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Benefizkonzert im Nikolaisaal mit dem Filmorchester Babelsberg, dem Landespolizeiorchester und Gästen wie Katharine Mehrling.
© Andreas Klaer

Soli-Konzert für die Ukraine im Nikolaisaal: Sie müssen weiter, immer weiter

Keimzeit, Balbina, Katharine Mehrling: Der Nikolaisaal holte sich für seinen Solidaritätsabend „Zusammen für die Ukraine“ prominente Hilfe - und spielte rund 88.000 Euro ein.

Potsdam - Es gab Tränen an diesem Abend, aber Lachen gab es auch. Für den ersten Kloß im Hals sorgt Manja Schüle, selbst sichtbar berührt, kurz nach Beginn des Konzerts „Zusammen für die Ukraine“. Sie hatte eigentlich um eine Schweigeminute bitten wollen, sagt die SPD-Kulturministerin im blauen Kleid mit gelbem Gürtel. Aber sie hat es sich anders überlegt. „Wir wollen nicht schweigen, wir wollen laut sein.“ Das Publikum macht mit, erhebt sich. Trampelt, ruft, applaudiert. Für die Ukraine.

Eine Kooperation zwischen Potsdam und Kiev

Der Solidaritätsabend war zusammen mit dem Klinikum „Ernst von Bergmann“ initiiert worden. Seit 2012 bestehen enge Verbindungen zu der Medizinischen Universität Kiew. Und seit Beginn von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine organisiert es Hilfstransporte. Ein erster Lkw ist vor wenigen Tagen in Lwiw angekommen, Hilfsmittel sind von dort bis Charkiw und Donezk weitergeleitet worden. 

Auf Potsdamer Seite laufen bei Thomas Erler, dem Leiter der Kindermedizin, die Fäden zusammen. Auf ukrainischer Seite koordiniert Sergeij Gichka von der Medizinischen Universität Kiev. Beide sind an dem Abend da. Sie berichten von ihrer Kooperation – zwischen Auftritten der Sängerin Balbina und einer von Katharine Mehrling dargebrachten Version des Titelsongs aus „Exodus“, dem monumentalen Flüchtlingsdrama von 1960. Es dolmetscht eine Potsdamer Krankenschwester, die aus der Ukraine stammt. Gichka erwähnt den Angriff auf die Geburtsklinik in Mariupol, der wenig später die Medien beherrschen wird. Erler muss ihn bremsen, damit die Übersetzerin mitkommt. Das ist der Moment, an dem gelacht wird. 

Entsetzen und Lachen, Glamour und Katastrophe

Entsetzen und Lachen, Glamour und Katastrophe stehen an dem Abend ebenso disparat und selbstverständlich nebeneinander wie die Genres. Balbinas eigenwilliger Deutsch-Pop trifft auf die großen Edith-Piaf-Gesten von Katharine Mehrling und den Musicalsänger Michael Heller, der Robbie Williams „Angels“ und John Lennons „Imagine“ beschwört. 

Die russische, in Berlin lebende Pianistin Olga Shkrygunova spielt einen zarten Satz aus dem zweiten Klavierkonzert von Dmitri Schostakowitsch – und Norbert Leisegang von der Band Keimzeit singt Tänzerisches, aber in orchestergroßer Traurigkeit auch den frühen Hit „Singapur“, der 2022 angesichts der Flüchtlingsströme anders klingt: „Auch wenn der Wind uns das Segel zerreißt / Wir müssen weiter, immer weiter, was soll’s“. 

Ab jetzt immer die ukrainische Nationalhymne

54.000 Euro waren für das Konzert gespendet worden, bevor es überhaupt losging. Im Laufe des online live übertragenen abends kamen 16.300 Euro in bar und 17.400 Euro über das Spendenkonto dazu. Das Filmorchester Babelsberg, das den Abend mit dem Landespolizeiorchester und Dirigent Christian Köhler bestritt, hat angekündigt, zu Beginn jedes Konzerts die ukrainische Nationalhymne spielen zu wollen. Und die Kammerakademie Potsdam widmet ihr Sinfoniekonzert nächsten Samstag um: als Benefizkonzert für Kinder in der Ukraine. 

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