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Meditation bei banaler Tätigkeit: Julia Antonia zeigt "Fegen".
© Andreas Klaer

25 Jahre Atelierhaus Panzerhalle: Die meditative Mechanik des Fegens

Das Atelierhaus Panzerhalle feiert in diesem Jahr 25-jähriges Jubiläum. Nach einer Schau im Kunsthaus ist nun auch eine Ausstellung in der Galerie M zu sehen. Sie zeigt, wie der Lauf der Zeit sich auch in ganz banalen Dingen offenbart.

Potsdam - Einen Boden zu fegen ist kein sonderlich spektakulärer Vorgang. Die meditative Mechanik der Reinigungstätigkeit kann allerdings unversehens in etwas übergleiten, das dann doch zur Kunst wird. In ihrem Video im Kellergeschoss der Produzentengalerie M zeigt Julia Antonia, wie sie ihr Atelier reinigt. 

Das Video ist Teil der Ausstellungsreihe zum Jubiläum des Atelierhauses Panzerhalle. Nun sind Arbeiten von Künstlern zu sehen, die überwiegend nach dem Umzug in die neuen Räumlichkeiten zur Künstlergemeinschaft gekommen sind. „Ich war mir gar nicht so klar darüber, dass ich da vielleicht Kunst mache“, sagt Julia Antonia über ihre Arbeit. „Das ist einfach so geschehen.“ 

Der Lauf der Zeit fließt unspektakulär in die banale Handlung ein. So etwas passiere ihr häufiger: ein ganz simpler Vorgang erhält durch die Bewusstwerdung der Situation und die Verlängerung der Aktion unversehens eine künstlerische Komponente. Ihr Ausgangspunkt seien meist Zeichnungen, so Antonia, die führten dann aber nicht selten zu weiteren künstlerischen Aktionen.

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Foto, Skulptur, Video, Malerei, Zeichnung: alles ist vertreten

Die nunmehr zweite Ausstellung zum 25-jährigen Jubiläum der Panzerhalle versammelt wiederum zahlreiche Formate und Kunstformen: Foto, Skulptur, Video, Malerei, Zeichnung. Alles ist vertreten und gibt einen Überblick über das gegenwärtige Schaffen des Kunsthauses. Die Geschichte des Atelierhauses als ehemalige Panzerkaserne des NS-Regimes thematisiert Monika Funke Stern mit einer großen Fotobox. 

Aus dem Leuchtkasten schaut dem Besucher eine Figur mit Helm und Soldatenuniform entgegen, den Reichsadler, das NS-Parteiabzeichen gut erkennbar auf der Brust der Uniformjacke positioniert. Aber die Gesichtszüge changieren, muten eher weiblich an. „Die Vergangenheit reicht in die Gegenwart hinein“, sagt Funke Stern. In einer Fotocollage hat sie das Antlitz ihres Vaters mit einem Porträt von sich als Jugendlicher zusammen montiert. Ihr Vater diente in der Wehrmacht und kehrte nicht aus dem Krieg zurück.

Monika Funke Stern: "my father and me" (1975) in der Ausstellung in der Produzentengalerie M in anlässlich des 25. Geburtstages des Atelierhauses Panzerhalle.
Monika Funke Stern: "my father and me" (1975) in der Ausstellung in der Produzentengalerie M in anlässlich des 25. Geburtstages des Atelierhauses Panzerhalle.
© Andreas Klaer

Eine Installation aus Text, Licht und Form

Die Vergänglichkeit und das unwiderrufliche Verstreichen der Zeit findet sich auch in der Installation von Séba Nasr Aldin die unter der Decke des Durchgangs hängt. „Restzeit“, so der Titel einer Installation aus Textil, Licht und Form. „Die vergangene Zeit kommt nicht zurück“, erläutert Aldin. „Die kleinen Dreiecksformen, aus denen sich die Skulptur zusammen setzt, symbolisieren für mich die drei Ebenen der Zeit: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.“ Die aus Al Hasaka in Syrien stammende Künstlerin und Architektin lebt seit 2016 in Potsdam und arbeitet seitdem in der Ateliergemeinschaft. 

Anlässlich des 25. Geburtstages des Kunst- und Atelierhauses Panzerhalle zeigt Sèba Nasr Aldin "Die Restzeit" in der Galerie M.
Anlässlich des 25. Geburtstages des Kunst- und Atelierhauses Panzerhalle zeigt Sèba Nasr Aldin "Die Restzeit" in der Galerie M.
© Andreas Klaer

Das vergangene Leben in Syrien, das durch den Bürgerkrieg unwiederbringlich zerstört sei, finde sich als Erinnerung in der textilen Form, so Aldin. Vergänglichkeit spielt auch bei der Bilderreihe „Zeitreisende“ von Sibylla Weisweiler eine Rolle. Kleinformatige Ölbilder setzt sie auf der Grundlage von Fotos malerisch um. Bezug nimmt Weisweiler auf die Fontane-Ballade des Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, auf die während der NS Zeit populäre Schauspielerin Idas Wüst und auch auf ihre eigene Familiengeschichte.

Dem Lauf der Zeit erfolgreich widersetzt hat sich der Baumbestand, der auch heute noch die nun entstandene Waldsiedlung einschließt, in der das Neue Atelier Panzerhalle seine Bleibe gefunden hat. Mit schönen, großformatigen Fotografien hat André Wagner daher den „Deutschen Wald, Groß Glienicke“ ins Bild gebannt. So bietet das etwas abgelegene Atelierhaus noch immer vielfältig Kunstschaffenden die Möglichkeit die Vergangenheit zu reflektieren und doch ganz gegenwartsbezogene Arbeiten zu erstellen.

„25 Jahre Aktionshaus Panzerhalle II/IV“, bis 6. September in der Galerie M, Charlottenstraße 122. Die Ausstellung im Kunsthaus Potsdam, Ulanenweg 9, ist ebenfalls bis 6. September zu sehen. Dort findet am 16. August, 14 bis 18 Uhr, ein Künstlergespräch u.a. mit Birgit Cauer, Carsten Hensel und Anita Staud statt.

Richard Rabensaat

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