Seifenoper zum Mitsingen: Musical von Potsdamer Schülern feiert Premiere
Aus dem Kindertheater herausgewachsen: 24 Schüler und Studenten haben im Potsdamer Treffpunkt Freizeit ein Musical erarbeitet.
Potsdam - Es liegt an Meryl Streep, dass Jakob Leschke heute auf der Bühne steht. Denn im Grunde ist es dem Film „Mamma Mia!“ zu verdanken, dass der junge Mann zum Casting für ein Stück in den Treffpunkt Freizeit gekommen ist. „Ich mochte den Film sehr und wollte dann selbst wissen, wie es ist, wenn man so richtig in ein Stück eintaucht und wie man sich auf der Bühne bewegt.“ Knapp drei Jahre und viele Projekte später hat der 20-Jährige eine der Hauptrollen beim Musical „Große Dramen, kleine Dramen“, dem ersten Stück der neugegründeten Gruppe Musical Minds. Premiere ist am Donnerstag, dem 23. Januar, im Treffpunkt Freizeit.
Wie sehr Leschke, der hauptberuflich als Einzelfallhelfer arbeitet, sich in seine Rolle hineinwirft, zeigt er während der Proben: Mit offenen Haaren, ausladenden Gesten und einem breiten rheinischen Akzent spielt er den Bandmanager Schorsch, und genießt es sichtlich, das Publikum zum Schmunzeln zu bringen. „Die Rolle des Schorsch ist so weit weg von meiner eigenen Persönlichkeit, dass ich mich hier so richtig ausleben kann“, sagt Leschke. Das Stück „Große Dramen, kleine Dramen“ handelt von der frisch gecasteten Boygroup „Bouncin’ Bro’s“, die auf dem Weg zu Ruhm und Reichtum sind. Die Jugendlichen, die das Stück entwickelt haben, greifen dabei viele Themen auf: Erwachsen werden, Liebeskummer, Homosexualität, Klimawandel und Probleme von Alleinerziehenden sind in das Stück verwoben, das sich in Form einer musikalischen Daily Soap präsentiert.
Musicaldarstellerin leitet die Gruppe
Angeleitet wird die Gruppe von Tamina Ciskowski. Die 32-Jährige ist ausgebildete Musicaldarstellerin und war schon für Musicalproduktionen für Kinder und Erwachsene in ganz Deutschland auf der Bühne und in der Regie aktiv. Nachdem sie vor eineinhalb Jahren Mutter wurde, hat sie schließlich in Potsdam ihr Zuhause gefunden. Viele der Jugendlichen kannte Ciskowski bereits durch frühere Projekte des Kindertheaters am Treffpunkt Freizeit. „Irgendwann waren viele der Kids aus den laufenden Projektgruppen herausgewachsen“, so Ciskowski.
Vor einem knappen Dreivierteljahr holte sie bühnenbegeisterte Jugendliche zwischen 13 und 21 Jahre für das Projekt Musical Minds zusammen. Mittlerweile umfasst die Gruppe 24 Mitglieder. Die Jugendlichen entwickelten zusammen mit ihr, der Choreographin Maria Wähnke und dem musikalischen Leiter Peter Eichstädt das Stück innerhalb von weniger als einem halben Jahr. „Das war eine echte Express-Produktion“, sagt Ciskowski. Die Dialoge und die Musik waren im vergangenen Oktober fertig, seitdem wurde an den Wochenenden kräftig geprobt und die Figuren weiterentwickelt. Begleitet werden sie dabei von der Potsdamer Schülerband Kellerkinder.
Immer nah an den Wünschen der Jugendlichen
Ciskowski und ihre Kollegen sind dabei immer ganz nah an den Wünschen der Jugendlichen: „Manche wollen ihr Lieblingsinstrument in die Rolle integrieren, andere möchten ein Solostück singen“, sagt sie. Das Stück zu erschaffen schweiße so richtig zusammen und fördere den Teamgeist. Dabei sind die Musical Minds gegenüber Neulingen sehr aufgeschlossen, betont Ciskowski: „Man darf sich bei uns gern ausprobieren. Oft können wir aus den Darstellern mehr herauskitzeln, als sie sich selbst zugetraut hätten.“ Ciskowski beobachtet genau, wem was zuzutrauen ist, und schneidert den Mitwirkenden die Rollen passgenau zu.
Vieles läuft unterbewusst ab
Die 21-jährige Anne Klaus geht vor der nächsten Szene noch einmal ihren Text durch. Sie steht seit ihrem dritten Lebensjahr bei Theaterprojekten auf der Bühne, mittlerweile hat sie auch ihre beiden kleineren Geschwister in die Gruppe mitgebracht. Bei „Große Dramen, kleine Dramen“ spielt sie eine alleinerziehende Mutter, die ihre Situation in einem melancholischen Solo besingt. Eine neue Herausforderung für die Studentin: „Die Leute denken immer, dass es das Schwierigste ist, sich die vielen Tanzschritte oder den Text für seine Szene zu merken.“ Das aber lerne man meistens eher unbewusst, wenn die Szene immer wieder zusammen durchgespielt wird, sagt sie. „Aber ein eigenes Stück, ganz ohne Begleitung oder Chor im Hintergrund, das ist der nächste Schwierigkeitsgrad. Da muss man sich trauen, noch einmal ganz anders aus sich herauszugehen.“
Auch die 20-jährige Alison Winter, die Journalismus in Berlin studiert, kennt die meisten Mitglieder schon lange. Sie ist ebenfalls von Kindheitstagen an im Treffpunkt Freizeit dabei und schätzt besonders die Nähe und das Vertrauen, das die Jugendlichen unterschiedlichen Alters während der Proben für ein neues Stück aufbauen. „Normalerweise hat man in unserem Alter nicht mehr viel mit Dreizehn- oder Vierzehnjährigen zu tun, das sind völlig unterschiedliche Welten. Aber hier ist das ganz egal.“
„Große Dramen, kleine Dramen“ läuft vom 23. bis zum 27. Januar im Treffpunkt Freizeit, Am Neuen Garten 64, Karten kosten zwischen 5 Euro im Vorverkauf für Kinder und 12 Euro an der Abendkasse für Erwachsene.
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