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Die beiden Kasernen unten sollen zur Unterbringung der Asylbewerber dienen, das Gebäude oben als Verwaltungshaus.
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Flüchtlinge in Potsdam-Mittelmark: 600 Flüchtlinge kommen nach Damsdorf

In ehemalige Bundeswehrkasernen in Damsdorf sollen 600 Flüchtlinge unterkommen. Das Landratsamt hält die Kasernenunterkunft im kleinen Ort selbst für suboptimal, sieht aber keine Alternative.

Kloster Lehnin - Es geht nicht, und es muss doch irgendwie gehen, sagt der Lehniner Bürgermeister Bernd Kreykenbohm (parteilos): Im Lehniner Ortsteil Damsdorf sollen in früheren Bundeswehrkasernen insgesamt 600 Flüchtlinge unterkommen. Es würde die größte Flüchtlingsunterkunft des Landkreises entstehen – in einem Örtchen, das 1500 Einwohner hat. „Das ist ein Dorf im Dorf“, sagte der Bürgermeister gestern gegenüber den PNN. „Dem Grunde nach ist das nicht zu leisten.“

Dennoch müsse es jetzt darum gehen, eine Willkommensatmosphäre in der Gemeinde hinzubekommen und Hilfsangebote vorzubereiten. Derzeit würden mit allen Aktiven in der Gemeinde intensive Gespräche dazu laufen. „Ich würde mir sehr wünschen, dass aus der Bürgerschaft heraus eine Hilfsinitiative für die Flüchtlinge entsteht“, sagte Kreykenbohm. Das Rathaus würde eine solche Arbeitsgruppe unterstützen. Am 17. Juni wird zu einer Informationsveranstaltung zu dem Thema eingeladen.

Ab Ende August werden Kasernen bezogen

Das Objekt in Damsdorf werde frühestens Ende August bezogen werden, hieß es am Dienstag aus dem Landratsamt in Bad Belzig. Landrat Wolfgang Blasig (SPD) sagte, dass man die ankommenden Menschen auch gern anders unterbringen würde als in so großen Objekten. Doch diese Möglichkeit bestehe nicht mehr, „wenn wöchentlich 30 Menschen vor unsere Tür gestellt werden. Wer der Meinung ist, dass das anders ginge, mit welchen Mitteln und wo, der kann uns in unserer Arbeit gern und sofort unterstützen“, so Blasig.

Da der Landkreis seit Mai monatlich 120 Flüchtlinge aufnehmen muss, seien Objekte wie die Damsdorfer Kaserne der einzige Ausweg, um den Zustrom zu bewältigen, ergänzte Kreissprecherin Andrea Metzler. Die drei Gebäude stehen auf einem 30 Hektar großen, früheren Armee-Areal, das der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) gehört und teils an Gewerbetreibende vermietet ist. Eine Ecke hat sich die Gemeinde für ihren Bauhof gekauft. Zur Flüchtlingsunterbringung gebe es „seit einigen Wochen Gespräche mit der Bima und seit einigen Tagen mit der Gemeinde Kloster Lehnin“, sagte Metzler. Die Bima biete Hilfestellung bei der Suche nach Objekten zur Unterbringung von Asylbewerbern.

Vom Übergangswohnheim in andere Unterkünfte

Vom Standort Damsdorf sollen sie dann laut Metzler auf die Übergangswohnheime und andere Unterkünfte im Landkreis verteilt werden. „In den nächsten Tagen wird der Landkreis mit seinen Fachbehörden beraten, wie dies vor Ort zu organisieren ist.“ So werde darüber nachgedacht, beispielsweise die Kinderbetreuung intern zu lösen. „Das heißt, dass die Eltern der Asylbewerberkinder in Zusammenarbeit mit Sozialarbeitern in einem Gemeinschaftstrakt die Kinder betreuen sollen, da in Kloster Lehnin keine Kapazität für so viele Kinder vorhanden ist“, so Metzler.

Dem Vernehmen nach gab es einen Kaufinteressenten für einen Teil des Kasernenareals, das der Landkreis nun nutzen möchte. Der Kaufvertrag ist aber offenbar nicht wirksam geworden. Vor dem Einzug der Asylbewerber seien Eigentumsverhältnisse zu klären und „vor Ort einige logistische Maßnahmen umzusetzen“, so Metzler. Klappt das alles, werde möglicherweise die Notunterkunft in der Michendorfer Gymnasium-Turnhalle (PNN berichteten) ab September nicht mehr benötigt.

Vom jetzigen Plan überrollt

Doch kaum weniger kritisch wie die Turnhallen-Nutzung in Michendorf wird im Lehniner Rathaus die Nutzung der drei früheren Kasernengebäude gesehen. Laut Bürgermeister Kreykenbohm hatte die Gemeinde dem Landkreis sogar schon mal ein Objekt im Kernort Kloster Lehnin angeboten, in dem 60 bis 70 Asylbewerber untergekommen wären. „Diese Zahl hätten wir mit unseren Kräften und Einrichtungen in Lehnin wirkungsvoll integrieren können.“ Die angebotene Immobilie der Potsdamer Waisenhausstiftung sei aber vom Landratsamt nicht gewollt gewesen. „Vom jetzigen Plan werden wir überrollt“, sagte Kreykenbohm – wobei das Landratsamt die Gemeinde umfassend und sachlich informiert habe. „Polemik und Schuldzuweisungen wären jetzt fehl am Platz.“

Dennoch schloss sich Kreykenbohm der Kritik des Michendorfer Bürgermeisters Reinhard Mirbach (CDU) am ungelösten Problem der Flüchtlinge aus dem Westbalkan an. Auch Landrat Wolfgang Blasig (SPD) hatte in den PNN gewarnt, dass sich die Situation verschärfen werde, wenn der enorme Zustrom an Asylbewerbern aus Ländern wie Albanien oder dem Kosovo anhält, die fast keine Aussicht auf Asyl haben. Laut Landratsamt sind das deutlich über die Hälfte der im Landkreis ankommenden Menschen.

Das Bundesinnenministerium hatte zwar angekündigt, die Stellen im Bundesamt für Migration zu verdoppeln, um Asylverfahren schneller abzuschließen. Den betroffenen Kommunen dauert die Umsetzung dieser Pläne aber zu lange. „Wir beziehen für die Bundespolitik die Prügel“, sagte Bürgermeister Kreykenbohm. Die Flüchtlinge seien hilflos und könnten nichts für die Situation.

Ursprünglich in Wohnungen untergebracht

Bis 2012 habe der Landkreis Flüchtlinge und Asylsuchende weitgehend nach einer Übergangsphase in einem Asylheim in Wohnungen untergebracht, sagte Landrat Blasig am Dienstag. „Dieses Konzept hat damals gut funktioniert, weil die Anzahl der Asylsuchenden mit der vorhandenen Kapazität im Landkreis übereinstimmte.“ Bei den heutigen Zahlen von 1162 aufzunehmenden Flüchtlingen und Asylbewerbern im Landkreis sei das einfach nicht mehr machbar.

Die Gemeinde Kloster Lehnin hat für Mittwoch, den 17. Juni, 17 Uhr, in die Sporthalle Damsdorf, Bergstraße 11, zu einer Bürgerversammlung zum Thema eingeladen.

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