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Regisseur Wolfgang Petersen bei einem Empfang beim Filmfest München 2019.
© Felix Hörhager, dpa

Wolfgang Petersen wird 80: Erfolgreich in Hollywood, prägend für den deutschen Film

Der Mann für große Geschichten: Wolfgang Petersen drehte Blockbuster wie das „Das Boot“ und „Air Force One“. Seine „Tatort“-Folgen sind Klassiker.

Harun Farocki, Hartmut Bitomsky, Wolfgang Petersen. Auf den ersten Blick stimmt an dieser Namensliste etwas nicht. Daran, dass sie alle aus dem ersten Jahrgang der Film- und Fernsehakademie Berlin stammen, erinnert man sich heute nur noch bei Jubiläen. Sie zeigt aber auch, dass die Fehde zwischen den Verfechtern eines politischen und eines kommerziellen Kinos schon vor 50 Jahren nur ein Scheingefecht war.

Die Diskrepanz wird umso frappierender mit einer anderen Reihe: Clint Eastwood, Dustin Hoffman, Harrison Ford, George Clooney, Brad Pitt.

Der Regisseur Wolfgang Petersen aus Eutin in Schleswig-Holstein hat in Hollywood mit den größten Stars gedreht. Davon durften viele Filmfreaks in der deutschen Provinz nur träumen. Der kleine Wolfgang begann den amerikanischen Mythos (Howard Hawks, John Ford) im Kino zu atmen – den Eintritt verdiente er mit Leergut – und arbeitet als Erwachsener später selbst am Mythos mit.

Petersens „Tatorte“ sind Klassiker

Wolfgang Petersen, der am Sonntag achtzig wird, gehörte in den 1990ern mit „In the Line of Fire“, „Outbreak“ und „Air Force One“ zu den erfolgreichsten Regisseuren in Hollywood. In den siebziger Jahren hatte er dafür das deutsche Fernsehen mit dem Virus Hollywood infiziert. Im politisch bewegten Berlin, in das Petersen 1967 arglos hineinstolperte, nannte man Leute wie ihn „Kuchenfilmer“: eher interessiert an Geschichten als an Politik.

Petersen erzählt in Dominik Grafs Doku „Offene Wunde deutscher Film“, dass er gebührenfinanzierte „Kinofilme unter der Decke“ machte. Damals war das möglich, der Gegensatz von Kino und Fernsehen schien lange vor der Netflix-Ära aufgehoben

Regisseur Wolfgang Petersen (re.) und Schriftsteller Lothar-Günther Buchheim in der U-Boot-Kulisse für den Film „Das Boot“.
Regisseur Wolfgang Petersen (re.) und Schriftsteller Lothar-Günther Buchheim in der U-Boot-Kulisse für den Film „Das Boot“.
© picture alliance / dpa

Drei von Petersens „Tatort“-Filmen mit Klaus Schwarzkopf (geschrieben vom genialen Herbert Lichtenfeld) sind heute Klassiker, allen voran „Reifezeugnis“ mit der 16-jährigen Nastassja Kinski (damals ein Skandal). „Jagdrevier“, eine Sheriff/Outlaw-Geschichte, lebt von seiner Liebe zum Western, mitten in der Holsteinischen Schweiz. Die Kieler „Tatorte“ waren verkappte Heimatfilme, BRD Noir.

Petersen drehte einen der schönsten schwulen Liebesfilme

Der Filmkritiker Hans-Christoph Blumenberg schrieb zur Hochzeit des deutschen Autorenfilms, dass Petersen an Kunst kein Interesse hätte. Es war als Kompliment gemeint, Petersen hatte gegen das Urteil keine Einwände. Dennoch ist auch das nur die halbe Wahrheit. Seinem ersten richtigen Kinofilm „Einer von uns beiden“ (1974), einem Berlin-Krimi zwischen Universität und Eckkneipe, wieder mit Schwarzkopf und Jürgen Prochnow, war der New-Hollywood-Einfluss deutlich anzumerken.

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Mit „Die Konsequenz“ drehte Petersen 1977 einen der schönsten und traurigsten schwulen Liebesfilme des deutschen Kinos, in schmucklosen Schwarz-Weiß-Bildern: bereits ein Abgesang auf sein Land.

Auch seine Liebesfilme konnte Petersen, der mit einem oft abwesenden Vater aufgewachsen ist, nur als Männergeschichten erzählen. Er galt damals als denkbar größte Antipode zu Fassbinder, dabei standen sich ihre Filme in vielem nah. Dann kam 1981 „Das Boot“, ein game changer für das deutsche Kino – und für Petersen.

Überhöhter Blick auf die USA

Der Kinofilm, als Serie konzipiert, erhielt sechs Oscars-Nominierungen und wurde im Nachhinein als letzter Nagel im Sarg des Autorenkino bezeichnet. Das war aber nur bedingt Petersens Schuld, vor allem ein Problem des deutschen Funktionärskinos.

Petersen erinnert sich im Gespräch mit Graf daran, wie er als kleiner Junge am Deich stand und ihm die Amerikaner auf den einlaufenden Schiffen wie Himmelserscheinungen vorkamen. Das mag ein Grund sein, warum seine amerikanischen Filme von einer überhöhten Warte aus auf die Vereinigten Staaten blicken, patriotischer als patriotisch.

Mit Clint Eastwood wurde das JFK-Trauma überwunden, Harrison Ford war, nach „Independence Day“ von Landsmann Roland Emmerich, schon der zweite wehrhafte US-Präsident – bevor Kriegsdienstverweigerer in das Weiße Haus einzogen. Diese Hollywood-Phase ist ein Kapitel für sich.

Zum 80. Geburtstag, den er in Los Angeles feiert, sollte man sich einfach mal wieder daran erinnern, wie wichtig Wolfgang Petersen für den deutschen Film war.

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