Dauerstreit zwischen Ortsbeiräten und Stadtverwaltung: Politologe will zerrüttete Beziehung kitten
Seit Jahren gibt es immer wieder Streit zwischen der Stadtverwaltung und den gewählten Ortsbeiräten im Potsdamer Norden. Der Politologe Jochen Franzke hat nun den Grad der Zerstrittenheit analysiert - und Gegenvorschläge entwickelt.
Potsdam - Für das zerrüttete Verhältnis zwischen Stadtverwaltung und den gewählten Ortsbeiräten in den nördlichen Stadtteilen gibt es nun eine Ideenliste, wie man wieder besser zusammenarbeiten könnte. Erarbeitet hat diese den PNN vorliegende Analyse der Potsdamer Politikwissenschaftler Jochen Franzke, der Auftrag kam von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD). Die Zusammenarbeit müsse dringend verbessert werden, befindet Franzke – man müsse effizienter, transparenter, ressourcenschonender und lösungsorientierter zusammenwirken. Unter anderem sei ein unabhängiges Schlichtungsgremium bei Konflikten notwendig.
Eine schwierige Konstellation
Die Ausgangslage beschreibt Franzke, der dazu etliche Interviews führte, als angespannt. So sähen die Ortsbeiräte die Situation „sehr kritisch“. Sie fühlten sich nicht ausreichend wertgeschätzt, da „ihre spezifische lokale Expertise von der Stadtverwaltung in vielen Fällen nicht genügend berücksichtigt“ werde, so der zentrale Vorwurf. Demnach würden zu oft eigene Ideen der Ortsbeiräte vom Rathaus „rein formal abgelehnt“ - ohne dass ein Weg zur Lösung vorhandener Probleme aufgezeigt werde.
Belastend für das Vertrauen der Ortsbeiräte in die Stadtverwaltung seien die „immer wieder auftretenden Informations- und Kommunikationsdefizite“, gerade bei Bauvorhaben in den Ortsteilen, „von denen diese dann nur zufällig über Umwege erfahren“. Bemängelt wird auch eine Ankündigungspolitik des Rathauses, „ohne dass bislang zeitnah konkrete Verbesserungen erfolgt sind“, heißt es in der Analyse.
Problem der Wertschätzung
Auf der anderen Seite steht das Rathaus. Auch dort sei das Verhältnis in Richtung Norden belastet, befindet Franzke. So würden aus Sicht der befragten Vertreter der Stadtverwaltung die eigene Arbeit, die an vielfältige Vorschriften gebunden sei, oftmals nicht gewürdigt. Außerdem wünsche man sich mehr Verständnis dafür, dass die Ressourcen der Stadtverwaltung begrenzt seien und allen Potsdamern gleichermaßen zur Verfügung stehen sollten, nicht nur dem Norden. Ferner herrsche im Rathaus der Eindruck, dass die intensiven Beteiligungsbemühungen der Stadt, die über das von der Kommunalverfassung Verlangte hinausgingen, kaum anerkannt würden, etwa zum aufgelegten Ortsteilbudget. Befragt wurde auch Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos), der sich schon mehrfach kritisch in Richtung der Ortsteile geäußert hatte.
"Frust und Resignation"
Die gegenseitigen Vorbehalte würde jedenfalls die Zusammenarbeit zwischen Ortsbeiräten und Stadtverwaltung „außerordentlich erschweren“, so Franzke. Die Unzufriedenheit auf allen Seiten habe sich zuletzt noch gegenseitig verstärkt. Dies sorge für "Frust und Resignation", führe zur Verschwendung von Ressourcen aller Beteiligter und lasse die Bereitschaft zu Kompromissen sinken.
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Franzke will daher gegensteuern. So sollen Ortsvorsteher innerhalb von sechs Wochen gewünschte Akteneinsichten erhalten, lautet einer der Vorschläge. Ebenso regt der Politologe einen Beteiligungskoordinator an, der vom Baudezernat aus die Ortsbeiräte über Investitionen im schnell wachsenden Norden auf dem Laufenden hält. Auch solle die Stadtverwaltung häufiger an Sitzungen der Beiräte teilnehmen, und sei es über digitale Zuschalten. Gemeinsame Sitzungen der Ortsbeiräte zur Bündelung von Themen regt Franzke ebenfalls an – und ein Mediationsgremium bei Konflikten, zur Vermeidung von gerichtlichen Auseinandersetzungen.
Ein Workshop folgt
Über die Ideen von Franzke sollen die Stadtverordneten erstmals im Hauptausschuss am 10. November beraten. Zudem ist am 27. November ein Workshop mit den Ortsvertretern geplant. Dies soll in einen weiteren Ideenkatalog für praktische Veränderungen münden, kündigt das Oberbürgermeisterbüro an.
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