Johan Harstad war zu Besuch in Potsdam: Das merkwürdigste Interesse überhaupt
Der norwegische Autor Johan Harstad hat mit „Max, Mischa und die Tet-Offensive“ einen wuchtigen und doch so leichten Roman über Heimat, Liebe und vieles mehr geschrieben. Bei Wist stellte er ihn vor.
Potsdam - Fürs Stabhochspringen hat Johan Harstad kein Talent. Wenn überhaupt, überwand er einen Meter, zu mehr reichte es nicht. Bei einer aktiven Recherche für seinen Roman „Max, Mischa und die Tet-Offensive“ hat er das festgestellt, erzählt hat er davon das erste Mal am Donnerstagabend im Literaturladen Wist. Dort stellte der norwegische Autor sein aktuelles Buch vor und musste sich den amüsanten Insiderfragen seiner wohl größten Fans stellen: Carsten Wist und Felix Palent.
Die beiden Potsdamer Buchhändler schwärmen bereits seit der Frankfurter Buchmesse 2018 von Harstads Roman, der mit 1248 Seiten durchaus üppig ist. Angst vor dem Lesen muss aber niemand haben, betont Felix Palent: „Er ist vollkommen unprätentiös geschrieben und löst einen regelrechten Rausch beim Lesen aus.“ Carsten Wist setzt sogar noch eins drauf: „Wir waren vollkommen geflasht, eigentlich dürfte man das Buch nur auf den Knien lesen.“
Viele Sprünge hat Harstad ausprobiert
Johan Harstad erzählt darin von Max Hansen, der in Norwegen aufwächst, später aber mit der Familie in die USA emigriert. Dort begibt er sich später auf die Suche nach seinem Onkel Owen, lernt vorher seinen besten Freund Mordecai kennen – und Mischa. Künstlerin, Max’ große Liebe und eben temporäre Stabhochspringerin. „Stabhochsprung ist die Quintessenz der Gymnastik“, heißt es im Roman, der sich ganze drei Seiten lang nur mit dieser Sportart beschäftigt. „Ich wollte, dass Mischa das merkwürdigste Interesse überhaupt hat“, sagte Harstad am Donnerstag. Und Stabhochsprung schien ihm eben das merkwürdigste zu sein. Viele Sprünge habe er sich angesehen – und ausprobiert –, um überhaupt darüber schreiben zu können.
Anderes, wie etwa der Bezug zum Theater, lag ihm näher. Sein Protagonist Max ist Theaterregisseur, Harstad selbst war Hauptdramatiker am Nationaltheater in Oslo. „Allerdings nur ein Jahr“, sagte er schmunzelnd. Er habe sich nicht so gut mit dem Theaterdirektor verstanden, Direktoren verstehen sich eben immer besser mit bereits verstorbenen Dramatikern. Auf Norwegisch erzählte er das. Leise und zurückhaltend, den Blick oft zur Decke gewandt. Sein langjähriger Freund Jean-Baptiste Coursaud, der Harstads Roman ins Französische übertragen wird, übersetzte. Insgesamt acht Theaterstücke hat sich Harstad für seinen Roman ausgedacht, in dem sie natürlich nur angerissen werden. „Ausformulieren könnte ich die nicht“, sagte der 1979 in Stavanger geborene Schriftsteller. Es sei zunächst immer einfach, eine gute Idee zu haben, sie umzusetzen allerdings ein langer Weg.
Sieben Jahre hat er an dem Roman geschrieben
Sieben Jahre hat er an „Max, Mischa und die Tet-Offensive“ gearbeitet. Eigentlich habe er nie ein so langes Buch schreiben wollen, jetzt frage er sich, ob es überhaupt lang genug sei. Ist man erstmal in dem Netz des Romans, in seiner Sogwirkung verschwunden, stellt sich diese Frage auch beim Lesen. Sich von Harstads Sätzen und Figuren zu trennen, quasi den Absprung zu schaffen, fällt schwer – die Wandlung zum Insider-Fan passiert von ganz allein.
— Johan Harstad: Max, Mischa und die Tet-Offensive.
Rowohlt 2019, 1248 Seiten, 34 Euro.