CDU-Kreischefin Saskia Ludwig im Interview: „Wir brauchen einen Neustart“
CDU-Kreischefin Saskia Ludwig spricht im Interview über den Zustand des CDU-Landesverbands, ihren Vorschlag zur Mitgliederbefragung und die Gründe, warum es in Potsdam-Mittelmark so viel besser läuft.
In den kommenden Jahren werden allerhand Posten zur Wahl gestellt: Die CDU braucht für Potsdam einen neuen Bundestagsdirektkandidaten, die Wahlperiode des Landrates von Potsdam-Mittelmark endet und der Kreisvorsitz der Potsdamer CDU ist auch bald zu vergeben. Ihr Name ist ja immer wieder im Gespräch, wenn was frei wird. Haben Sie Interesse?
(lacht) Dass man mir all diese Positionen zutraut, schmeichelt natürlich ein Stück weit. Aber ich bin gerade frisch in Potsdam-Mittelmark als Kreisvorsitzende wiedergewählt worden und bin sehr stolz darauf, dem größten und vor allem erfolgreichsten Kreisverband vorstehen zu dürfen. Die Frage, ob ich den Vorsitz des Potsdamer Kreisverbandes übernehmen würde, stellt sich gar nicht. Die jetzige Kreisvorsitzende und angehende Lobbyistin des Verbands kommunaler Unternehmen hat verkünden lassen, dass sie noch lange bleibt.
Sie meinen Katherina Reiche, dazu später. Kurzfristig wird ja auch der Posten des Landesvorsitzenden frei, Michael Schierack ist zurückgetreten. Auch da werden Sie immer wieder mal von Medien gefragt, ob Sie wollen und Sie antworten dann mit Nein. Warum eigentlich nicht?
In der jetzigen Situation nicht, da sich Stil und Umgangsformen seit November 2014...
... als Ingo Senftleben den Fraktionsvorsitz im Landtag von Michael Schierack übernommen hat ...
...dramatisch geändert haben. Professor Schierack hatte als Vorsitzender der Landtagsfraktion einen offenen, transparenten und vor allem fairen Umgang gepflegt. Er hat unterschiedliche Meinungen nicht nur akzeptiert, sondern hat sich um Kompromisse bemüht. Das war übrigens auch bei Frau Professor Wanka so. Dieser Stil wird schmerzlich vermisst.
Sie haben eine Mitgliederbefragung zum neuen Landesvorsitzenden gefordert. Was soll das bringen?
Wir brauchen einen kompletten Neustart und eine intensive Diskussion, wie sich die CDU in Brandenburg für 2019 erfolgreich aufstellen kann. Diese Diskussion ist notwendig, damit wir auch langfristig Verlässlichkeit und Kontinuität zurückbekommen. Es kann nicht sein, dass es zur Gewohnheit wird, den Landes- und Fraktionsvorsitzenden alle zwei Jahre auszutauschen. Insofern wäre die Mitgliederbefragung der richtige Weg. Das Votum der Basis würde einen starken Landeschef garantieren. Egal wer es dann sein sollte, er wird auch meine volle Unterstützung bekommen.
Die Delegierten für den Landesparteitag werden doch bereits von den Mitgliedern bestimmt. Ist das nicht basisdemokratisch genug?
So argumentieren der Fraktionsvorsitzende und sein Sprecher. Es geht hier aber nicht um einen Mitgliederentscheid, sondern lediglich um eine Befragung, die nicht nur auf die drei öffentlich gehandelten Namen beschränkt ist. Es sollte eine offene Befragung sein. Aus der Basis wird zum Beispiel auch vermehrt der Ruf nach einem Kandidaten von außen laut. Für eine Mitgliederbefragung benötigen wir weder eine Satzungsänderung noch neue Spielregeln im CDU-Landesverband, wie es behauptet wird. Ich halte unsere Mitglieder in Gänze für klug genug, bei so einer zentralen Weichenstellung für 2019 genau zu wissen, was für unsere Partei das Beste ist. Was die Landesspitze mit diesem Votum macht und ob sie dieser Empfehlung folgen würde oder auch nicht, steht auf einem anderen Blatt.
Wie könnte so eine Befragung laufen?
Jedes Mitglied kann seinen Wunschkandidaten benennen. Die zum Beispiel fünf oder zehn meistgenannten Namen könnten dann erneut den Mitgliedern zur Abstimmung vorgelegt werden. Wer dann dabei die meisten Stimmen bekommt, hätte das Votum der Mitglieder. Bei wichtigen Ämtern hat die CDU in anderen Landesverbänden bereits sehr erfolgreich ähnliche Wege beschritten.
Der Kreisverband Potsdam-Mittelmark gehört zu den Kreisverbänden der CDU, wo Delegierte zu den Parteitagen geschickt werden und auch die Vorsitzende wählen, Sie zuletzt am 31. Januar mit fast 89 Prozent. Warum ist das in Ihrem Kreisverband basisdemokratisch genug, nicht aber im Landesverband?
Der Landesverband hatte seit 1990 zwölf Landesvorsitzende. Am 25. April soll der 13. hinzukommen. In Potsdam-Mittelmark gab es in dem gleichen Zeitraum zwei Kreisvorsitzende: Doktor Wolfgang Hackel und mich. Wenn wir ein ähnliches Bild wie auf Landesebene abgeben würden, hätten auch wir akuten Handlungsbedarf.
Sie hatten nach der Landesvorstandssitzung zum Rücktritt von Herrn Schierack gegenüber Journalisten Folgendes vorgetragen: „Immer wieder Petke. Diese Tragödie muss ein Ende haben. Das Einzige, was er kann, sind Intrigen. Das muss auch der Fraktionsvorsitzende Ingo Senftleben irgendwann mal verstehen.“ Es wurde gerätselt, was Sie damit gemeint haben.
Die Leute haben sich darüber gewundert, dass der Fraktionsvorsitzende Senftleben, nachdem Herr Petke seinen hochdotierten Nebenjob bei Bombardier beendet hat, ihn nicht nur überschwänglich gelobt, sondern mit entsprechend herausgehobenen Positionen in der Fraktion ausgestattet hat.
Er wurde sportpolitischer Sprecher und übernahm den Vorsitz des Finanzausschusses von Ludwig Burkhardt aus Kleinmachnow.
Der Einfluss auf Personalentscheidungen an der Spitze unserer Partei durch Herrn Petke ist hinlänglich bekannt. Ich wünsche mir einen Landesvorsitzenden, der nicht von Gnaden Petkes auf diese Position gehoben wurde, sondern von den Mitgliedern bestimmt wird.
Sven Petkes Ehefrau Katherina Reiche wird im September bekanntermaßen Geschäftsführerin des Verbands kommunaler Unternehmen, hat dafür ihren Staatssekretärposten im Bundesverkehrsministerium aufgegeben und will auch ihr Potsdamer Bundestagsmandat im September niederlegen. Meinen Sie, so etwas schadet der Landes-CDU?
Als Kreisvorsitzende von Potsdam-Mittelmark verwundert es mich schon, dass die angehende Lobbyistin vom Verband kommunaler Unternehmen dem Wahlkreismitarbeiter in Potsdam-Mittelmark bereits zum 30. April gekündigt hat, ihr Mandat nach eigener Aussage aber erst zum 1. September abgeben will. Noch verwunderlicher ist es, dass jemand, der einen 600 000-Euro-Lobby-Job ausfüllen will,
...die Zahl ist so nicht bestätigt worden...
...dass so jemand trotzdem nebenbei das zeitintensive Amt des Kreisvorsitzenden in Potsdam vollumfänglich ausfüllen will. Das sind alles offene Fragen, die vor allem die Leute vor Ort umtreiben. Das zusammen mit dem Punkt, mitten in der Legislatur keinen Ansprechpartner mehr im Wahlkreis zu haben, bedarf einiger Erklärungen. Das macht auch die Diskussion gegenüber den Wählern und den Kommunalpolitikern an der Basis, die sich alle ehrenamtlich engagieren und die Wahlkämpfe immer mit voller Kraft unterstützt haben, nicht einfacher.
Sie führen den Kreisverband von Potsdam-Mittelmark seit dem Jahr 2002. Die CDU ist bei der letzten Kommunalwahl stärkste Kraft im Kreistag geworden, hat auch in den Gemeinden zugelegt. In den ganzen Jahren gab es in Ihrer sonstigen politischen Karriere ein Auf und Ab, so waren Sie ja auch selbst schon mal CDU-Landesvorsitzende und führten die Landtagsfraktion. Warum läuft es im Landkreis so gut für Sie?
Ich habe einen sehr stabilen und gut geführten Kreisverband damals von Wolfgang Hackel übernommen. Was ich auch von Herrn Hackel übernommen habe, das ist offen und ehrlich mit den Leuten zu diskutieren, unterschiedliche Meinungen zu akzeptieren und inhaltlich den besten Weg zu suchen. Natürlich klemmt auch mal die Säge, dann muss man miteinander reden und auch mal einstecken können, ohne anschließend beleidigt zu sein. Das haben wir bis jetzt immer so im Kreisverband gehalten. Ich habe immer eine tolle Mannschaft dabei gehabt, ich habe ganz tolle Bürgermeister im Landkreis und hochengagierte kommunalpolitische Vertreter, die mit Leidenschaft bei der Arbeit sind. Insofern ist das eine Gesamtleistung und ich kann mich glücklich schätzen, diesen Kreisverband führen zu dürfen.
Ist es vielleicht auch so, dass auf der Landesebene die unterschiedlichen politischen Auffassungen offener und härter ausgetragen werden als auf der Kreisebene?
Die Wähler brauchen Verlässlichkeit, aber auch Stabilität in den Aussagen. Es gibt selbstverständlich auch auf der Kreisebene unterschiedliche Positionen. Mann muss daran festhalten, was uns langfristig vorwärts bringt. Am Ende muss CDU-Politik berechenbar sein. Schauen Sie sich nur zum Beispiel das Thema Staatswirtschaft an: Das haben wir als Kreisverband und im Kreistag von Anfang an besetzt, haben dafür gesorgt, dass die Zahl der Wirtschaftsaktivitäten des Landkreises deutlich zurückgefahren wurden. Dem Landkreis ist das insgesamt gut bekommen, er steht stabil da und ist finanziell gut aufgestellt. Und die Wähler kennen unsere klare Position.
Meinen Sie noch, dass die CDU auch im Brandenburger Landtag einmal stärkste Kraft werden könnte?
Selbstverständlich. Bevor man sich aber Gedanken um die kommenden Landtagswahlen macht, bedarf es einer intensiven Analyse der Wahlen aus 2014, wozu auch die Auswertung der individuellen Ergebnisse in den Wahlkreisen gehört. Hierbei ist auch intensiv das Abschneiden der AfD auszuwerten, wobei das Zurückgewinnen der abgewanderten Wähler Priorität haben sollte. Darüber hinaus muss der kommende Landesvorsitzende ebenso bereit sein, unterschiedliche Positionen und Flügel nicht nur zuzulassen, sondern selbstbewusst, auch jenseits der Vorgaben der SPD, diese Positionen zu vertreten.
Das Interview führte Henry Klix
ZUR PERSON: Saskia Ludwig, 46, ist seit dem Jahr 2002 Kreisvorsitzende des CDU-Kreisverbandes Potsdam-Mittelmark, der mit 700 Mitgliedern der stärkste CDU-Kreisverband in Brandenburg ist. Von 1998 bis 2009 war sie Abgeordnete des Kreistages. Seit 2004 ist sie direkt gewählte Landtagsabgeordnete. Ludwig war bis zum Jahr 2012 gut zwei Jahre Landeschefin der CDU Brandenburg und führte in dieser Zeit auch die CDU-Landtagsfraktion. Grund für ihren Rücktritt waren schärfer gewordene Attacken Ludwigs auf die rot-rote Landesregierung.
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