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Mit dem Antigen-Schnelltest sollen Infektionen in Kitas entdeckt werden.
© Ottmar Winter PNN

Debatte um Potsdamer Kitas in der Coronakrise: Neustart mit Spucke und Maske

Seit Montag öffnen die Kitas in Potsdam mitten in der Pandemie wieder. Erzieherinnen machen Schnelltests und müssen Masken tragen. Daran gibt es Kritik und mehrere Forderungen.

Potsdam - Auch nach dem Start in den sogenannten eingeschränkten Regelbetrieb in den Potsdamer Kitas ist die Öffnung weiterhin umstritten. Zahlreiche Zuschriften an die PNN zeigten am Montag sowohl Kritik als auch Unklarheit angesichts einer weiter hohen Inzidenz von fast 100 Fällen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen. Rund 130 Kinderbetreuungseinrichtungen in der Landeshauptstadt hatten am Montag unter erhöhten Schutzmaßnahmen wieder über die Notbetreuung hinaus geöffnet. 

Das Rathaus zog am Montag ein erstes positives Fazit. „Bislang wurden dem Potsdamer Gesundheitsamt keine positiven Schnelltest-Ergebnisse übermittelt“, sagte Brigitte Meier, Leiterin des Corona-Stabes und Beigeordnete für Ordnung, Sicherheit, Gesundheit und Soziales. „Durch das Konzept ‚Kita öffnen – aber sicher‘ und die Testungen in den Einrichtungen erhoffen wir uns, Infizierte schnell zu erkennen, Infektionsketten dadurch schnell zu unterbrechen, um somit die Mitarbeitenden und auch die Kinder besser schützen zu können." Die etwa 2500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatten vor Dienstantritt Antigen-Spucktests durchgeführt. Die nächste Testung soll am Donnerstag dieser Woche durchgeführt werden.

Überlastung als Dauerzustand

Allerdings zeigen die Tests des Personals die Infektionen erst an, wenn sie bereits passiert sind. Die Kinder werden indes nicht getestet - und sie sind deutlich mehr. Viele Erzieherinnen sind angesichts dessen besorgt. "Allen wird empfohlen zu Hause zu bleiben und Gruppen zu meiden, aber bei uns ist es egal", sagte eine Potsdamer Erzieherin den PNN. "Wir haben zu funktionieren." Von der Politik fühle sie sich allein gelassen. Schon von der Pandemie sei zu wenig Personal vorhanden gewesen. Seitdem sei die Überlastung zum Dauerzustand geworden. Für eine Betreuung in stabilen Kleingruppen seien mehr Mitarbeiter nötig. "Aber das kostet ja Geld." Eine andere langjährige Erzieherin kritisierte die Öffnung als rücksichtslos gegen über den damit verbundenen Gesundheitsrisiken.

Ganz unabhängig kann das Rathaus allerdings nicht über die Öffnung entscheiden. Die Eindämmungsverordnung des Landes sieht Kitaschließungen erst ab einer Inzidenz von 300 vor. Potsdam war im Land Brandenburg mit den Kitaschließungen zu Jahresbeginn vorgeprescht. Doch inzwischen fehlt dafür die Rechtsgrundlage. Die Entscheidung ist Ländersache, obwohl  Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Wochenende in ihrem Video-Podcast gesagt hatte, „noch sind wir nicht so weit, Kitas und Schulen wieder öffnen zu können“.

Zunächst keine positiven Testergebnisse

Beim größten Potsdamer Kita-Träger, der Arbeiterwohlfahrt (Awo), ist man zunächst froh über die Testergebnisse. Mit der Testung sei eine ihrer Forderungen umgesetzt worden, sagte die Geschäftsführerin der Kinder- und Jugendhilfe Potsdam Sabine Frenkler den PNN. Von rund 500 Mitarbeitern in den 20 Awo-Kitas sei nicht ein Schnelltest positiv ausgefallen. Die Schnelltests seien auch ohne medizinische Kenntnisse anwendbar. Die Auslastung in den Kitas sei unterschiedlich, beschrieb Frenkler die Situation. Im Durchschnitt seien am Montag doppelt so viele Kinder in die Kitas gekommen wie in der Notbetreuung, aber deutlich weniger als normal. 

In den elf Potsdamer Kitas der Fröbel-Gruppe seien am Montag 551 Kinder betreut worden, hieß es auf PNN-Anfrage. Das entspreche einer Auslastung von etwa 30 Prozent. "Die Schnelltests standen in ausreichender Menge zur Verfügung und wir haben heute 176 Erzieherinnen getestet", sagte Sprecher Mario Weis. Ein positiver Test sei nicht darunter gewesen. Man begrüße die Bemühungen der Stadt, Erzieherinnen und Erzieher zu schützen. 

Maskenpflicht sorgt für Probleme

Kritischer steht man bei Fröbel allerdings der ebenfalls verfügten Maskenpflicht für die Erzieherinnen gegenüber. "Sie erschweren zum Beispiel die Sprachbildung oder inklusives Arbeiten", so Weis. "Wir würden uns wünschen, dass man darüber nachdenkt, ob die Masken in naher Zukunft im Außenbereich abgenommen werden können." Ein Erzieher schrieb den PNN: "Kinder im Alter ab 3 Jahren sind nun ganztägig von Erwachsenen umgeben, die keine für sie erkennbare Mimik mehr haben. Das ist in meinen Augen keinem Kindergartenkind zumutbar."

Problematisch ist die Maskenpflicht noch aus einem anderen Grund: Wer bei der Arbeit eine Maske tragen muss, muss häufiger Pausen machen. Angesichts der Personalknappheit sei das eine Illusion, sagte eine Erzieherin den PNN. Sie fürchte, dass angesichts der Belastung mehr Kollegen krank werden oder ganz den Beruf wechseln.

Wie berichtet hatte das Rathaus über das Klinikum "Ernst von Bergmann" insgesamt 20.000 Antigen-Spucktests bestellt. Laut Allgemeinverfügung sind die etwa 2500 Mitarbeitenden in den Potsdamer Kindertageseinrichtungen verpflichtet, zwei Mal in der Woche, montags und donnerstags, vor Dienstantritt einen Test durchzuführen. Der Spucktest erfolgt ohne körperlichen Eingriff und liefert ein Ergebnis innerhalb von 10 bis 15 Minuten. "Der Test verfügt den Angaben zufolge über eine hohe Sensitivität und Spezifität", hieß es. Das heißt er zeigt selten falsche Ergebnisse. 

Keine Priorität bei Impfungen

Einen besseren Schutz für die Erzieher bei geöffneten Kitas könnte eine Impfung bieten. Laut Daten mehrerer Krankenkassen gehören Erzieherinnen zu den Berufsgruppen mit den meisten Corona-Erkrankungen. Doch in der Impfstrategie hat pädagogisches Personal keine Priorität. Ein Fehler, findet man bei der Fröbel-Gruppe: "Wir glauben, dass ein schnelles Impfangebot für unsere Erzieherinnen und Erzieher die beste Möglichkeit ist, um Kita-Fachkräfte zu schützen und den Ansprüchen der Kinder gerecht zu werden." Auch die Awo fordert Priorität für Erzieher bei der Impfung.

Unterstützung bekommt die Forderung auch von Elternvertretern. Schon im Rahmen der Notbetreuung hätten viele Erzieher und Lehrer mehr direkte Kontakte als andere Berufsgruppen - spätestens mit Öffnung der Schulen müssten sie daher ein Angebot zur Schutzimpfung erhalten, forderten der Landeselternrat und der Landeskitaelternbeirat Brandenburg in einer gemeinsamen Mitteilung. Die Pädagogen sollten in die Gruppe mit hoher Impfpriorität aufrücken, so das Anliegen. Dazu zählen bislang etwa Polizei- und Ordnungskräfte mit einem hohen Infektionsrisiko. 

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