Arbeitsniederlegung in Brandenburg an der Havel: Tarifgebundenes Krankenhaus wird bestreikt
Kritik an Verdi für Streik am Freitag in Brandenburg an der Havel. Keine Vereinbarung für Notdienst getroffen.
Brandenburg/Havel - Trotz der grassierenden Corona-Pandemie will die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi am Freitag das städtische Klinikum in Brandenburg an der Havel bestreiken. Wie die Gewerkschaft mitteilt, versuche man bereits seit zwei Wochen erfolglos, eine „Notdienstvereinbarung“, die im Fall eines Warnstreiks oder Streiks den Krankenhausbetrieb einerseits und andererseits das Streikrecht absichere, abzuschließen.
„Eine Notdienstvereinbarung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, sie regelt aber im Falle eines Streiks die vielen auftretenden Fragen“, sagt Torsten Schulz, Gewerkschaftssekretär im Fachbereich Gesundheit im Verdi-Bezirk Potsdam-Nordwestbrandenburg. „Eine rechtzeitig vorher vereinbarte und einvernehmlich abgeschlossene Notdienstvereinbarung schafft für alle Seiten Sicherheit.“
Bundesweite Tarifauseinandersetzungen
Bundesweit befindet sich Verdi derzeit in Tarifauseinandersetzungen über den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst Bund und Kommunen (TVöD). Dieser Tarifvertrag, über den bislang in zwei Runden erfolglos verhandelt wurde, gilt auch am Städtischen Klinikum Brandenburg an der Havel - was in Brandenburg allerdings die absolute Ausnahme darstellt: Die Klinik, die Verdi bestreiken will, ist derzeit die einzige kommunale Klinik im Land, die den Tarifvertrag anwendet.
„Das Klinikum Brandenburg ist nach über 14 Jahren am 01.01.2020 als erstes Krankenhaus im Land Brandenburg, trotz einer finanziell sehr angespannten Lage, wieder in die unmittelbare Tarifbindung des bundeseinheitlichen Flächentarifvertrages TVöD zurückgekehrt“, heißt es in einer Pressemitteilung. Im Potsdamer "Ernst von Bergmann-Klinkum" soll der TVöD hingegen erst noch eingeführt werden: Im September hatte die Rathauskooperation der Landeshauptstadt wie berichtet beschlossen, die Klinik bei der Einführung des TVöD zu unterstützen. Die Stadt soll die entstehenden Mehrkosten tragen.
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Deutlich mehr Pflegekräften als vorgeschrieben
Für die Klinik in Brandenburg an der Havel hatte die Rückkehr in den TVöD dagegen bereits Konsequenzen. Auf allen Stationen arbeite man mit deutlich mehr Pflegekräften, als es gesetzlich vorgeschrieben sei. Krankenschwestern erhielten dadurch auch durchschnittlich 7,5 Prozent mehr Lohn.
„Wir haben uns in der Vergangenheit immer für bessere Arbeitsbedingungen und eine tarifliche Entlohnung eingesetzt, über Jahre durch entsprechende Haustarifverträge und nun auch nach dem TVöD“, sagt die Geschäftsführerin der Städtischen Klinik Brandenburg GmbH, Gabriele Wolter. „Zum Dank wird das Haus von Verdi bestreikt.“ Dafür habe sie keinerlei Verständnis. So werde es kein weiteres Brandenburger Krankenhaus mehr geben, das in die tarifgebundene Mitgliedschaft des Kommunalen Arbeitgeberverbandes (KAV) zurückkehrt.
Arbeitgeberverband übt Kritik
Ähnlich äußert sich der Verbandsgeschäftsführer des kommunalen Arbeitgeberverbands Brandenburg, Klaus-Dieter Klapproth. Die Rückkehr des Klinikums in den Flächentarifvertrag sei „von vielen Krankenhäusern in Brandenburg mit Skepsis beobachtet“ worden. „Diese Skepsis bestätigt sich nun, denn die Antwort der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft auf die vorbildliche Rückkehr in den Flächentarif ist ein Warnstreik, von dem die anderen Krankenhäuser verschont bleiben“, sagt Klapproth.
Die Beschäftigten im Brandenburger Klinikum hätten im landesweiten Vergleich die besten Arbeitsbedingungen. „Aber es geht natürlich immer noch besser“, so Klapproth ironisch. „Man soll von einer Gewerkschaft alles, nur keinen Dank erwarten.“
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