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Kunstmesse in Istanbul: Blick nach fernost

Istanbul ist immer noch ein aufstrebender Kunstmarkt. Auch wenn die politische Situation den Standort schwächt: Türkische Sammler kaufen lieber auf Messen als in Galerien.

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Die ArtInternational (AI) darf in ihrer zweiten Ausgabe nicht mehr das Wort Istanbul im Namen tragen. Das hat ihr der lokale Wettbewerber Contemporary Art Istanbul (CI) gerichtlich verbieten lassen. Mit solchen Nickeligkeiten können die Direktoren Stephane Ackermann und Dyala Nusseibeh leben. Im Vergleich ist ihre Messe ohnehin die weltläufigere. Nur ein Dutzend der 77 Galerien sind aus Türkei, darunter alle wichtigen, die auch auf dem internationalen Parkett unterwegs sind. Für die Ausländer sorgt eine Jury, der die Galerien Krinzinger (Wien), Yvon Lambert (Paris) und Leila Heller (New York) Gewicht verleihen. Sie konnten einige renommierte Galerien von einer Teilnahme überzeugen, die wiederum für kommende Ausgaben als Zugpferde dienen sollen, etwa Paul Kasmin und Lehmann Maupin aus New York, Pearl Lam aus Hongkong oder Forsblom aus Helsinki. Das Konzept ist in diesem Jahr leidlich aufgegangen. Die Großen sind zwar da und können sich über regen Zuspruch freuen, bei den Kleineren sind hingegen sowohl Angebot wie Nachfrage sehr gemischt. Allein aus Frankreich sind zehn Aussteller angereist, von Lelong bis zu Namen, von denen man außerhalb des Landes zu Recht eher selten hört.

Aus Berlin sind die Galerie Kuckei + Kuckei sowie Kornfeld angereist

Gleich drei der lediglich vier deutschen Galerien kommen aus Berlin. Kuckei + Kuckei, die gerade ihr zwanzigjähriges Betriebsjubiläum hinter sich gebracht haben, bereuen das Experiment schon am ersten Besuchertag nicht. Sie haben zwei Stecknadel-Sternbilder von Miguel Rothschild in den Nahen Osten vermittelt. Die Galerie Kornfeld, seit zwei Jahren in der Fasanenstraße ansässig, war mit Tamara Kvesitadzes kinetischen Skulpturen erfolgreich.

Dario Beskenazy von der Istanbuler Galerie X-Ist ist nicht ganz so zufrieden: "Ich hatte mir mehr erwartet", erzählt er, der von der Konkurrenz Contemporary Istanbul anderes gewohnt ist. Allerdings dürfte es seiner Meinung nach dort im November ebenfalls schwierig werden. Der Markt insgesamt sei ziemlich schwach. Kunstkäufern sei in den letzten Jahren Glauben gemacht worden, dass das eine gute Geldanlage wäre und so langsam dämmere ihnen, dass das nicht immer der Fall sei. Die Verschärfung der politischen Situation habe das Ihre dazu beigetragen. Trotzdem muss er an beiden Messen teilnehmen. In der Galerie kaufe nämlich niemand. Wohlhabende Türken kauften zweimal im Jahr Kunst, immer wenn Messe ist, das dann aber gleich schwungweise.

Emin Mete Erdoğan: "B 2", Acryl auf Leinwand (2014), 180 x 200 cm, 5500 Euro
Emin Mete Erdoğan: "B 2", Acryl auf Leinwand (2014), 180 x 200 cm, 5500 Euro
© Galerie X-Ist

Die Direktoren haben strategisch die mittlerweile viel strapazierte Schnittstellen-Rolle zwischen Orient und Okzident im Visier: "Es ist eine Schlüsselregion, die wir in den nächsten zwei Jahren entwickeln wollen", so Nusseibeh. "Dubai hat ein phantastisches Begleitprogramm, Abu Dhabi hat all die Blue Chip-Galerien, aber das ist für uns nur ein Aspekt, wir schauen auch nach Fernost. Und nächstes Jahr wollen wir mehr aus Osteuropa sehen." In Bezug auf die Nachbarländer ist die Messe nämlich bisher schwach aufgestellt. "Bisher waren wir eher reaktiv, wir wollen aber in Zukunft mehr proaktiv unser Programm entwickeln. Dazu gehört, dass sie ihre Aussteller animieren, den Marktplatz nicht als Resterampe zu sehen, wie das bei Messen jenseits der Hotspots bisweilen der Fall ist. "Viele türkischen Sammler begrüßen es sehr, dass die Galerien den Aufwand betreiben, hierher kommen, und frische Kunstwerke zeigen und keinen Lagerbestand", so Ackermann.

ArtInternational, bis 28.9., http://istanbulartinternational.com

Stefan Kobel

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