneller gehen

Bereits am Mittwoch hatten sich Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) mit Landkreisen und kreisfreien Städten in einer Videokonferenz zur Impfkampagne auf mehr Impfzentren im Land verständigt – statt elf sind nun 18 geplant. Auch die Zahl der mobilen Impfteams für die Pflegeeinrichtungen soll erhöht werden, um bis Mitte Februar überall eine Impfung anzubieten. Dabei sollen nun auch Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes vom Deutschen Roten Kreuz helfen. Auch freie Kapazitäten in den Krankenhäusern wolle man nutzen, hieß es nach dem Gipfel. 

Ursula Nonnemacher
Ursula Nonnemacher
© dpa

Und: Der Ausbau der Kapazitäten müsse mit genügend Impfstofflieferungen des Bundes abgesichert sein. So hält das Land bewusst die jeweils zweite notwendige Impfdose zurück, damit jeder Impfling wirklich zwei Termine wahrnehmen kann. Im bundesweit schnellsten Impfland Mecklenburg-Vorpommern waren von knapp 44 000 Dosen am Donnerstag schon 33 000 verimpft, also 75 Prozent. In Brandenburg lag der Anteil bei 46 Prozent. Zuletzt war deshalb die Terminvergabe wieder eingeschränkt worden.

Fünf weitere Corona-Tote

In Potsdam sind unterdessen fünf weitere Menschen in Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung verstorben. Das teilte die Stadtverwaltung am Donnerstag mit. Damit hat sich die Zahl der Verstorbenen auf 141 erhöht. Rechnerisch hatten bisher etwas mehr als drei Prozent aller nachgewiesenen 4385 Corona-Fälle in Potsdam einen tödlichen Ausgang. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der neuen Corona-Fälle innerhalb einer Woche bezogen auf 100 000 Einwohner, ist in Potsdam den zweiten Tag in Folge gesunken, wenn auch nur leicht. Derzeit liegt der Inzidenz-Wert bei 264.

Leichte Entlastung für Kliniken

Am Donnerstagmorgen meldete die Stadtverwaltung 64 neue Infektionen. Etwas Entlastung konnte die Stadt aus den Kliniken vermelden: Dort sind zwar immer noch über 100 Patienten in Behandlung, allerdings sank die Zahl der Intensivpatienten von Mittwoch- auf Donnerstagmorgen von 29 auf 21. Ob dies eine Trendwende oder nur eine Augenblicksaufnahme ist, blieb am Donnerstag unklar. 

Eine gute Nachricht kam aus dem kommunalen Bergmann-Klinikum: Dort sind innerhalb von zehn Tagen 2381 von 3500 Mitarbeitern geimpft worden, also 68 Prozent. Eine schlechte Nachricht musste der SC Potsdam bereits am Mittwochabend verkraften: Eine Spielerin der Volleyball-Bundesligamannschaft ist positiv auf das Coronavirus getestet worden. Mehrere Mannschaftskameradinnen mussten daraufhin in Quarantäne. Das für den Samstag geplante Heimspiel gegen die LiB Aachen in der MBS Arena wurde daraufhin abgesagt.

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