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Bis zum Mauerfall patroullierten am Seeufer die DDR-Grenztruppen. Später wünschten sich viele einen freien Zugang zum Ufer.
© Lutz Hannemann

Groß Glienicke: Neue Enteignungen gegen Uferweg-Anrainer verfügt

Seit zehn Jahren ist der Uferweg in Groß Glienicke gesperrt. Nun hat das Land die Enteignung von zwei weiteren Anrainern verfügt. Weitere Entscheidungen stehen an.

Potsdam - Zäune und mannshohe Hecken säumen den Weg. Dann endet er einfach im Gestrüpp. Der Uferweg am Groß Glienicker See ist an mehreren Stellen gesperrt. Zehn Jahre ist es nun her, dass der erste Seeanrainer den Weg am Ufer über sein Grundstück dichtgemacht hat. Seither beschäftigt der Streit jede Menge Verwaltungsmitarbeiter und Juristen. Statt Naturerlebnis und Badefreude bleiben vielen Anwohnern nur Umwege und rechtliche Auseinandersetzungen. 19 Seeanrainer haben noch immer ihre Grundstücke gesperrt.

Doch langsam bewegt sich etwas. Wie das zuständige brandenburgische Innenministerium auf PNN-Anfrage mitteilte, sind kürzlich in zwei weiteren Fällen Entscheidungen zur Enteignung getroffen worden. „Weitere Entscheidungen sind in Vorbereitung“, so Sprecher Andreas Carl. Die erste Entscheidung hatte die Behörde im Dezember 2017 getroffen. Auf Antrag der Stadt wurde entschieden, dass eine Anrainerin den Bau eines drei Meter breiten Uferwegs über ihr Grundstück erlauben muss – so wie es auch im Bebauungsplan vorgesehen ist. Außerdem muss das öffentliche Wegerecht auch als Dienstbarkeit ins Grundbuch eingetragen werden.

Doch mit der Enteignungsentscheidung ist die Sache noch nicht ausgestanden: Jeder Eigentümer kann dagegen klagen. Die auf Enteignungsrecht spezialisierte Kammer am Landgericht Neuruppin hatte wie berichtet im Oktober dem Land recht gegeben. Über die Höhe der Entschädigung hatte das Gericht ohnehin noch nicht befunden. Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt. Einen Termin beim Oberlandesgericht gibt es nach Angaben des Innenministeriums bislang nicht.

Initiative forder mehr Entschlusskraft

Auch wenn sich die juristische Hängepartie schon lange hinzieht, emotionalisiert der Streit vor Ort noch viele Anwohner. Am Donnerstag kamen rund 70 zu einer von der Bürgerinitiative Groß Glienicker See veranstalteten Protestversammlung an der Badestelle zusammen. „Wir wollen weiter Druck machen“, sagte Andreas Menzel von der Bürgerinitiative den PNN. Das Jubiläum sei kein Anlass zu Feiern. „Die Mühlen mahlen langsam.“ Aber jede einzelne Entscheidung pro Uferweg sei ein Schritt nach vorn.

Mit dem Begriff Enteignung mag sich Menzel nicht so recht anfreunden. „Den Leuten wird ja nichts weggenommen“, sagte er. Es werde lediglich ein Weg für die Öffentlichkeit im Grundbuch gesichert, den es schon lange gegeben habe. Er wünsche sich mehr Entschlusskraft von der zuständigen Enteignungsbehörde beim Innenministerium. Anders als zunächst angekündigt hatte nämlich die Enteignungsbehörde im Jahr 2018 keine einzige Entscheidung getroffen. Die Verfahren seien sehr komplex hatte es auf Nachfrage dazu geheißen. „Ich bin jetzt 61 Jahre alt“, sagte Menzel, „ich hoffe, dass ich den öffentlichen Uferweg noch erlebe.“

Gütliche Einigungen werden begrüßt

Die Stadt Potsdam hält an der Durchsetzung des freien Uferwegs am Groß Glienicker Seeufer fest. So heißt es auch auf Nachfrage noch einmal aus dem Rathaus. Man würde gütliche Einigungen begrüßen, so Stadtsprecherin Christine Homann. „Diese sind allerdings mangels ernsthafter Bereitschaft der Eigentümer nicht möglich.“ Deshalb setzt die Stadt seit einigen Jahren auf die Enteignung. In allen Fällen, in denen Potsdam weder Eigentum noch sonstige eigentumsähnlichen Rechte am Uferweg habe oder keine gütlichen Möglichkeiten des Erwerbs bestehen, seien die Enteignungsverfahren anhängig.

Richtig zufrieden ist die Bürgerinitiative aber auch mit dem Rathaus nicht. Menzel, seit der Kommunalwahl im Mai wieder Stadtverordneter für die Freien Wähler, geht es nicht nur um den Uferweg selbst, sondern auch um die restliche Uferzone. Diese ist unabhängig von den Eigentumsverhältnissen nämlich Teil des Landschaftsschutzgebiets Königswald mit Havelseen. Er argumentiert, das Ufer in Groß Glienicke sei Teil der freien Landschaft, die jedermann betreten dürfe. Zäune, Sitzecken und Pflanzungen seien untersagt. Das habe auch ein Rundgang mit der Oberen Naturschutzbehörde ergeben. Wie die Stadt darauf regiert, blieb am Freitag offen.

Kritik an neuen Baumaßnahmen

Für neuen Ärger zwischen Stadt und Seeanrainern könnte unterdessen eine aktuelle Baumaßnahme im Bereich des gesperrten Uferweges sorgen: Dort sind am Hang große Erdaufschüttungen zu sehen. Offenbar wird eine mehrstufige Terrassenlandschaft errichtet. Mehrere Bäume sind zugeschüttet. Anwohner berichten von Baumfällungen. Im Rathaus sind die Bauarbeiten bekannt. Ob sie genehmigt sind, blieb am Freitag offen. Da es sich um ein laufendes Verfahren handele, seien keine weiteren Aussagen möglich, hieß es. Das Grundstück sei ohnehin nicht zugänglich, weil Anrainer nördlich und südlich den Uferweg gesperrt haben.

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