Erste Brandenburgische Buchmesse in Potsdam: Teures Papier, hochwertige Bindung
Brandenburgs Verlagsszene ist künstlerisch anspruchsvoll, aber schwach vernetzt. Die erste Brandenburgische Buchmesse, die am morgigen Samstag in Potsdam stattfindet, möchte das ändern.
Potsdam - Im Oderbruch gibt es, kaum einen Steinwurf voneinander entfernt, zwei Verlage. Beide Orte, in denen sie ansässig sind, klingen überaus unbrandenburgisch. Schließlich weilten hier einst die Hugenotten: Croustillier und Vevais. Sonst allerdings haben die beiden Verlage, der Aufland Verlag und die Galerie Vevais, nicht viel gemein und kennen einander, trotz der räumlichen Nähe, kaum. Der eine, von zwei Kulturwissenschaftlern gegründet, bringt Bücher zumeist über brandenburgische Landschaftsräume heraus, mal wissenschaftlich, mal als Lese- oder Kunstbücher.
Der andere Verlag, die Galerie Vevais, ist hingegen mit ihrem Sortiment in der großen weiten Welt zu Hause: Inhaber Alexander Scholz verlegt kunstvoll und aufwendig gestaltete Bücher, ob Foto- oder Gedichtbände. Manch eins kostet schon mal 10 000 Euro. Seine Objekte, wie er die Bücher nennt, finden sich inzwischen in der Sammlung der New York Public Library. Regelmäßig räumt Scholz Preise ab, zuletzt gewann er die Silbermedaille beim Deutschen Fotobuchpreis, sein Internetauftritt ist fast ausschließlich auf Englisch. „Ich habe das Gefühl“, sagt Alexander Scholz, „das Networking funktioniert weltweit besser als unter Brandenburgern.“
Brandenburger Verlage wollen sich vernetzen
Die Brandenburger Buchmesse soll das jetzt ändern. Am morgigen Samstag findet sie in der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam zum ersten Mal statt, unter dem Titel „Schöne Bücher aus Brandenburg“.
Damit ist das Programm vorgegeben. Initiator Hans Jörg Rafalski will Qualität zeigen und die Bandbreite hochwertiger hiesiger Bücher präsentieren. Gedacht für die Verlage untereinander, aber auch für Autoren und ein bibliophiles Publikum. „Mir ging es darum, die ganz verstreuten Verlage aus dem Flächenland Brandenburg aus dem Schatten Berlins zu holen und in ein besonderes Licht zu stellen“, sagt Rafalski.
Rafalski ist Kommunikationsdesigner und hat für seine eigenen Bücher vor zwei Jahren selbst den Verlag Papierwerken in Niederfinow gegründet. Doch das Wort Selfpublisher mag Rafalski nicht, das könne alles und nichts an Qualität bedeuten, meint er. Er aber will sich abgrenzen von der Schwemme an billig produzierten Büchern. Und er will mit der Brandenburger Messe auch eine Art „Hilfe zur Selbsthilfe“ leisten, wie er sagt.
"Kleinere Verlage bleiben auf der Strecke"
Denn der Buchmarkt, wie er derzeit funktioniert, lasse kleinen Verlagen kaum eine Chance. Bei mehr als 70 000 Neuerscheinungen im Jahr 2017 in Deutschland ist der Kampf um die Wahrnehmung und Verkäufe so hart wie nie. Es sei „unglaublich schwer, in die Buchläden zu gelangen. Kleinere Verlage, die sich keine Vertreter leisten könnten, bleiben auf der Strecke“.
Dabei ist Rafalski nicht der Inhalt eines Buches das vorrangige Anliegen, sondern das Buch als sinnliches Objekt soll in den Vordergrund gerückt werden. Haptisch und visuell ansprechende und niveauvolle Bücher aus der Region – das waren die Kriterien, nach denen er im Sommer gezielt Verlage aussuchte und ansprach. Die erste Resonanz allerdings war eher verhalten: Viel Frustration und Ablehnung seien ihm begegnet, sagt er.
Auch Potsdamer Verlage sind mit dabei
Auch der Potsdamer vacat Verlag, der morgen dabei sein wird, ist eher skeptisch: Viele Verkäufe erwarte er nicht von der Messe, aber man wolle im Geschäft bleiben, sagt vacat-Geschäftsführer Frank Feller. Sein Verlag wurde mit der Buchreihe „Potsdamer Pomologische Geschichten“ mit dem Designpreis Brandenburg ausgezeichnet und für den Designpreis Deutschland nominiert. Es habe einige Versuche gegeben, eine Art gemeinsames Forum zwischen den Brandenburger Verlagen zu etablieren, alle bislang gescheitert, sagt Feller. Und auch das bisher oberste Organ auf diesem Gebiet, die Arbeitsgemeinschaft Brandenburger Verlage, der Vacat seit ihrer Gründung im Jahr 1998 angehört, gibt auf. Laut Feller wird sie sich Ende des Jahres auflösen und ihr Ziel, die brandenburgische Literaturlandschaft wiederzubeleben und zu fördern, somit begraben.
Ob diese Buchmesse nun der hiesigen Verlagslandschaft einen neuen gemeinschaftlichen Geist einzuwehen vermag, bleibt abzuwarten. Nach anfänglichem Zögern, so Initiator Hans Jörg Rafalski, habe er aber seit Ende August große Begeisterung für die Messe von den Kollegen erfahren. Und auch Alexander Scholz ist optimistisch: „Das ist risikoreich, aber ich find’ die Idee jut“, sagt der gebürtige Oderbruchler. Es gebe schließlich in Brandenburg nichts Vergleichbares.
Insgesamt 15 Verlage auf der Messe
Auf der Messe im Saal der Stadt- und Landesbibliothek werden sich nun insgesamt 15 Verlage präsentieren. Darunter etwa Christiane Wartenberg mit ihrem 2007 gegründeten Loose Art Verlag, der Künstlerbücher verlegt, oftmals nur ein Exemplar. Auch die hochpreisigen Künstlerbücher des 2016 verstorbenen Ottfried Zielke aus Bad Freienwalde werden vertreten sein, der Verlag Gebrochene Poesie Uckermark, der Hagen von Kornbach Verlag mit Büchern „von für mit Schwulen“ oder der in Potsdam ansässige Verlag Strauss Medien mit seinen Bildbänden.
Die Messe wird ein zunächst bescheidener Versuch sein, die Brandenburger Verlagsszene zu stärken. „Es ist ein kleiner Keim“, sagt Rafalski, „aber es wächst hier etwas. Es wächst hier eine Kollegialität, die sonst nicht mehr üblich ist.“ Und so wie sich Rafalski seinen Traum vom eigenen Buch erfüllt hat, will er sich auch den von einer etablierten Messe erfüllen.
Dafür wünscht er sich neben der Stadt- und Landesbibliothek das Brandenburgische Literaturbüro im nächsten Jahr als Kooperationspartner; einen Buchpreis will er dann vergeben und am liebsten hätte er künftig auch ein Gastland. Aber nicht wie in Frankfurt oder in Leipzig, er meint etwas Anderes: ein anderes Bundesland, vielleicht auch aus Österreich oder ein Kanton aus der Schweiz. Eine andere Region, die zu Gast ist im Buchland Brandenburg.
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SERVICE: Unter dem Titel „Schöne Bücher aus Brandenburg“ findet am morgigen Samstag von 10 bis 16 Uhr in der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam, Am Kanal 47, statt.
Insgesamt sind 15 Verlage aus Brandenburg an der Buchmesse beteiligt.
Im Einzelnen dabei sind: der Aufland-Verlag (www.auflandverlag.de) aus Oderaue, der sich 2011 gründete, Christiane Wartenberg (www.ch-wartenberg-kuenstlerbuecher.de), ein 2007 gegründeter Verlag für Künstlerbücher, Constanze Kreisers in Brandenburg an der Havel angesiedelter Verlag Kunstdenken (www.kunstdenken.de), der Fabrik Verlag aus Cottbus (Kontakt unter post@fabrikverlag.de), die Kleinmachnower Verlag Edition Ehrt (www.rainerehrt.de) um den Künstler Rainer Ehrt, die preisgekrönte edition Galerie Vevais (www.galerievevais.de) aus dem uckermärkischen Bliesdorf, Edition Schwarzdruck (www.edition-schwarzdruck.de) mit Sitz in Gransee, der Künstlerverlag Edition Zwiefach (www.linde-kauert.de), der Verlag Gebrochene Poesie Uckermark (www.gebrochene-poesie-uckermark.de) mit Sitz in Schwedt, Hagen von Kornbach (www.kornbach.com), der Verlag Natur+Text aus Rangsdorf (www.naturundtext.de) sowie Hans Jörg Rafalskis Selbstverlag Papierwerken (www.papierwerken.com) aus Niederfinow.
Aus Potsdam sind der Klaus Becker Verlag (www.klaus-becker-verlag.de), Strauss Medien (www.strauss-medien.de) sowie der Vacat-Verlag (www.vacatverlag.de) eingeladen. Der Eintritt ist frei. Die Veranstaltung ist barrierefrei erreichbar.
Das Café „Et cetera“ öffnet seine Tür zum Ausstellungssaal, gegen Vorlage des Veranstaltungsflyers gibt es im Café 10 Prozent Rabatt.
Grit Weirauch