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Die Friedhofsbahnbrücke über dem Teltowkanal wurde abgerissen.
© Solveig Schuster

Friedhofsbahnbrücke wurde abgerissen: Eine Lücke klafft über dem Teltowkanal

Die Friedhofsbahnbrücke verband Stahnsdorf und Kleinmachnow über 105 Jahre. Nun ist sie Geschichte.

Kleinmachnow/Stahnsdorf - Über dem Teltowkanal zwischen Stahnsdorf und Kleinmachnow klafft seit Dienstag ein Loch. 105 Jahre nach ihrem Bau ist die Friedhofsbahnbrücke, die zuvor beide Kommunen und zugleich die Hoffnung vieler auf einen neuen Eisenbahnanschluss miteinander verband, Geschichte. Am Vormittag hatte das mit dem Abriss beauftragte Unternehmen begonnen, Halteseile an dem stählernen Fachwerkgerüst anzubringen. Später hob ein Schwimmkran das über 200 Tonnen schwere Stahlkonstrukt aus den Angeln, ließ es kurz über dem Wasser schweben, um es schließlich auf einem unterhalb der Brücke platzierten Ponton abzulegen. 

Nach Angaben von Jürgen Hempel, Projektleiter der Deutschen Bahn AG, wird es dort derzeit in seine Einzelteile zerlegt, bevor es voraussichtlich am Donnerstag auf dem Wasserweg zur Verschrottung nach Brandenburg transportiert werden kann. 

Letzte Bilder der alten Brücke

Neben einigen Schaulustigen hatten vor allem viele Fotografen den Weg zum Ufer im Kleinmachnower Ortsteil Dreilinden gesucht, um die letzten Bilder von der 1913 von der Evangelischen Landeskirche errichteten Brücke zu schießen. Über viele Jahre lang ratterten dort Eisenbahnwaggons mit Verstorbenen und Friedhofsbesuchern von Berlin-Wannsee über den Teltowkanal zum Stahnsdorfer Südwestkirchhof. Noch bis zum Mauerbau 1961 hatte die Brücke Züge getragen, dann kam der Verkehr auf der rund vier Kilometer langen Strecke zum Erliegen. Das Bauwerk verfiel. Seitdem wurde immer wieder über den Abriss der maroden Brücke diskutiert. Ende 2016 war er schließlich endgültig besiegelt worden, nachdem es der Deutschen Bahn nicht gelang, das baufällige Gerüst zu verkaufen. Wie berichtet hatten sich die Gemeinden die Grundstücke der Trasse gesichert, einen Kauf der Brücke aber wegen zu hoher Unterhaltungskosten abgelehnt. 

Fachwerkgerüst hatte bis zuletzt viele Fans

Vor einigen Jahren hatte die Bahn aus Sicherheitsgründen bereits Gleise und Bohlen demontiert. Dennoch behielt das weiter über dem Kanal thronende Fachwerkgerüst zahlreiche Fans, die es gern als Industriedenkmal erhalten wollten. Auch eine Rad- oder Fußwegbrücke hatten sich einige erhofft. Von vielen Menschen werde der Abriss daher mit Wehmut betrachtet, sagte Kleinmachnows Gemeindesprecherin Martina Bellack den PNN. Auch sie wollte die Brücke zumindest noch einmal ablichten, bevor sie endgültig in die Annalen der Geschichte eingeht. 
Der Friedhofsverwalter des Südwestkirchhofs, Olaf Ihlefeldt, verzichtete indes auf einen nochmaligen Besuch. Er wolle die Bilder der Vergangenheit und Gegenwart in Erinnerung behalten, erklärte er. Verdränge er die aufkommende Wehmut, dann könne er den Abriss inzwischen aber auch „mit Freude als eine Vorstufe zum Neubau der Trasse sehen“. Dass die Verkehrsanbindung zwischen Berlin und Stahnsdorf wieder aktiviert werden muss, stehe für ihn außer Frage. „Es ist einfach nur traurig, dass es vor über 100 Jahren selbstverständlich war, eine solche Verkehrsanbindung zu schaffen und wir im 21. Jahrhundert dazu einfach nicht mehr in der Lage sind“, sagte er. 

Ringschluss bleibt Ziel der Gemeinden

Wie berichtet wird seit Jahren um eine Bahnanbindung von Kleinmachnow und Stahnsdorf diskutiert. Die ehemalige Friedhofsbahn würde dabei einen möglichen S-Bahn-Ring von und nach Berlin über Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow schließen. Die Region hofft, dass dazu zunächst die nach Teltow führende S-Bahn bis nach Stahnsdorf verlängert wird. Zuletzt war von Politik und Bahn aber eine Reaktivierung der ehemaligen Stammbahn von Berlin nach Potsdam mit Anschluss an den Kleinmachnower Gewerbepark Dreilinden priorisiert worden. Dennoch dürfe die Demontage der stählernen Brückenkonstruktion nicht als Statement der Gemeinden gegen einen Ringschluss missverstanden werden, sagte Stahnsdorfs Gemeindesprecher Stephan Reitzig. Die Gemeinden hätten sich mit den Grundstücksankäufen dauerhaft die Option einer Schienenanbindung gesichert. Zudem sei die Brücke „wortwörtlich Schrott und für ihren ursprünglichen Zweck unbrauchbar“, erklärte er. 

Option für Tausende Pendler aus Stahnsdorf

Die Erinnerungskultur an die Bahn werde auch ohne Brücke in Stahnsdorf hochgehalten. Im Juni 2013 hatte Bürgermeister Bernd Albers (Bürger für Bürger) so etwa im Rahmen der Feierlichkeiten „100 Jahre S-Bahn“ am ehemaligen Bahnhof in Stahnsdorf eine Gedenkstele eingeweiht. Ebenso wurde dort ein ausgesondertes Haltesignal der Parkeisenbahn Wuhlheide installiert. Noch stehe das Signal auf Halt, aber die Zuversicht eines Wiederanschlusses an das Berliner S-Bahn-Netz sei groß, weil das Thema mittlerweile auch bei den Regierungsparteien in Brandenburg angekommen sei, erklärte Bernd Albers. „Es wird höchste Zeit, dass diese Wunde der deutsch-deutschen Teilung geheilt und die Schiene für die Tausenden Berufspendler in Stahnsdorf wieder eine echte Option wird", sagte er. 

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