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Abschluss der Ökofilmtour in Potsdam: Anleitung zum zivilen Ungehorsam

Die Dokumentation „Das Wunder von Mals“ zeigt trügerische Idylle und gewann im Rahmen der 14. Ökofilmtour den Preis der Stadt Potsdam. 

Potsdam - Der Dokumentarfilm, der am Mittwoch zum Weltumwelttag im Filmmuseum gezeigt wurde, begann mit idyllischen Bildern: Ein kleiner Ort in Südtirol, wie mit Holzbauklötzchen gebaut, liegt in einem Tal, umringt von schneebedeckten Bergen, ein smaragdgrüner See ist inklusive. Doch der märchenhafte Schein trügt. „Es war einmal ein Dorf“, so der Filmsprecher, „umgeben von Beregnungsanlagen, den Vorboten der industriellen Landwirtschaft“ – die stehen, genau wie die kaum zu überblickenden Spalierapfel-Heckenreihen, militärisch in Reih und Glied und graben der einheimischen Bevölkerung nicht nur das Wasser, sondern auch die Luft zum Atmen ab. 

Denn das Obst wird zweimal pro Woche mit einem Pestizid-Cocktail gespritzt, damit es äußerlich makellos auch in deutschen Supermärkten landet. Und die meterhohen Sprühnebel, die dabei entstehen, landen wegen der ständigen Wind-Abdrift nicht nur auf den Äpfeln, sondern auch auf allem, was sich im engen Tal in der Nähe befindet: auf spielenden Kindern, umherradelnden Touristen oder Biogärtnereien, die dadurch ihre Zertifizierung verlieren. 

Preis der Stadt Potsdam

Die Dokumentation „Das Wunder von Mals“ von Alexander Schiebel, die 2018 in die Kinos kam und bei der 14. Ökofilmtour den Preis der Stadt Potsdam für die beste künstlerische Leistung gewann, zeigt, wie sich die Bewohner des 5000-Seelenortes der schleichenden Vergiftung ihres Lebensraumes entgegenstellen. Und wie aus passivem Widerstand Einzelner ziviler Ungehorsam eines ganzen Ortes wird. 

Alexander Schiebel holt in seinem sehr authentischen und berührenden Filmdebüt unzählige Protagonisten vor die Kamera, die erzählen, wie der Widerstand im Dorf begann: den Kräuterbiobauern, der anfangs nur seine Gärtnerei unter Plastiktunneln vergrub, jedoch parallel dazu die Sprühaktionen filmte und veröffentlichte, den engagierten Tierarzt und den charismatischen Apotheker, der zum Kopf der Bewegung wurde, die in einem Volksbegehren für ein pestizidfreies Mals gipfelte. Und natürlich die Frauen des Ortes, die viele der fantasievollen Aktionen, die das Volksbegehren vorbereiteten, ersannen und organisierten. Sehr lebensnah erzählen sie, wie aus vielen kleinen Schritten eine gemeinsame Idee wurde. Und wie viel Überwindung es kostete, ihren Nachbarn gegenüber Gesicht und Flagge zu zeigen. Beispielsweise bei der Transparentaktion „Gesunde Heimat“, bei der sie sich schnell einigten, „eine positive Botschaft auszusenden, anstatt die Leute zu kriminalisieren“. 

Zusammenhalt mit Heimatliebe

Wie richtig ihr Bauchgefühl war, zeigte sich bald. Sie erreichten viele, von denen sie das nicht erwartet hatten. Schließlich kam das Referendum zustande und 75 Prozent der Malser Bürger stimmten dafür, dass ihr Gemeindegebiet pestizidfrei werden soll. Aber der massive Widerstand durch Bauernbund, Regionalregierung und Düngemittelindustrie wusste dies (vorerst) zu verhindern und der energischen Bürgerinitiative standen die Mühen der Ebenen noch bevor. Nach viel Wut und auch depressiven Momenten kämpften die Frauen und Männer mit Unterstützung ihres Bürgermeisters weiter. 

Ihr Pragmatismus, ihre Heimatliebe und auch ihre Religiosität – Stichwort: Bewahrung der Schöpfung – halfen ihnen, den jahrelangen Kampf zu bestehen. Er schweißte das Dorf wie das berühmte gallische Vorbild nur enger zusammen. Nicht nur ein Gänsehautmoment im Film zeigte, dass der Kampf David gegen Goliath immer noch oder immer wieder neu zu gewinnen ist. Der Film, der ausschließlich über Crowdfunding finanziert wurde, kann gegen eine Gebühr direkt beim Verleih angefordert und aufgeführt werden. 

>>Weitere Informationen unter http://wundervonmals.com
 

Astrid Priebs-Tröger

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