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Im Landkreis Potsdam-Mittelmark ist bislang kein Impfzentrum geplant - laut Kreisverwaltung gibt es keine passende Immobilie dafür. Nun soll aber erneut geprüft werden.
© Patrick Pleul/dpa

Kein Impfstoff vorhanden: Wenn das Impfzentrum geschlossen hat

Bei den Corona-Impfungen läuft einiges schief. Wer zum Impfzentrum fährt, steht womöglich vor verschlossener Tür. So ist es einem 82-jährigen Werderaner ergangen.

Werder (Havel) - Als Gabriele Wahl-Heidke aus Werder (Havel) und ihr 82-jähriger Mann an diesem Mittwoch am Impfzentrum Schönefeld ankamen, glaubten sie ihren Augen kaum. "Wir standen vor verschlossener Tür", erzählt sie empört. Dabei habe ihr Mann, schwer herzkrank und gehbehindert, einen Impftermin gehabt. Anderthalb Stunden habe die Anreise gedauert, 6 Euro die Parkgebühr gekostet. 

Doch niemand sei dort gewesen. Nicht einmal einen Aushang habe es gegeben, sagt sie. Vor der Tür hätten sie ein weiteres Ehepaar getroffen, das ebenfalls umsonst angereist sei. Unverrichteter Dinge und "voller Wut im Bauch" seien sie schließlich nach Hause gefahren. "Wie geht man eigentlich mit den alten Menschen hierzulande um?", fragt die Werderanerin: "Ich bin entsetzt, empört und voller Unverständnis."

Blick in das Impfzentrum im Terminal 5 am ehemaligen Flughafen Schönefeld.
Blick in das Impfzentrum im Terminal 5 am ehemaligen Flughafen Schönefeld.
© dpa

Dabei habe ihre Familie bereits kämpfen müssen, um überhaupt einen Termin zu bekommen, sagt Wahl-Heidke. Über 100 Anrufe bei der kassenärztlichen Hotline 116117 habe es gebraucht, bis sie endlich durchgekommen seien. Mehrere Familienmitglieder hätten sich abgewechselt. Nun sei vollkommen ungewiss, woher ihr Mann einen neuen Termin bekommen könne.

Laut KVBB sind Betroffene nur in Einzelfällen nicht informiert worden

Der Grund für die Schließung: Das Impfzentrum hat keinen Impfstoff. Seit Januar hat der Hersteller Biontech/Pfizer mit Lieferengpässen zu kämpfen. Die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KVBB), deren Ärzte die Impfungen durchführen, teilt auf ihrer Website mit, dass Erstimpfungen in Schönefeld, Potsdam und Cottbus umgebucht werden mussten.  

Die KVBB widerspricht jedoch dem Vorwurf, die Patienten seien nicht ausreichend informiert worden. "Insgesamt wurden rund 9.000 Termine umgebucht", teilt Sprecher Christian Wehry mit. "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Callcenters haben telefonisch mindestens dreimal an zwei verschiedenen Tagen versucht, die betroffenen Bürger zu erreichen." Wenn dies nicht geklappt habe, sei eine automatisierte E-Mail verschickt worden und alle Betroffenen hätten zudem einen Brief mit allen wichtigen Informationen erhalten. Nur in Einzelfällen sei es nicht möglich gewesen, die entsprechenden Personen zu erreichen. Zu denen gehört offenbar das Werderaner Ehepaar.

Nach Absage werden neue Impftermine automatisch per Telefon vereinbart

"Sobald wieder ausreichend Impfstoff im Impfzentrum verfügbar ist, werden wir die Betroffenen unaufgefordert sofort telefonisch kontaktieren, um einen neuen Termin zu vereinbaren", versichert der Sprecher. "Sie werden bevorzugt behandelt und müssen selbst nichts weiter veranlassen." 

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Am Dienstag wurde in Brandenburg an der Havel das siebte Impfzentrum des Landes eröffnet. Das ist für die meisten Mittelmärker mit dem Auto erreichbar. Es befindet sich in der Veranstaltungshalle “Stahlpalast”. Nach Auskunft des Gesundheitsministeriums wird dort der Impfstoff des Herstellers Moderna eingesetzt. Daher seien zurzeit Impfungen möglich. Anfang Februar soll außerdem ein weiteres Impfzentrum in Luckenwalde eröffnet werden.

In Mittelmark keine passende Immobilie für ein Impfzentrum

Warum gibt es eigentlich kein Impfzentrum in der Mittelmark? Die Möglichkeiten seien geprüft worden, teilt Landkreis-Sprecherin Andrea Metzler mit. Das Land habe die Landräte aufgefordert, mögliche Standorte zu prüfen. Doch schnell sei klar geworden, dass Potsdam-Mittelmark nicht über entsprechende Immobilien verfüge, um ein Impfzentrum einzurichten. In der letzten Telefonkonferenz mit den Bürgermeistern sei das Anforderungsprofil weitergegeben worden. “Die Bürgermeister werden jetzt noch einmal prüfen”, so die Sprecherin.  

Ein Impfzentrum muss den Richtlinien zufolge unter anderem über eine große Grundfläche verfügen, eine Lüftungsanlage, Nebenbereiche für das Impfpersonal und Sanitäreinrichtungen. Es muss gut erreichbar sein und barrierefrei. Außerdem muss es ausreichend Parkplätze geben und einen Internetanschluss mit genügend Leistung.

Mittelfristig soll auch in Hausarztpraxen geimpft werden

Mittelfristig möchte die KVBB aber nicht auf Impfzentren allein vertrauen. “Von Anfang an haben wir gesagt, dass die Impfungen in die Arztpraxen gebracht werden müssen”, sagt Sprecher Christian Wehry. “Die Hausärzte zeigen jedes Jahr mit der Grippeschutzimpfung, dass sie in kurzer Zeit viele Menschen impfen können.” Allerdings müsse dazu erst einmal ausreichend Impfstoff verfügbar sein. Die aktuellen Vakzine, die extrem gekühlt werden müssen, seien dafür ungeeignet. Nicht zuletzt sei die Sicherheit ein großes Problem. “Aktuell ist der Impfstoff flüssiges Gold. Entsprechend gibt es ausgeklügelte Sicherheitskonzepte für die Impfzentren.” 

Neue Termine für Erstimpfungen gibt es erst einmal nicht in Brandenburg. Ein Testanruf bei der Hotline 116117 am Freitag führte nur zu einer automatischen Ansage. Auch auf der KVBB-Website heißt es, alle Termine seien ausgebucht.

Ein Stück weit liegt das auch an der Impfstrategie. Brandenburg gehört zu den Bundesländern, die einen Teil der Impfdosen auf Vorrat lagern. Das bestätigte das Gesundheitsministerium den PNN auf Anfrage. Damit soll gesichert werden, dass alle Patienten nach der Erstimpfung auch eine zweite erhalten, selbst wenn der Hersteller nicht liefern kann. Erst nach der zweiten Impfung ist der Impfschutz komplett. "Für Lieferausfälle und sonstige Unvorhersehbarkeiten ist eine Schwankungsreserve physisch zurückgelegt im Lager”, teilte Ministeriumssprecher Gabriel Hesse mit.

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