zum Hauptinhalt
Die gesammelten Wünsche sollen die künftige Festgestaltung einfließen, sie sind aber gegensätzlich.
© Enrico Bellin

Einwohnerversammlung in Werder (Havel): Wünsche für das Baumblütenfest

Etwa 260 Werderaner waren am Montagabend bei der Einwohnerversammlung zum Baumblütenfest. Neben der Frage, warum die erst jetzt startet, gab es auch einige neue Vorschläge.

Werder (Havel) -  Es war vor allem eine Frage, die die Werderaner am Montagabend bei der Einwohnerversammlung zur Gestaltung des Baumblütenfestes auf der Bismarckhöhe umtrieb: Warum erst jetzt? "Warum haben Sie uns nicht befragt, bevor die Stadt in zwei Lager gespalten war: für oder gegen das Baumblütenfest?", fragte etwa ein Werderaner den Beteiligungsbeauftragten der Stadt, Linus Strothmann. Der kann die Frage nicht beantworten, er arbeitet erst dem Sommer in der Stadt und hat das Konzept für diese Einwohnerversammlung, mit der auch die Differenzen in der Stadt abgebaut werden sollen, erarbeitet.

Etwa 260 Werderaner wollten sich informieren

An drei Stationen, getrennt durch Stoffwände, wurden die Besucher erst fünf Minuten über Vergabeverfahren, Bürgerbeteilungsverfahren und das Fest im kommenden Jahr informiert und konnten anschließend zehn Minuten lang fragen stellen. An einer vierten Station konnten sie direkt mit Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) ins Gespräch kommen und Anregungen für die Festgestaltung ab dem Jahr 2021 an Pinnwände hängen. Nach 15 Minuten wurden die Stationen gewechselt. Etwa 260 Menschen sind am Abend in den großen Ballsaal der Bismarckhöhe gekommen. Das Interesse der Werderaner an ihrem Volksfest ist groß. Groß ist bei vielen auch noch immer das Unverständnis dafür, dass das Fest in seiner bisherigen Form wie berichtet im kommenden Jahr nicht stattfinden wird, da man sich mit dem einzigen Bieter im Verfahren nicht über die Übernahme von Sicherheitsrisiken einigen konnte. Gab es ein Markterkundungsverfahren, um zu prüfen, ob die Vorgaben der Stadt bei der Vergabe überhaupt umsetzbar sind? Warum hat man nicht schon vor Jahren umgesteuert, als das Fest immer größere Züge annahm? Christian Große (CDU), Werders 1. Beigeordneter, erklärte, dass die vorherige Vergabe und damit die Gestaltung des Festes einstimmig von den Stadtverordneten beschlossen worden waren. Die Stadt sei zudem von einigen Agenturen selbst angesprochen worden, im Austausch habe man erkundet, was am Markt möglich ist.

Die Zuhörer haben die Redner kaum verstanden

Große hatte jedoch wie alle Redner Probleme, sich im Saal Gehör zu verschaffen: Mikrofone gab es nicht, aus der Mitte des Raumes und von den anderen Stationen drang ständig Lärm ans Ohr. "Ohne Mikro können wir es auch ganz sein lassen" oder "Ein Kindergarten ist nichts dagegen" waren einige der Reaktionen auf das Stimmengewirr. Linus Strothmann redete die Probleme nicht klein, da müsse man das nächste Mal nachbessern. Die Idee sei aber gewesen, dass so mehr Werderaner zu Wort kommen, als bei einer Veranstaltung mit Vorträgen auf der Bühne und anschließenden Fragen aus dem Publikum. Diese Fragerunden würden schließlich viele nur ausnutzen, um Werbung für den eigenen Standpunkt zu machen.

Bürgermeisterin Manuela Saß kam mit Werderanern wie Christina Sucker und ihrem Mann Ingolf (v.l.) ins Gespräch.
Bürgermeisterin Manuela Saß kam mit Werderanern wie Christina Sucker und ihrem Mann Ingolf (v.l.) ins Gespräch.
© Enrico Bellin

Dass die Standpunkte extrem unterschiedlich sind, zeigte sich bereits nach etwa einer halben Stunde beim Blick auf die Pinnwand mit Wünschen: Neben dem Zettel "Schausteller" hing der Wunsch "Keine Schausteller", auch die Frage nach einem Mindestpreis für Obstwein wurde ähnlich gegensätzlich gesehen. Während sich beim Rauchen vor dem Eingang alteingesessene Werderaner in kleiner Runde beschweren, ihnen würde ihr Fest im Stadtzentrum von den Zugezogenen weggenommen, gibt es drinnen den Wunsch nach weniger Trubel in der Innenstadt: "Werder kann mehr als nur Insel", sagt etwa Christina Sucker, die mit ihrem Mann Ingolf in einem Neubaugebiet in der Eisenbahnstraße wohnt. Die Ortsteile sollten künftig mehr ins Fest einbezogen werden. Wie für 2020 vorgesehen sollte es hauptsächlich ein Fest in Höfen und Gärten werden. Trotzdem ihr Wohnviertel nicht mehr direkt zum Festgelände zählt, hätten sie den Vandalismus bisher jedes Jahr gespürt: Von der Terrasse wurden Möbel ans Ufer verschleppt, an dem dann gefeiert wurde. Die Hauswände wurden mit Graffiti beschmiert. Sie seien zwar grundsätzlich für das Fest, aber in kleinerem Rahmen in der Innenstadt

Jugend will weiterhin feiern

Auch Fabrice Höft und Paul Mauersberger sehen ein, dass es Änderungen geben muss. Die beiden 19-Jährigen, die im Vorstand des Fördervereins zum Erhalt des Baumblütenfestes sind, finden aber, dass es den bisherigen Plänen zufolge gar kein Angebot mehr für Jugendliche gibt. "Es ist zwar verständlich, dass die Hauptbühne nicht auf die Insel soll. Aber auf der Friedrichshöhe oder der Freilichtbühne könnte es Konzerte geben", sagt Höft. Durch einheitliche Preise für Wein und ein Verbot von günstigen Industrieobstwein könnte man auch den Alkoholkonsum reduzieren, so der Vorschlag von Paul Mauersberger. Auch solle die Insel weiter genutzt werden, dort könne man etwa einen Streetfood-Markt und eine kleine Bühne platzieren. Damit es nicht zu voll wird, könnte auf der Inselbrücke Eintritt kassiert werden. Größtes Event für ihre Generation war bisher der "Blütenzauber" von Hakke Music, DJ's legten auf einem abgetrennten Gelände in Bahnhofsnähe auf. Laut Veranstalter Karl Thiede waren mehr als tausend Menschen gleichzeitig auf dem Gelände. 2020 werde die Veranstaltung nicht stattfinden. Die Stadt sei aber schon auf ihn zugekommen. Man werde schauen, was in den kommenden Jahren wieder möglich ist. "Ohne großes Fest gehen wir nicht an den Start", so Thiede gegenüber den PNN.

Eine Sorge: Auf den Plantagen könnte es zu voll werden

Denn das ist die große Unbekannte: Wie viele Menschen werden nach Werder kommen, wenn es keine Festmeile mehr gibt? Darüber zeigt sich am Rande der Veranstaltung auch der Obstbauer Heiko Wels gegenüber den PNN besorgt. Wie berichtet sollen auch 2020 Busse an zwei Wochenenden Festbesucher in die Obstplantagen bringen. Wenn in der Stadt weniger los ist, könnten mehr Gäste auf die Plantage wollen. "Da ist die Frage, ob die Höfe auch alle Gäste aufnehmen können", so Wels. Er selbst sei an manchem 1. Mai schon an die Kapazitätsgrenzen gekommen, anderen Anbietern sei es ähnlich gegangen. Auch das Sicherheitskonzept müsse angepasst werden: Bisher sei es immer friedlich geblieben, zudem fuhr die Polizei mit Motorradstaffeln Streife. Womöglich komme aber 2020 ein anderes Publikum auf die Plantagen, wenn der Rummel ausfällt. Andererseits: Vielleicht bleibe auch ein Großteil des Publikums einfach aus. Man könne das nicht einschätzen, so Wels auf der Bismarckhöhe.

Die Ideen sollen in drei Varianten des Festes münden

Die dort gesammelten Ideen und Anregungen sollen in den weiteren Prozess einfließen: Übernächste Woche geht dem Beteiligungsbeauftragten zufolge eine Bürgerbefragung zum Fest online. Im kommenden Jahr sollen mehrere Workshops zum Thema stattfinden, in denen auch die Ideen von Montagabend beraten werden. Am Ende sollen zwei bis drei Varianten einer möglichen Festgestaltung als Ergebnis der Bürgerbeteiligung feststehen, aus denen dann die Stadtverordneten wählen sollen. Bürgermeisterin Manuela Saß zeigte sich am Montag mit dem Auftakt der Einwohnerbeteiligung zufrieden: Sie habe viele Interessante Gespräche geführt und sei froh, dass so viele Werderaner gekommen sind und sich einbringen wollen.

Enrico Bellin

Zur Startseite