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Bei Oberlin in Potsdam herrscht Unruhe.
© S. Gabsch

Gremium stützt Arbeit der Vorstände: Oberlinhaus: Aufsichtsrat räumt Fehler ein

Der Vorstand hatte eisern zu den Finanzen des Oberlinhauses geschwiegen und Mitarbeiter damit verunsichert. Jetzt räumt der Aufsichtsrat „Fehler und Versäumnisse“ ein.

Potsdam/Babelsberg - Angesichts der durch Umstrukturierungen ausgelösten massiven Verunsicherung in der Belegschaft des traditionsreichen Oberlinhauses hat der Aufsichtsrat des Unternehmens Fehler eingeräumt und Konsequenzen angekündigt. Bei der Neuausrichtung der seit 1871 bestehenden Einrichtung habe es „Fehler und Versäumnisse“ gegeben, sagte Aufsichtsratschef Martin Vogel am Sonntag den PNN. Entstandene Defizite seien in der Aufsichtsratssitzung am Samstag mit dem Vorstand „kritisch ausgewertet“ worden, nun wolle man „verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen“. Eine Ablösung der in der Kritik stehenden Vorstände Matthias Fichtmüller und Andreas Koch habe indes nicht zur Debatte gestanden. Vorstand und Aufsichtsrat würden weiterhin „vertrauensvoll zum Wohle des Oberlinhauses zusammenarbeiten“, so Vogel.

Der Aufsichtsrat reagiert damit auf die offenbar massive Unzufriedenheit in der 1800-köpfigen Belegschaft des Oberlinhauses, dem drittgrößten Arbeitgeber der Stadt, die die PNN in Zusammenarbeit mit dem Recherchezentrum Correctiv am Wochenende öffentlich gemacht hatten. Die Mitarbeiter werden wie berichtet von der Konzernleitung über die finanzielle Lage des Sozialkonzerns im Unklaren gelassen, obwohl ein interner Finanzbericht für den diakonischen Dachverein für 2016 rote Zahlen im niedrigen siebenstelligen Bereich ausweist. Die finanzielle Lage des Mutter-Vereins ist nicht zu verwechseln mit der Bilanz für den Gesamtkonzern: Der Konzern Oberlinhaus hat im Jahr 2016 ein positives Jahresergebnis im niedrigen siebenstelligen Bereich erwirtschaftet.Nachfragen der Belegschaft hatte der Vorstand nicht beantwortet. Unklar ist bislang, ob die Umstrukturierungen im Verein mit der finanziellen Schieflage zu tun haben. Koch und Fichtmüller hatten sich wie berichtet im Sommer zu Ko-Geschäftsführern in allen 13 Tochterunternehmen des Konzerns ernannt.

Oberlinhaus in Potsdam: „Diverse Verabredungen“ getroffen, um Fehler und Versäumnisse zu beheben

Weil er nach Vorstandsangaben diese Umstrukturierungen nicht mittragen konnte, wurde im August zudem der langjährige Chef der Oberlinklinik, Michael Hücker, auf außerordentlichen Beschluss mit sofortiger Wirkung und bei Verzicht auf sämtliche Fristen abberufen  – was in der Mitarbeiterschaft für viel Kritik sorgte. Erst Wochen später erklärte der Vorstand den Mitarbeitern, dass „im besten Einvernehmen ein Aufhebungsvertrag geschlossen worden“ sei. Hücker „konnte die strukturellen Veränderungen im Oberlinhaus nicht mittragen“, teilte der Konzern auf Anfrage mit.

Der Vorstand hatte diese Maßnahmen Ende vergangener Woche in einem Pressegespräch mit einem Wachstumskurs des Unternehmens begründet: Der „hohe Wettbewerbsdruck“ zwinge zu einer neuen Führungsstruktur. Dieser Umbau hat allerdings Kosten verursacht: Der Dachverein erbringt nun Managementleistungen für die Tochterfirmen, dazu sind „mehrere Referate auf Konzernebene“ geschaffen worden. Allein ein kommissarischer Vorstandsreferent soll binnen eines Jahres Honorare in Höhe von etwa 150 000 Euro bekommen haben. Den PNN liegt eine Belegübersicht über die Zahlungen vor. Damit konfrontiert, erklärte ein Konzernsprecher: Das Oberlinhaus bleibe bei seiner Darstellung, dass die Summe nicht zutreffe.

Der Aufsichtsrat will nun gegensteuern: Mit dem Vorstand seien „diverse Verabredungen“ getroffen worden, um die Fehler und Versäumnisse zu beheben, erklärte Vogel. Welche Fehler und Versäumnisse konkret gemeint sind, ließ der Aufsichtsratschef offen. Einen Zusammenhang des Rücktritts von Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) aus dem Aufsichtsrat mit den Turbulenzen schloss Vogel aus. Der Schritt habe „persönliche Gründe“. Platzeck habe ihn am 15. Oktober über die Mandatsniederlegung informiert, so Vogel. Die Recherchen von Correctiv liefen zu diesem Zeitpunkt bereits.

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Hinweis: Wir haben die frühere Fassung des Beitrags am 27. Oktober geändert. Das betrifft die Passagen zu den Finanzen des Vereins, zum Mandatsverzicht von Matthias Platzeck, zum Honorar des Vorstandsreferenten und zur Abberufung des Klinikleiters.

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