Widerstand gegen Rastanlage: Oehme macht der Bürgerinitiative Mut
Der Bau der Raststätte „Havelseen” im Potsdamer Norden kann noch gestoppt werden, sagt der Bürgermeister von Schönwalde-Glien.
Potsdam - Bodo Oehme (CDU) ist hauptamtlicher Bürgermeister von Schönwalde-Glien, einer 35 Kilometer nördlich von Potsdam gelegenen Gemeinde an der A10 mit 10 110 Einwohnern. Er scheut Auseinandersetzungen mit Behörden nicht, und nun hat er sich vehement auf die Seite der Bürgerinitiative Potsdamer Norden (BI) nahe des Ortsteils geschlagen, die gegen den Bau der riesigen „Raststätte Havelseen” nahe des dörflichen Stadtteils Uetz-Paaren kämpft.
Dafür, so die Planung, sollen die beiden bestehenden Rasthöfe Wolfslake Ost und West an der A 10 abgerissen werden. Oehme schaltet sich ein, weil die Rastanlagen auf dem Territorium seiner Gemeinde liegen – und er das Großprojekt für völlig unsinnig hält. Der orts- und sachkundige Verwaltungschef gehörte am Samstag zu den 29 Teilnehmern eines Zoom-Meetings, einer digitalen Videokonferenz, zu dem die BI eingeladen hatte.
Neue Raststätte soll auf hochwertiger Ackerfläche entstehen
Zwei Stunden diskutierte eine illustre Gruppe von Unterstützern der BI, Kommunalpolitikern und führenden Repräsentanten der Naturschutzverbände Nabu und BUND darüber, wie die neue Raststätte, die auf mindestens 27 Hektar hochwertiger Ackerfläche entstehen soll, verhindert werden kann – obwohl das Planfeststellungsverfahren begonnen wurde und die Phase eingeläutet ist, in der Bürger bis zum 24. April Einwendungen erheben können.
Die Landesplaner, die sich für den Neubau im Potsdamer Norden und gegen die Erweiterung der Raststätten Wolfslake ausgesprochen hatten, hielten die bestehenden Tank- und Raststätten für ungeeignet, modernisiert und erweitert zu werden. Eines ihrer Hauptargumente: Die Abwasserentsorgung sei nicht lösbar.
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Oehme zerpflückte das in der Videoschalte mit großer Freude. Das Abwasser könne in Wolfslake-Ost an die Druckentwässerung zwischen Paaren und Perwenitz angeschlossen werden, kein Problem. Das koste Geld, aber die Alternative an der geplanten neuen Raststätte sei teurer, weil die Versorgungsstrecken länger seien. Oehmes Fundamentalkritik: Der Standort Wolfslake sei nie geprüft worden: „Niemand hat angefragt.” Der Eingriff in die Natur sei „ein geringerer als im Potsdamer Norden”.
„Ich bin davon überzeugt, dass Havelseen noch zu stoppen ist. Wenn das Land seine Gesetze befolgt, gibt es keine andere Chance, als das Projekt zu beerdigen”, sagte er den PNN nach dem Meeting. Der Boden sei ein Schutzgut, laut dem Landesentwicklungsplan für die Hauptstadtregion müsse man nach Alternativen suchen, bevor man Boden neu versiegele.
Sinneswandel der Potsdamer Politik
Silke Beckedorf, mit Susanna Krüger Sprecherin der BI, malte ein düsteres Bild der Zukunft im Potsdamer Norden. Werde der geplante Rasthof realisiert, „ist das erst der Anfang, und es wird weitergehen mit der Industrieansiedlung dort”. Axel Heinzel-Berndt, Naturschutzreferent des BUND, wies auf „Formfehler” hin, die die Planer bereits begangen hätten: Die Naturschutzverbände seien „nicht ausreichend einbezogen worden”.
Zufrieden war die BI mit dem Sinneswandel der Potsdamer Politik. Am vergangenen Donnerstag hatten die Stadtverordneten wie berichtet auf Antrag von Grünen, Linke und SPD beschlossen, Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) solle sich gegenüber dem Land und der zuständigen Autobahn GmbH gegen die Raststätte „Havelseen” stark machen. Ein Sinneswandel: Im August 2020 war bekannt geworden, dass die Stadt dem Vorhaben ursprünglich zustimmen wollte.