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Zusammenfassung: So lief die Bombenentschärfung: Noch drei Tonnen Munition in der Erde

Von der Bombenentschärfung am Dienstag waren Tausende betroffen. Die Aktion verlief reibungslos. Zumindest weitgehend.

Potsdam - Um 11.25 Uhr war es geschafft: Sprengmeister Mike Schwitzke hatte die 250 Kilogramm schwere britische Fliegerbombe im Nuthepark entschärft – in Rekordzeit. Keine ganze Stunde nach Räumung des Sperrkreises am gestrigen Dienstag hatte der Experte des Kampfmittelbeseitigungsdienstes des Landes Brandenburg erst den Zünder entfernt, dann den Detonator und die Bombenspitze. Bei der letzten Fliegerbombe, die im November in Potsdam entdeckt wurde, hatte die Entschärfung noch rund zwei Stunden gedauert.

Diesmal waren die Voraussetzungen besser: „Die Bombe hat so tief unter der Erde gelegen, dass sie gut konserviert gewesen ist“, sagte Schwitzke nach der Entschärfung. Das habe es leichter gemacht, den Sprengkörper, der in rund drei Metern Tiefe mit Schlamm bedeckt war, zu entschärfen. Schwitzke wirkte – wie immer – entspannt. Dabei hatte es am frühen Morgen noch so ausgesehen, als könnte es eine schwierigere Prozedur werden. Denn die Bombe musste erst mal trockengelegt werden, weil sich Grundwasser über ihr gesammelt hatte. Schwitzke musste mit Gummistiefeln und Regenhose ran. Direkt nach der Sprengung des Detonators telefonierte Schwitzke mit seiner Frau – das macht er immer so –, danach informierte er die Einsatzleitung in der Hauptfeuerwache in der Holzmarktstraße.

Keine großen Zwischenfälle - nur ein "intensives" Gespräch mit der Polizei

Ungewöhnlich schnell war zuvor auch die Evakuierung gelaufen: In nur gut drei Stunden stand der Sperrkreis im Radius von 800 Metern um den Fundort der Bombe. Rund 10 000 Potsdamer mussten dafür ihre Häuser verlassen, darunter auch die Bewohner dreier Pflegeheime. Bis 7.30 Uhr sollten alle ihre Wohnungen verlassen haben, danach zogen sechs Evakuierungstrupps durch den Sperrkreis und holten die Nachzügler aus ihren Wohnungen. Auch eine Drohne der Polizei war im Einsatz, um die Nuthe zu überprüfen und sicherzustellen, dass die Wasserstraßen frei sind. Die Stadt hatte im Vorfeld mit Bußgeldern in Höhe von bis zu 5000 Euro gedroht, wenn Störer den Kreis durchbrechen würden – auch als Konsequenz aus der Entschärfung im November. Damals hatten fünf Menschen Bußgeldbescheide erhalten, weil sie sich unrechtmäßig im Sperrkreis aufhielten oder die Sperren durchbrachen. Sie wurden mit einem Bußgeld in Höhe von mehreren Hundert Euro geahndet.

Diesmal gab es keine Zwischenfälle, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow den PNN. Lediglich am Alten Markt habe eine junge Frau erst nach „intensiver Ansprache“ der Polizei ihre Wohnung verlassen. Geld bezahlen muss sie allerdings nicht. Das Bußgeld sei Ermessenssache, man habe aber bewusst im Vorfeld der Entschärfung die maximale Höhe genannt, so Brunzlow. Denn wer sich unbefugt im Sperrkreis aufhalte, verursache eine Verzögerung der Entschärfung. Das habe nicht nur Auswirkungen auf die Arbeit von Mike Schwitzke und den insgesamt 635 Einsatzkräften, betonte der Stadtsprecher. Vielmehr treffe es insbesondere diejenigen hart, die ohnehin schon unter Stress stünden: Nämlich die rund 400 Menschen, die ohne Hilfe den Sperrkreis nicht verlassen konnten und die überwiegend in den drei geräumten Pflegeheimen leben.

In Potsdam liegen noch mehr Bomben unter der Erde

Die hilfsbedürftigen älteren Bürger wurden mit Rettungswagen zu den drei Notquartieren im Jugendkulturzentrum Freiland, dem Treffpunkt Freizeit und dem Bürgerhaus am Schlaatz gebracht. Auch für andere betroffene Anwohner standen die Räume offen. Sowohl im Freiland als auch im Bürgerhaus war die Stimmung ruhig und routiniert, es gab geschmierte Brote, Obst, Kaffee und Getränke für die Wartenden. Für die meisten Beteiligten war es nicht die erste Bombenentschärfung. Betroffen war auch das Hotel Mercure, wo rund 140 Gäste bereits um 7 Uhr das Haus verlassen sollten. Eine gute halbe Stunde später konnte Hotelchef Daniel Schmidt das Gebäude geräumt dem Ordnungsamt übergeben.

Die am Dienstag entschärfte britische Bombe vom Typ „MC 500“ ist der 188. Sprengkörper, der seit Zählungsbeginn 1990 entdeckt wurde – dabei werden laut Angaben der Stadt alle Sprengkörper mit einem Gewicht von mehr als 100 Kilogramm erfasst. Es ist insgesamt die vierte Bombe, die auf dem Areal hinter dem Neubau der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) gefunden wurde. Für Potsdams Einwohner seien die Bomben, die teils tief im Boden liegen, in der Regel nicht gefährlich, sagte Schwitzke nach der Entschärfung. Er stellte allerdings auch klar, dass sie entfernt werden müssen. „Es kann jederzeit wieder so weit sein, dass eine weitere Bombe gefunden wird.“ Bislang habe man in Potsdam insgesamt rund sechs Tonnen Munition aus dem Boden geholt. Schwitzke rechnet damit, dass noch bis zu drei Tonnen weitere Munition im Erdreich lagern. Dabei bereiten ihm die Blindgänger weniger Kopfschmerzen: Laut Statistiken kommen Unfälle mit Kleinmunition häufiger vor, erklärte er.

Nach der Entschärfung vor Ort war auch Potsdams Sozialdezernent und Oberbürgermeisterkandidat Mike Schubert (SPD), der Schwitzke und den vielen freiwilligen Helfern ein Lob aussprach.

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