Sascha Girke war Teil der Iuventa-Crew: Potsdamer Flüchtlingsretter diskutiert auf dem Theaterschiff
Am kommenden Mittwoch will Flüchtlingsretter Sascha Girke in Potsdam ins Gespräch kommen. Es geht um Populismus und die Kriminalisierung der Seenotrettung.
Potsdam - Von einem „tiefsten Herzensbedürfnis“ spricht Martina König, wenn es um die Unterstützung für das Rettungsschiff Iuventa geht, mit dem auf dem Mittelmeer Tausenden Flüchtlingen das Leben gerettet wurde. König selbst leitet zusammen mit Timo Schöps ein anderes Schiff, den Theaterkahn „Sturmvogel“ in Potsdam. Der Kahn für die Kunst hat seinen festen Liegeplatz am beschaulichen Ufer des Tiefen Sees. Das Rettungsschiff Iuventa hingegen war bis vor zwei Jahren im Mittelmeer im Einsatz. Nach Angaben der Organisation „Jugend rettet“, einem Netzwerk junger Leute aus Europa, das das Schiff betrieben hat, konnten mit der Iuventa in den Jahren 2016/17 mehr als 14.000 Menschen aus Seenot gerettet werden. Dann wurde das Schiff von den italienischen Behörden beschlagnahmt.
Girke ist selbst in Italien angeklagt
Einer der Seenotretter auf der Iuventa, der Potsdamer Sascha Girke, wird am Mittwoch, dem 12. Juni, um 19 Uhr auf dem Theaterschiff am Tiefen See erwartet. Unter dem Titel „Solidarität von Schiff zu Schiff – Lebensretter auf der Anklagebank“ will der Flüchtlingsaktivist gemeinsam mit anderen Gästen über die Kriminalisierung von Seenotrettung und den Populismus innerhalb der Europäischen Union diskutieren. Das Thema ist nicht nur wegen des immer stärker um sich greifenden Populismus sehr aktuell, sondern auch weil Girke derzeit selbst von der Kriminalisierung der Seenotrettung betroffen ist. In Italien hat man ihn wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung angeklagt. Girke droht eine lange Haftstrafe, außerdem muss er damit rechnen, zur Zahlung von 15.000 Euro für jeden nach Italien gebrachten Menschen verurteilt zu werden (PNN berichteten).
Martina König vom Potsdamer Theaterschiff, die Girke nun zu der Podiumsdiskussion eingeladen hat, sieht ihr Theater geradezu in der Pflicht, „Solidarität von Schiff zu Schiff“ zu üben. „Da wollten wir als Theater etwas machen“, sagt König. Daher also diese Diskussionsrunde. Zusammen mit Girke wird dabei auch ein Flüchtling aus Eritrea auf dem Podium sitzen, der in deutscher Sprache über die Situation in Nordafrika, vor allem in Libyen, berichten will.
Martina König und ihre Mitstreiter wollen den Abend indes in einen größeren Zusammenhang stellen. Flüchtlingshilfe sei bereits unter den Nationalsozialisten kriminalisiert worden und auch später in der DDR, sagt König. So soll auf der Veranstaltung auch ein ehemaliger Fluchthelfer zu Wort kommen, der Menschen einst dazu verhalf, aus der DDR in den Westen zu fliehen – was im Osten bei Strafe verboten war.
Ein-Mann-Stück zu Populismus
Nicht nur auf der bevorstehenden Veranstaltung im Theaterschiff „Sturmvogel“ soll es auch um den Populismus innerhalb der EU gehen. Erstmals seit vielen Jahren wird der Sturmvogel im Sommer zu einer Tournee ablegen und über die Havel schippern. Mit dem Stück „Der alte Mann und die Zeit“, das seit dem vergangenen Jahr auf dem Spielplan steht, will man im August in der Stadt Brandenburg und in Rathenow Station machen.
Das Ein-Mann-Stück, gespielt von Dietmar Nieder, handelt von einem Havelschiffer, der über populistische Bewegungen in Deutschland nachdenkt und sich dann fragt, was er selbst dagegen tun könne. Martina König hat das Stück selbst geschrieben. Auch die Konzeptionen für zwei weitere Theaterstücke, die in der kommenden Spielzeit auf dem Schiff Premiere haben sollen, sind Königs Feder bereits entsprungen. Sie werden ebenfalls das Thema Flüchtlinge zum Inhalt haben.