Potsdams Bürgerservice in der Kritik: Ohne Ende Terminärger
Das sogenannte Bürgerservicecenter im Rathaus gerät einmal mehr in die Kritik. Die zuständige Dezernentin räumt einen erheblichen Personalengpass ein, verspricht aber Besserung. Doch eine Frage bleibt unbeantwortet.
Potsdam - In dieser Woche reichte es Stefan Matz mit dem sogenannten Bürgerservicecenter im Rathaus. Der Fahrländer Ortsvorsteher versuchte schon seit Tagen einen Termin in der Behörde zu erhalten – für seine 78-jährige Schwiegermutter. Sie ist gerade in eine Seniorenwohnanlage nach Potsdam gezogen – und muss dafür ihren Wohnsitz ummelden. Das Problem: Sie hat keinen Internetzugang, also keine Möglichkeit online einen Termin zu buchen. So wollte Matz das für sie erledigen, also einen Termin im seit Monaten in der Kritik stehenden Bürgerservice ergattern. Was er dabei erlebte, lässt ihn an der versprochenen Serviceorientierung der Behörde zweifeln – dort wird indes einmal mehr Besserung gelobt.
Die Terminsuche des parteilosen Kommunalpolitikers begann schon vor Tagen. Und das ist nicht so einfach: Denn im Internet unter www.potsdam.de klickte er täglich auf die Terminverwaltung des Bürgerservicecenters – mit dem immer gleichen Resultat: Keine freien Termine bis Ende September. „Und auf der Homepage gibt es null Hinweise darauf, wie man an einen Termin kommen könnte.“ Es werde lediglich die Auskunft gegeben, dass spontane Termine unmöglich seien. „Und Anrufe endeten stets mit einem Besetztzeichen.“ So schrieb Matz nun am Dienstag eine E-Mail an das sogenannte Servicecenter. Er bitte um einen zeitnahen Termin für seine Schwiegermutter: Schließlich bestehe laut Brandenburgischem Meldegesetz eine Pflicht zur Ummeldung innerhalb von zwei Wochen, eine nicht rechtzeitige An- und Abmeldung stelle demnach eine Ordnungswidrigkeit dar, so Matz. Doch statt eines Termins erhielt er eine E-Mail-Antwort. Man könne nun durch die Ausweitung von Öffnungszeiten auch für den Samstag zusätzliche Termine anbieten, teilte ihm ein Team Bürgerservicecenter mit. Ferner sei die Vergabe der Termine so gestaltet, „dass eine begrenzte Zahl an Terminen für bis zu drei Wochen im Voraus frei geschaltet wird“. Diese Termine seien „sehr begehrt und dementsprechend schnell vergriffen“, so das Behördenteam. Um aber auch kurzfristige Anliegen bearbeiten zu können, werde täglich ab Punkt acht Uhr „ein zusätzliches Kontingent an Terminen freigeschaltet“ – je nach Zahl der verfügbaren Mitarbeiter. Man bedaure die Unannehmlichkeiten, hieß es auch noch in der Mail. So versuchte Matz nun am Donnerstag sein Glück – und saß um acht Uhr am Rechner. Punkt 8.01 Uhr waren demnach 70 Termine frei. Er rief schnell seine Schwiegermutter an, wollte den kurzfristigen Termin mit ihr abstimmen. Das dauerte einige Minuten. Als er 8.08 Uhr erneut das Portal besuchte, waren bereits wieder alle Termine für Donnerstag vergeben. „Nun versuche ich es am Freitag noch einmal.“
Schon viele Negativ-Schlagzeilen
Das Bürgerservicecenter sorgt schon seit Monaten für negative Schlagzeilen, zumal es laut Rathaus coronabedingt seine Leistungen über Wochen hinweg nur eingeschränkt anbieten konnte. Nun ist der Notbetrieb nach eigenen Angaben beendet – und doch funktioniert längst nicht alles. Das sorgte auch am Mittwoch in der Stadtverordnetenversammlung für Kritik und bemerkenswerte Antworten der zuständigen Ordnungsbeigeordneten Brigitte Meier (SPD). Die gegenwärtig praktizierte Terminvergabe für den Bürgerservice sei so nicht hinnehmbar, monierte der Stadtverordnete Ralf Jäkel (Linke). Es bleibe für Bürger nahezu unmöglich, dringende Angelegenheiten im Rathaus zu erledigen – zum Beispiel bei der Bestellung von Reisepässen. Daher fragte Jäkel, ab wann es für Bürger möglich werde, innerhalb von vier Wochen ihre Ausweis- oder KfZ-Angelegenheiten zu regeln „ohne wochenlang der Verwaltung hinterherhecheln zu müssen?“
Seit dem 12. Juni habe der Bürgerservice auch samstags wieder geöffnet, antwortete Beigeordnete Meier. Das bedeute 100 Termine zusätzlich pro Woche. Auch würden morgens jeweils noch Termine für den Tag freigeschaltet. Mit bis zu 350 möglichen Terminen pro Tag sei man nun wieder auf dem Stand von vor der Pandemie, versicherte Meier. Allerdings habe man eben eine „Bugwelle“ abzubauen. Zur KfZ-Zulassungsstelle gab Meier an, hier habe sich das Problem in der Tat stark zugespitzt. Das liege auch daran, dass einige Stellen noch nicht neu besetzt seien. Die Belastung habe sich dadurch deutlich erhöht, so dass sich innerhalb des Bereichs in der ersten Jahreshälfte rund 600 Fehltage durch Krankheit gesammelt hätten – also rund 24 pro Mitarbeiter. Im Bürgerservice mit rund 35 Stellen waren das demnach noch 556 Fehltage. Die Stellen würden derzeit neu besetzt, sagte Meier. Ferner würden Angestellte aus anderen Rathausbereichen kurzfristig aushelfen – somit sind aktuell 25 von 28,5 Stellen besetzt. Der Engpass kommt zur Unzeit, weil derzeit wie berichtet auch tausende alte Führerscheine umgetauscht werden müssen: Dazu solle es im Herbst mehrere Samstage geben, um die neuen Dokumente auszuteilen, kündigte Meier an.
Eine Frage bleibt offen
Ortsvorsteher Matz stellen sich indes noch weitere Fragen: Zum Beispiel, warum die dutzenden Termine an jedem Tag nicht schon am Nachmittag vorher freigeschaltet werden, im Sinne der Planungssicherheit der Potsdamer. Hierzu teilte eine Stadtsprecherin am Donnerstag mit, die Freigabe von zusätzlichen Terminen erfolgt unter Beachtung des morgens anwesenden Personals – das sei also nicht am Nachmittag vorher möglich. Offen blieb freilich die Frage, warum auf der Internetseite nirgends auf die Stichzeit von acht Uhr morgens für neue Termine hingewiesen wird. Allerdings gebe es für Anrufer eine Bandansage, bei auf diese Zeit hingewiesen werde, so die Rathaussprecherin.
* In einer ersten Version hieß es, im Bürgerservice seien bis zu 350 Termine pro Woche möglich - richtig sind 350 Termine pro Tag. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen
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