Michendorf: 100 Flüchtlinge ziehen in ehemaliges Sens-Convent Hotel
Der Einzug hat sich immer wieder verzögert. Nun sind die ersten 100 Flüchtlinge in das ehemalige Sens-Convent Hotel in Michendorf eingezogen.
Michendorf - Es ist eine kleine Geste mit großer Wirkung. Mit einer Blume, einem freundlichen Lächeln und einem Händedruck sind am Dienstagvormittag die ersten Flüchtlinge in Michendorf von rund einem Dutzend Anwohner begrüßt worden. Es sind die ersten rund 100 Personen, die in das seit Jahren leerstehende ehemalige Sens-Convent Hotel in der Potsdamer Straße einziehen. Unter ihnen Familien mit kleinen Kindern, alleinreisende Frauen und Männer. Familien mit Schulkindern sollen erst in den Sommerferien kommen. Das frühere Hotel, das nun offiziell Haus Polygon heißt, soll noch in diesem Jahr mit bis zu 240 Flüchtlingen voll belegt werden.
Neue Bewohner freuen sich über das saubere Zuhause
In den Gesichtern der Neuankömmlinge zeigt sich Freude über den kleinen Willkommensgruß. Sie sind froh, endlich in Michendorf zu sein – in einem neuen, sauberen Zuhause. In dem Containerdorf in Brück, wo die meisten bisher lebten und das der Kreis noch in diesem Jahr schließen will, herrschen desolate Zustände. Dem Vernehmen nach soll es dort reinregnen, durch Ritze in den Wänden kommen Mäuse und Ungeziefer in die Container. Bisher lebten dort 283 Flüchtlinge, sie sollen jetzt auf andere Standorte verteilt werden.
Einer der Standorte ist nun auch Michendorf. Eigentlich hatte der Kreis das ehemalige Hotel bereits 2016 angemietet und kurze Zeit später für 4,3 Millionen Euro gekauft. Doch Probleme mit dem Brandschutz und der Elektrik verzögerten den Einzugstermin über Jahre. Jetzt ist es soweit – und Michendorf hat viel Zeit gehabt, sich auf den Zuzug vorzubereiten.
Arbeitsgruppe Flüchtlinge in Michendorf
Seit zwei Jahren gibt es im Ort eine Arbeitsgruppe namens Flüchtlinge in Michendorf. Sie hat vieles ins Rollen gebracht. Gegründet hatte sie sich, nachdem 2015 rund 100 Flüchtlinge in einer Michendorfer Turnhalle als Notunterkunft kurzzeitig untergebracht wurden. Viele Einwohner wollten damals helfen und merkten schnell, dass das am besten funktioniert, wenn die Hilfe koordiniert wird. So machte sich die Arbeitsgruppe für einen Ehrenamtskoordinator im Ort stark, überzeugte das Gemeindeparlament, der Ehrenamtskoordinator kam – nur die Flüchtlinge fehlten. Mittlerweile ist der damalige Koordinator schon nicht mehr in Michendorf, seit Mai ist seine Nachfolgerin im Amt. Ihr Büro ist im Michendorfer Familienzentrum.
Auch einen Runden Tisch haben die Ehrenamtlichen organisiert, mit dabei Sport- und Kulturvereine aus Michendorf, die Feuerwehr, das Unternehmernetzwerk. Erst am Montagabend saß die Runde erneut zusammen, um zu beraten, wie man die Integration der Flüchtlinge aus 20 Nationen in Michendorf erleichtern kann.
Polygon soll ein offenes Haus sein
Und es gibt mittlerweile sogar ein Konzept für das Haus, das der ehemalige Ehrenamtskoordinator Matthias Klockenbusch noch geschrieben hat. Die Idee: Das Haus Polygon soll ein offenes Haus sein, zugänglich für interessierte und engagierte Michendorfer, aber offen auch nach außen. So sollen die neuen Bewohner selbst den Weg in die Vereine, zu den vielen Angeboten in der Gemeinde finden. Die Theatergruppe der Kleinen Bühne probt regelmäßig im Haus.
Der große Vorteil des Heimes: es liegt zentral. Schnell ist man beim Familienzentrum, schnell im Ortskern, schnell bei der nächsten Einkaufsmöglichkeit. Auch die Anbindung nach Berlin und Potsdam ist von Michendorf aus schneller als von Brück.
Das Heim wird vom Verein Soziale Arbeit Mittelmark betrieben, die Heimleitung sowie das aus sieben Personen bestehende Team zieht größtenteils mit aus Brück nach Michendorf. Die Nutzung des Hauses als Flüchtlingsunterkunft ist zunächst für drei Jahre vorgesehen, danach hat die Gemeinde die Planungshoheit und kann bestimmen, wie es dort weitergeht.
Begegnungscafé im Familienzentrum geplant
„Es gibt viele engagierte Menschen in Michendorf, die helfen, dass das Heim in der Bevölkerung Akzeptanz findet“, sagt der Chef des Trägers, Johannes Blatt, gegenüber den PNN. Er war unter anderem zusammen mit der Arbeitsgruppe an einem Workshop beteiligt, bei dem es um Ideen für Hilfen ging.
Die Ehrenamtlichen wollen die zum Teil bereits schon gut integrierten Familien erst ankommen lassen, am Pfingstmontag soll es ein erstes Begegnungs-Café im Familienzentrum geben. „Dann sehen wir weiter, was wirklich gebraucht wird“, sagt Imina Schopper von der Arbeitsgruppe und verteilt weiter Blumen und ein Lächeln.