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Potsdamer Mitte. Im Herbst könnte das Vergabeverfahren für die Bebauung der Grundstücke um die Stadt- und Landesbibliothek starten. Nach der erfolgten Bebauung wäre dann auch die große Brandmauer des Bildungsforums nicht mehr zu sehen.
© Andreas Klaer

Bauten in der Innenstadt: Pläne für die neue Potsdamer Mitte kommen gut an

Die Stadtverordnete stimmen nächste Woche über Vergabeverfahren in der Potsdamer Mitte ab. Die vorgestellten Pläne stießen auf Zustimmung, nur die Linke fordert Korrekturen.

Potsdam - In wenigen Wochen soll es losgehen. Im September oder Oktober könnten die ersten Grundstücke im sogenannten Block 4 in der Potsdamer Mitte rund um die Bibliothek vergeben werden. Die ersten beiden von insgesamt vier Losen sollen direkt an die Pro Potsdam und das Land Brandenburg gehen. Für die beiden anderen Lose an der früheren Schwertfegerstraße sollen ab Januar Investoren in einer Konzeptvergabe gesucht werden.

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Der Zeitplan wurde am Dienstagabend im Bauausschuss von der Geschäftsführerin des Sanierungsträgers Sigrun Rabbe vorgestellt. Die Stadtverordneten sollen in ihrer Sitzung in der nächsten Woche über das Verfahren zur Grundstücksvergabe entscheiden. Im Bauausschuss haben die Pläne eine breite Mehrheit gefunden. Am Mittwoch stimmte auch der Hauptausschuss zu. Damit ist eine Mehrheit wahrscheinlich.

Seltene Einigkeit

Bemerkenswert war am Dienstag die weitgehende Einigkeit. Schließlich hatte es um den Abriss des früheren Fachhochschulgebäudes auf dem Areal eine heftige Debatte gegeben. Mehr als 17.000 Unterschriften waren bei einem Bürgerbegehren gesammelt worden, das unter anderem den Erhalt des DDR-Baus zum Ziel hatte. Neben der Fraktion Die Andere hatte seinerzeit auch die Linke das Bürgerbegehren unterstützt, war dann aber auf einen Kompromiss eingegangen, der Konzeptvergaben und Sozialwohnungen auf dem Areal vorsah. Damit war die Rückkehr zum Stadtgrundriss aus der Vorkriegszeit rund um den Alten Markt frei.

Pete Heuer (SPD) wurde im Bauausschuss fast sentimental. Er bekomme Gänsehaut, wenn er daran denke, welche Schlachten man um dieses Areal geschlagen habe. Nun werde die soziale Frage in bester Weise gelöst. Auch Steffen Pfrogner von der Fraktion Die Andere fand die Vorschläge zum Vergabeverfahren akzeptabel. Saskia Hüneke (Grüne) fand sich mit der Vergabe in nur vier Losen ab – im Nachbarblock 3 waren es noch neun gewesen. Das sei pragmatisch. Zumindest optisch würden sich die Einzelgrundstücke aber unterscheiden, weil für jedes Grundstück ein anderer Architekt zuständig sein soll, tröstete sie sich.

Eine Forderung der Linken

Bedenken kamen aus den Reihen der Linken. Ralf Jäkel regte an, bei der Grundstücksvergabe als Kriterium die Frist für die Mietpreisbindung nach oben offen zu lassen. Bieter könnten dann mit längeren Bindefristen um den Zuschlag konkurrieren. „Das wäre ein Vorteil für die Potsdamer Genossenschaften“, so Jäkel. Allerdings widersprach Stadtplanungschef Andreas Goetzmann: Bindungsfristen, die deutlich über 25 oder 30 Jahre hinaus gehen, dürften vor Gericht als unzumutbar eingestuft werden, weil damit zu sehr ins Privateigentum eingegriffen würde. Als Resultat würde man dann die Mietpreisbindung für das betroffene Grundstück komplett verlieren. Gleichwohl kündigte die Linke im Hauptausschuss noch einen entsprechenden Änderungsantrag an. Außerdem wollen sie überraschend den Verzicht auf größere Wohnungen für Familien fordern.

Vielfältiges Erscheinungsbild garantiert

Nach der Grundstücksvergabe soll es ab Oktober 2021 einen Architektenwettbewerb zur Gestaltung der Fassaden geben. Um gestalterische Vielfalt zu sichern, sollen die vier Bieterlose in acht Architektenlose aufgeteilt werden. Für die beiden Eckgebäude an der Nikolaikirche und am sogenannten Acht-Ecken-Platz sind historische Gestaltungsleitlinien vorgesehen. Für ersteres ist wie schon in der Humboldtstraße und im Block 3 ein Gebäude aus Italien Vorbild – nämlich der „Palazzo Barbaran da Porto“, errichtet von Andrea Palladio um 1570 in Vicenza. Entscheiden soll eine Jury aus Experten, Vertretern der Verwaltung, des Sanierungsträgers und Stadtverordneten.

Potsdams Mitte: Die Bauarbeiten könnten auf der Brache vor dem Bildungsforum schon bald beginnen. Hier eine Aufnahme vom 15. Juli 2020. 
Potsdams Mitte: Die Bauarbeiten könnten auf der Brache vor dem Bildungsforum schon bald beginnen. Hier eine Aufnahme vom 15. Juli 2020. 
© Ottmar Winter

Auf mehreren Grundstücken in der Friedrich-Ebert-Straße – zusammengefasst zu Los 1 – sollen von der kommunalen Immobilienholding Pro Potsdam Sozialwohnungen gebaut werden. Einen einheitlichen Wohnblock soll es aber nicht geben, erklärte Rabbe. Für jedes Grundstück sei eine eigenständige Gestaltung vorgesehen. Außer Wohnungen sollen dort auch Räume für die Erweiterung des benachbarten Bildungsforums geschaffen werden – beispielsweise zusätzliche Flächen für das Schaufenster der Wissenschaft, die Kinderbibliothek und die Volkshochschule. Angesichts dieser strengen Vorgaben sei eine Direktvergabe möglich.

Ähnlich sieht es auf der anderen Seite des Bildungsforums aus. Auf dem Grundstück gegenüber des Staudenhofs entlang der Anna-Flügge-Straße – der früheren Kaiserstraße – favorisiert das Rathaus studentisches Wohnen. Deshalb soll die Fläche zum Festpreis an das Land Brandenburg gehen, das dann Unterkünfte für sein Studentenwerk errichten lassen könnte. Wie berichtet mangelt es an preisgünstigem Wohnraum für Studenten.

Parkplätze müssen nicht sein

Aus den Unterlagen wurde auch deutlich, dass sich das innerstädtische Wohnquartier nicht gerade an autoaffine Bewohner richten soll. „Die Fläche ist aus der Stellplatzsatzung herausgenommen“, sagte Rabbe. Es sei zwar möglich, auf dem Areal eine Tiefgarage zu bauen, in den Bewertungskriterien für die Vergabe spiele diese Frage allerdings keine Rolle. Tatsächlich dürfte es wenige Adressen geben, die derart gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden sind: Direkt vor der Bibliothek befindet sich die Haltestelle Platz der Einheit/Bildungsforum und auch die Haltestellen Platz der Einheit/West und Alter Markt sind fußläufig in wenigen Minuten erreichbar.

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