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Turbine Potsdam: Nur ein klein bisschen Euphorie

Nach dem 3:0-Auftaktsieg in Hoffenheim gewinnt Turbine Potsdam auch das erste Heimspiel der Saison mit 3:0 - und das gegen den langjährigen Rivalen 1. FFC Frankfurt. Der Start in die neue Spielzeit ist somit gut gelungen, darf jedoch nicht überbewertet werden.

Der Anblick war ein sehr ungewohnter. Bei der Pressekonferenz nach der Frauenfußball-Bundesligapartie zwischen Turbine Potsdam und dem 1. FFC Frankfurt nahm aus Sicht der Medienvertreter ganz links außen, direkt am Fenster – wo so lange stets Bernd Schröder gesessen und seine Spielanalyse zum Besten gegeben hatte – erstmals der Neue Platz. Vor ihm stand ein Schild mit der Aufschrift: Matthias Rudolph – 1. FFC Turbine Potsdam – Cheftrainer.

Kurz, aber präzise fielen dessen Premieren-Statements im „Karli“-Presseraum aus. Er trug sie in ruhigem, charmanten Tonfall vor, vielfach mit einem sanften Lächeln im Gesicht, auf dem sich während des Spiels auch oft ein breites Grinsen abgezeichnet hatte. Denn die Leistung der Rudolph-Elf war stark, der Rivale vom Main wurde mit 3:0 (1:0) bezwungen – es war der höchste Turbine-Erfolg gegen Frankfurt seit 2009. Nach dem 3:0 in der Vorwoche gegen Hoffenheim nun also gleich wieder ein klarer Sieg, durch den Potsdam für den Moment die Tabellenführung übernommen hat. Der Saisonstart ist gelungen, doch der neue Cheftrainer beschwichtigte sogleich: „Es gibt keinen Grund, in totale Euphorie zu verfallen.“

Arbeit der Vorbereitung zeigt bereits positive Wirkung

Aber ein klein bisschen Euphorie darf vielleicht schon herrschen. Nicht etwa in Hinblick auf das Klassement, das nach einem Elftel der Saison nun wahrlich keine Aussagekraft hat. Vielmehr ist es eine andere Tatsache, die Mut macht: Im taktischen Bereich zeigt die Arbeit der Vorbereitung bereits positive Wirkung, worauf sich nun weiter aufbauen lässt. Was im Duell mit Frankfurt zu erkennen war: Die einzelnen Mannschaftsteile agierten ordentlich aufeinander abgestimmt, dem Gegner wurde durch aggressives Verteidigen wenig Platz zur Entfaltung geboten, die vorwiegend auf kurze Pässe ausgelegten Angriffszüge waren strukturiert, wurden zielstrebig vorgetragen und führten so zu zahlreichen Tormöglichkeiten. Drei davon wurden verwertet. Laura Lindner, die die wegen muskulärer Probleme ausgefallene Felicitas Rauch ersetzte, traf schon in der 3. Minute zur Führung – die Olympiasiegerinnen Tabea Kemme und Svenja Huth, die erneut als Doppelsturmspitze zu gefallen wussten, legten mit ihren Treffern zum 2:0 (78.) und 3:0 (79.) nach.

In der ersten Halbzeit habe er das Spiel noch als recht ausgeglichen empfunden, meinte Coach Rudolph später vor den Journalisten: „Da hatten wir zwar die hochkarätigeren Chancen, aber Frankfurt war auch ein paar Mal gefährlich vor unserem Tor. Nach der Pause haben sich dann für uns die Räume vergrößert.“ Und das nutzte Turbine aus. „Wir haben Frankfurt zum Ende an die Wand gespielt“, urteilte Neuverpflichtung Eseosa Aigbogun, die als Außenbahnakteurin zusammen mit Lindner, Kemme und Huth Potsdams kombinations- und lauffreudige Offensivabteilung bildete. Dass Turbine wie schon in der vergangenen Woche gegen Hoffenheim mit zunehmender Spielzeit immer dominanter auftrat, hat auch viel mit der Vorbereitung auf die Saison zu tun. Dort wurde schließlich erst im zweiten Teil an taktischen Finessen gefeilt. Zuvor wurde im Ausdauerbereich gearbeitet. „Das war hart, aber lohnend“, sagte Abwehrchefin Johanna Elsig, „wir sind konditionell auf einem richtig guten Stand.“

Viel Bewegung und Kommunikation am Spielfeldrand

Das dürfte auch Matthias Rudolph sein. Für seine Art des Coachings braucht es nämlich einen gewissen Fitnessgrad. Nahezu über die komplette Dauer der Partie stand der ehemalige Linksverteidiger des SV Babelsberg 03, lief an der Seitenlinie hin und her, machte Bewegungen wie einen Schuss oder Kopfball simultan zum Spielgeschehen als Trockenübung mit, rief seinen Kickerinnen laute Kommandos zu. Und er lobte sie. Viel. Oft waren die Adressaten solch positiver Verstärkungen Eseosa Aigbogun und Sarah Zadrazil. Diese beiden Neuzugänge haben auf Anhieb den Sprung in die Startformation geschafft und demonstrierten am Samstag den 1830 Zuschauern, warum das so ist. Aigbogun – eine 23 Jahre alte Schweizerin – ist sehr wendig und agil, metert unentwegt auf dem Rasen und geht resolut in die Zweikämpfe. Die Österreicherin Zadrazil – ebenfalls 23 – zeigt als defensive Mittelfeldspielerin gute Übersicht, Robustheit sowie eine Menge Ruhe und Sicherheit am Ball.

Am Ball zu bleiben, ist derweil die Aufgabe für die gesamte Potsdamer Mannschaft. „Wir müssen die Konzentration weiter genauso hoch halten“, forderte Johanna Elsig: „Wir wollen uns stetig weiterentwickeln, da darf man nicht nachlassen.“ Zumal die zwei Siege zum Beginn, so souverän sie auch gewesen sein mögen, nicht blenden dürfen. Schließlich waren es noch nicht die ganz großen Herausforderungen, die Turbine zu bewältigen hatte. Während Hoffenheim ohnehin nicht zu den Top-Teams der Liga zählt, ist auch Frankfurt aktuell kein Schwergewicht. Der frühere Serienmeister hat einen großen personellen Umbruch hinter sich, verlor im Sommer unter anderem die Spitzenkräfte Dzsenifer Maroszan und Simone Laudehr. Obendrein fielen nun für das Match an der Havel auch noch mit Mandy Islacker sowie Laura Störzel zwei wichtige Stützen im Team krankheitsbedingt aus.

Gratulation für "fantastischen Sieg und exzellenten Saisonstart"

Das dürfe zwar keine Ausrede sein, aber letztlich fehlte so die nötige Qualität, um Turbine richtig Paroli bieten zu können, sagte Frankfurts Trainer Matt Ross und richtete bei der Pressekonferenz seine Gratulation für „einen fantastischen Sieg und einen exzellenten Saisonstart“ hinüber zu dem Neuen auf dem Platz links außen, direkt am Fenster. Für den beglückwünschten Matthias Rudolph werden die Begriffe „fantastisch“ und „exzellent“ wohl etwas zu viel des Guten gewesen sein. Irgendwie zu euphorisch.

Turbine: Schmitz – Schmidt, Wesely, Elsig, Meister – Zadrazil, Kellond-Knight (87. Draws) – Aigbogun, Lindner (83. Gasper) – Huth, Kemme (81. Prasnikar)

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